Deutscher Apothekertag 2022

Augen zu und durch

Ein Gastkommentar

Elfriede Hoffman, Mitglied der ADEXA-­Tarifkommission

Neun von zehn Delegierten haben auf dem Deutschen Apothekertag in München für einen Antrag gestimmt, der unter dem Schlagwort „Mitarbeiterpakt“ vom Gesetzgeber Geld für die Apotheken fordert. Geld, das dann über einen Fonds 1 : 1 an die Mitarbeitenden weiter­gegeben werden soll.

90,3% sind eine hohe Zustimmung, keine Frage! Als Delegierte aus Baden-Württemberg und Mitglied der ADEXA-Tarifkommission habe ich trotzdem ein gewisses Problem mit diesem Antrag und insbesondere der Art, wie er ohne nennenswerte Diskussion angenommen wurde.

Zunächst zum einzigen Einwand: Hier ging es um die Ausschließlichkeit der Verwendung für die Beschäftigten. Dabei hätten doch die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auch höhere Belastungen. Haben sich die knapp 10%, die den Antrag abgelehnt haben, auch aus diesem Grund verweigert? Aus meiner Sicht würde aber jedwedes Verwässern hier die Schlagkraft gegenüber der Politik schwächen (sofern sie überhaupt gegeben ist).

Oder lagen andere Gründe für die Ablehnung vor? Möglicherweise sahen einige den Vorschlag – auch mit Blick auf die Tarifautonomie – als völlig unrealistisches Wunschdenken an? Oder sie hielten den Antrag angesichts der Sparpläne von Lauterbach für zum falschen Zeitpunkt gestellt? Leider wurden die Beweggründe sowohl der Befürworter als auch der Gegner aufgrund der fehlenden Diskussion nicht deutlich.

Ebenso wenig wurde klar, wie es jetzt nach dem positiv beschiedenen Antrag eigentlich weitergehen soll. Wann und wie werden die im Antrag genannten Tarifpartner in eine Planung einbezogen? Aus meiner Erfahrung mit DAT-Anträgen ist es selbst für die Antragsteller – in diesem Fall Kammer und Verband Schleswig-Holstein – schwer genug, in den weiteren Prozess bei der ­ABDA einbezogen zu werden. Ich bin daher gespannt, wann die ­ADEXA-Tarifkommission und der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (sowie möglicherweise auch die beiden Arbeitgeberverbände in Nordrhein und Sachsen) eine Einladung nach Berlin bekommen werden, um Fragen rund um die Umsetzung zu besprechen.

Letztlich bleibt der Eindruck, hier habe die Apothekerschaft ein schwieriges Thema nach dem Motto „Augen zu und durch“ weitergewunken – auch um sich ihrer eigenen Verantwortung für die Situation der Gehälter nicht weiter stellen zu müssen. Immerhin könnten auf diese Weise endlich auch die „unterirdischen“ Apothekengehälter bei der Politik und in der Öffentlichkeit ankommen.

Das Motto „Augen zu und durch“ hätte angesichts der Fülle von Anträgen auch über dem gesamten DAT stehen können. Es gab viel „klein, klein“ an unerwarteter Stelle und zu wenig Zeit für große Themen an anderer Stelle, weil alle unter immensem Zeitdruck standen. Immerhin wurde zu den Ausbildungsthemen intensiv, wenn auch vielleicht nicht abschließend, diskutiert.

Andererseits wären auch wenige Aspekte wirklich verzichtbar gewesen. Das Thema „Klimaschutz und Nachhaltigkeit“ ganz zu verschieben, hätte den Apothekerinnen und Apothekern nicht gut angestanden. Auch wenn es vielen Delegierten vielleicht noch nicht so unter den Nägeln brannte, ist hier etwas ins Rollen gekommen, das alle Apothekenteams angeht, gerade auch nach den Eindrücken dieses Sommers.

 

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