Wirtschaft

Rohertrags-Monitor Januar/Februar 2013

Betriebswirtschaftliche Analyse der Entwicklung des Apothekenhonorars

Seit dem 1. Januar 2004, mit Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes (GMG), gilt die neue Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel (Rx-FAM), auch Kombimodell genannt. Die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser neuen Preisbildungssystematik für Apotheken werden – beginnend mit dem Berichtsmonat August 2011 und auf der Grundlage der von Insight Health* zur Verfügung gestellten Daten – regelmäßig für die beiden vorangegangenen Jahre und die bisherigen Monate des aktuellen Jahres im Rohertrags-Monitor fortgeschrieben. Grundsätzliche Bemerkungen zur Umstellung der AMPreisV auf Großhandelsebene (jeweils zum 1.1.2011 und 1.1.2012) und zur Korrektur des Kassenabschlags aus 2010 sind darüber hinaus im Rohertrags-Monitor März 2012 niedergelegt.

Nach neun Jahren des Stillstands (!) ist der Apotheken-Festzuschlag zum 1. Januar 2013 zwar von 8,10 Euro um 0,25 Euro auf 8,35 Euro je Packung angepasst worden, noch ungelöst ist dagegen die Höhe des den Krankenkassen ab Januar 2013 zu gewährenden Abschlags, denn der DAV und der Spitzenverband der Krankenkassen konnten sich auf dem Verhandlungswege nicht auf einen Betrag einigen. Jetzt muss die Schiedsstelle entscheiden. Da der vom Gesetzgeber für 2011 und 2012 festgesetzte Abschlag (von 2,05 Euro) ein zeitlich begrenztes Sonderopfer der Apotheken darstellte, hat der DAV die Rechenzentren angewiesen, ab Januar 2013 einen Kassenabschlag von 1,75 Euro in Ansatz zu bringen. Dieser (mit den Krankenkassen verrechnete) Abschlag wird bei der folgenden Analyse zugrunde gelegt; Rechtssicherheit für alle Beteiligten besteht damit aber bezüglich der Höhe des Abschlags nicht – ebenso wenig wie für die Jahre 2009 und 2010!

(Logisch zu begründender) Verordnungszuwachs

Die Zahl der zulasten der GKV verordneten Rx-FAM verzeichnete im Januar mit über 54,3 Mio. Packungen ein Allzeithoch. Gegenüber Januar 2012 war dies ein Plus von weit über 4,4 Millionen Packungen oder von fast neun Prozent (vgl. Abb. 1). Bei gleicher Zahl an Werktagen resultiert dieses Wachstum vermutlich auf einer (in Summe etwa neutralen) Verschiebung der Arztbesuche vom Dezember 2012 auf den Folgemonat Januar, dem ersten Monat (seit 2004) ohne Praxisgebühr. Denn in den Monaten Dezember 2012/Januar 2013 wurden immer noch rund 35.000 Rx-FAM weniger in den öffentlichen Apotheken eingelöst als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Zusätzlich beeinflusste eine beginnende Erkältungs- und Grippewelle die Mengenentwicklung, ebenso wie die weiter steigende Zahl an gesetzlich Krankenversicherten (rund 125.00 Versicherte oder 0,2% mehr als im Januar 2012).

Abb. 1: Entwicklung der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen in den Monaten Januar 2011 bis Februar 2013 (Monatsdurchschnitt 2004 = 100).
Quelle Grafiken: Insight Health und eigene Berechnungen

Nicht zuletzt aufgrund der oben erwähnten Erkältungs- und Grippewelle überstieg die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM auch im Februar den Vergleichswert des Vorjahres deutlich. Der Zuwachs von knapp 1,2 Millionen Packungen oder gut 2,5% wurde bei wiederum gleicher Zahl an Werktagen und einem ebenso hohen Anstieg bei den anspruchsberechtigten Versicherten erzielt.

Wegen des Sondereffektes aus dem Wegfall der Praxisgebühr zu Jahresbeginn ist ein Vergleich der Zahl an abgegebenen Rx-FAM für die Monate Dezember 2012 bis Februar 2013 mit dem entsprechenden Vorjahreszeitraum angesagt. Der Zuwachs über diese drei Monate beträgt, bei einer kontinuierlich steigenden Zahl an gesetzlich Versicherten, rund 1,16 Millionen Packungen bzw. weniger als 0,8%. Ob sich damit, auch unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung, ein Trend zu einem anhaltenden Mengenwachstum abzeichnet, werden die nächsten Monate zeigen.

Aufgrund des "Kombimodells" führt eine größere Zahl an zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM konstruktionsbedingt zu einem höheren apothekerlichen Honorar (= Rohertrag aus Festzuschlag). Dabei liegt der stark kommunikationsbedürftige Anteil an rabattbegünstigten Rx-FAM-Packungen nach wie vor bei rund 60 Prozent.

Apothekeneinkauf mit negativen Vorzeichen

Die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen hat im Januar und Februar gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um knapp 5,8% zugelegt; das zugehörige Einkaufsvolumen ist im selben Zeitraum dagegen nur um knapp 3,0% gestiegen (Januar: + 6,5%; Februar: - 0,8%). Dabei ist die Abweichung (zwischen Absatzzuwachs und Anstieg des Apothekeneinkaufs) im Februar noch deutlicher ausgefallen als im Januar. In den ersten zwei Monaten des Berichtsjahres wurden damit offensichtlich zwar mehr, aber zugleich auch eher preisgünstigere Rx-FAM verordnet als in der Vergangenheit. Der Trend zur verstärkten Verordnung von Generika nimmt dabei weiter an Fahrt auf.

Am Zuwachs des Apothekeneinkaufswertes partizipieren die Apotheken unverändert mit 3%; im Ergebnis bedeutet dies für die ersten beiden Monate 2013 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres einen Rohertragszuwachs aus kaufmännischer Komponente von ebenfalls knapp 3%.

Ein Blick auf Abb. 2 zeigt, dass der durchschnittliche Einkaufswert (lt. AMPreisV) für die ersten zwei Monate 2013 ("nur noch") um 25,3% über dem entsprechenden Vergleichswert des Ausgangsjahres (Basisjahr 2004) liegt. Im selben Zeitraum ist die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen um 17,5% gewachsen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Apothekeneinkaufswert je Rx-FAM im betrachteten Zeitraum immer noch bedeutend schneller gewachsen ist als die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Packungen.

Abb. 2: Entwicklung der Apotheken-Einkaufswerte der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM in den Monaten Januar 2011 bis Februar 2013 (Monatsdurchschnitt 2004 = 100).

Apothekenrohertrag bleibt unter dem Niveau von 2011

Die zentrale Größe für die Höhe des Apothekenrohertrages aus Leistungen zugunsten von Versicherten der GKV ist die Zahl der abgegebenen Rx-FAM. Da der Festbetrag je Rx-FAM – unter Berücksichtigung des (seitens des DAV) reduzierten Kassenabschlags – seit Jahresbeginn netto um (vorläufig) 0,50 Euro je Packung angestiegen ist, stieg der Rohertrag aus zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM im Vergleich zum Absatz konsequenterweise überproportional. Trotzdem blieb der Rohertrag in Prozenten des Umsatzes (= Betriebshandelsspanne) im Januar (mit 15,65%, deutlich) und im Februar (mit 15,75%, immer noch) unter den entsprechenden Vergleichswerten aus 2011 (vgl. Abb. 3). Gerade vor dem Hintergrund, dass der seitens des DAV (einseitig) festgelegte Kassenabschlag angesichts der noch ausstehenden Entscheidung der gemeinsamen Schiedsstelle noch nicht einmal die Obergrenze der Belastungen darstellen muss, ist zu konstatieren, dass die "Anpassung des Festzuschlags zum 1. Januar 2013 auf 8,35 Euro" auch nicht annäherungsweise die Voraussetzungen schafft, das Rohertragsniveau der Apotheken aus dem Ausgangsjahr des Kombimodells, dem Jahre 2004, zu erreichen.

Abb. 3: Betriebshandelsspanne aus zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM in % des Bruttoumsatzes in den Monaten Januar 2011 bis Februar 2013 (Vergleich: Jahresdurchschnitt 2004).

Mehrwertsteuer bleibt Kostentreiber

Der durchschnittliche Preis der im Jahresdurchschnitt 2004, im Februar d. J. und in den ersten zwei Monaten 2013 zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen sowie die wertmäßigen Anteile der Wertschöpfungsstufen und deren Entwicklung seit 2004 sind der Tabelle zu entnehmen. Bei einem Zuwachs des Apothekeneinkaufswertes je abgegebener Rx-FAM-Packung von aktuell 19,3% (bzw. um 5,31 Euro) stieg der GKV-Abrechnungspreis (ohne MwSt.) um 20,3% (bzw. um 8,15 Euro). Dabei ist die Apothekenmarge innerhalb von neun Jahren gerade einmal um nur 9,2% (bzw. um 66 Cent) gegenüber 2004 angewachsen. Kostentreiber Nummer eins ist nach wie vor die Umsatzsteuer, die im Vergleichszeitraum um 2,17 Euro (bzw. um 39,2%) – und damit mehr als viermal so schnell wie der Apothekenrohertrag – gestiegen ist.


Durchschnittliches
GKV-Rx-FAM
2004
(1)
Febr. 2013
(2)
Jan. –
Febr. 13(3)
(3) – (1)

(4)
(4) in % (1)

(5)
Verkaufspreis laut AMPreisV
42,19 €
49,89 €
50,09 €
7,90 €
18,7%
./. Kassenabschlag**
2,00 €
1,75 €
1,75 €
-0,25 €
-12,5%
= GKV-Abrechnungspreis
(brutto)
40,19 €
48,14 €
48,34 €
8,15 €
20,3%
./. Mehrwertsteuer
5,54 €
7,69 €
7,72 €
2,17 €
39,2%
= GKV-Abrechnungspreis
(netto)
34,65 €
40,45 €
40,62 €
5,97 €
17,2%
Apo.-Rohertrag
aus Festzuschlag
6,38 €
6,88 €
6,88 €
0,50 €
7,9%
Apo.-Rohertrag,
kfm. Komponente
0,82 €
0,97 €
0,98 €
0,16 €
19,0%
./. Apo.-Rohertrag insges. (gem. AMPreisV)
7,20 €
7,85 €
7,86 €
0,66 €
9,2%
= Apothekeneinkaufswert
27,45 €
32,60 €
32,76 €
5,31 €
19,3%
./. Großhandelsmarge
*
1,54 €
1,55 €
*
*
= ApU (Abgabepreis des
pharm. Untern.)
*
31,06 €
31,21 €
*
*
* ApU (bzw. HAP) liegt für 2004 nicht vor; ** 2013 mit einem seitens des DAV festgesetzten Kassenabschlag von 1,75 Euro je Rx-FAM; Quelle: Insight Health und eigene Berechnungen; Hü. ©

Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, langjähriger Geschäftsführer des Apothekerverbandes Nordrhein e.V., Essen, E-Mail: uwe.huesgen@web.de


* Insight Health ist ein führender Informationsdienstleister im Gesundheitsmarkt mit einem breiten Portfolio datenbasierter Services zur Markt- und Versorgungsforschung. Der Erfolg von Insight Health liegt in der Bereitstellung individueller Lösungen für die pharmazeutische Industrie, Krankenversicherungen, Ärztevereinigungen, wissenschaftliche Institute, Behörden, Politik und weitere Entscheider im Gesundheitsmarkt. Weitere Informationen über Insight Health finden Sie unter www.insight-health.de.

Rohertrags-Monitor


Die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen der Honorierungssystematik apothekerlicher Leistungen für die Jahre 2004 bis 2010 sind nachfolgendem Beitrag zu entnehmen:

Der Rohertrags-Monitor

Beginnend mit August 2011 werden die Zahlen im Zeitablauf regelmäßig fortgeschrieben. Sie finden den Rohertrags-Monitor …

August 2011 in AZ 2011, Nr. 47, S. 2
September 2011 in AZ 2011, Nr. 49, S. 2
Oktober 2011 in AZ 2011, Nr. 51– 52, S. 2
November 2011 in AZ 2012, Nr. 1– 2, S. 2
Dezember 2011 n AZ 2012, Nr. 7, S. 6
Januar 2012 in AZ 2012, Nr. 13, S. 3
Februar 2012 in AZ 2012, Nr. 17, S. 4
März 2012 in AZ 2012, Nr. 19, S. 2
April 2012 in AZ 2012, Nr. 23, S. 4
Mai 2012 in AZ 2012, Nr. 28, S. 4
Juli 2012 in AZ 2012, Nr. 36, S. 4
August/September 2012 in AZ 2012, Nr. 49, S. 4
Oktober 2012 in AZ 2012, Nr. 51/52, S. 4
November 2012 in AZ 2013, Nr. 3, S. 4
Dezember 2012 in AZ 2013, Nr. 6, S. 4



AZ 2013, Nr. 16, S. 6

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.