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Deutscher Apothekertag 2022
Übers Ziel hinausgeschossen?
Ein Kommentar
Wie soll, wie darf, wie muss der Botendienst von Apotheken rechtlich ausgestaltet sein? In einem von der Hauptversammlung mehrheitlich angenommenen Antrag des Apothekerverbands Westfalen-Lippe wird der Verordnungsgeber aufgefordert, in § 17 der Apothekenbetriebsordnung den Begriff „Bote der Apotheke“ durch den Begriff „Personal“ zu ersetzen. Was zunächst als juristische Petitesse erscheinen mag, könnte in der Apothekenpraxis weitreichende (und auch gewollte) Konsequenzen haben – sofern man den Begriff „Personal“ (für den es keine gesetzliche Begriffsbestimmung gibt) so definiert wie die Antragsteller. Danach muss der Bote nämlich zwingend in einem weisungsgebundenen Anstellungsverhältnis zur Apotheke stehen. Mit dem Petitum der Hauptversammlung soll verhindert werden, dass immer mehr apothekenfremde und ausschließlich renditeorientierte Lieferdienste in den Markt drängen und dadurch der „Markenkern“ der öffentlichen Apotheke als qualitätsgesicherte Einrichtung geschwächt wird. So schlüssig diese Positionierung auf den ersten Blick ist, so ist doch zu bedenken, dass es dadurch auch Vor-Ort-Apotheken verwehrt wäre, zur Zustellung von Arzneimitteln auf Personen zurückzugreifen, die im Rahmen eines konkreten Auftragsverhältnisses zwar weisungsgebunden sind, jedoch nicht als Arbeitnehmer in einem – mit allen sozial- und arbeitsrechtlichen Folgen verbundenen – Anstellungsverhältnis stehen. In der Antragsbegründung des Apothekerverbands heißt es dann auch, dass „die geforderte Änderung des § 17 Abs. 2 ApBetrO in der Regel zu einer Erhöhung der Betriebsausgaben/Lohnkosten führen wird“.
So gesehen könnte die Hauptversammlung – in bester Absicht – über das Ziel hinausgeschossen haben, zumal sich die geforderte Modifizierung der Botendienstvorgaben auch als stumpfes Schwert erweisen könnte: für Apotheken mit einer Versandhandelserlaubnis, die sich bei der Versendung ihrer Arzneimittel naturgemäß externer Dienstleister bedienen, käme die Änderung nämlich nicht zur Anwendung. Auch Apotheken, die nur regional einen Zustelldienst anbieten (und dafür auch nur regional werben), böten sich weiterhin naheliegende „Umgehungsmöglichkeiten“, wenn sie – wie zurzeit bereits mehr als 2500 Apotheken – über eine Versandhandelserlaubnis verfügten. Auch solche Apotheken können im Rahmen ihrer Arzneimittelzustellung nämlich weiterhin Personen/Boten einsetzen, die in keinem Arbeitnehmerverhältnis zur Apotheke stehen. Und auf Dauer dürfte sich diese Variante nicht zuletzt aus Kostengründen auch bei solchen Apotheken durchsetzen, die ihre Versandhandelserlaubnis nur als „Mittel zum Zweck“ nutzen, um sich einer arbeits- und sozialrechtlich allzu strengen Botenregelung zu entziehen.
Zielführender als die rigide Vorgabe, einen Boten der Apotheke rechtlich nur im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses zu akzeptieren, dürfte es deshalb sein, in § 17 ApBetrO die Weisungsgebundenheit und die jederzeitige Erreichbarkeit des Boten bei der Zustellung als rechtliche Vorgabe zu verankern – und nicht seinen arbeits- und sozialrechtlichen Status.
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