- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 33/2012
- Rohertrags-Monitor Juni ...
Wirtschaft
Rohertrags-Monitor Juni 2012
Beginnend mit dem Berichtsmonat August 2011 (s. AZ 2011, Nr. 47) werden die Zahlen – auf Grundlage der von Insight Health* zur Verfügung gestellten Daten – im Zeitablauf monatlich für die beiden vorangegangenen Jahre und die bisherigen Monate des aktuellen Jahres im Rohertrags-Monitor fortgeschrieben. Angesichts des aktuell vorgelegten Entwurfs aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) zur Änderung der AMPreisV, d. h. zur Anpassung des Apotheken-Festzuschlags, fällt es schwer, die Ergebnisse in der gebotenen Sachlichkeit fortzuschreiben, verstößt dieser Verordnungsentwurf mit seinem Zahlenwerk doch gegen elementare Grundregeln wissenschaftlicher Arbeit. Aber die Chronistenpflicht gebietet, die Entwicklung des Apothekenhonorars weiter zu dokumentieren. So können nachfolgende Generationen mit verantwortungsvollen Politikern die Ursachen der jetzt drohenden Fehl- und Unterversorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln nachvollziehen, um solche bzw. ähnliche Fehler zukünftig zu vermeiden.
Grundsätzliche Bemerkungen zur Umstellung der AMPreisV auf Großhandelsebene (jeweils zum 1.1. 2011 und 1.1. 2012) und zur Korrektur des Kassenabschlags aus 2010 sind dem Rohertrags-Monitor März 2012 (s. AZ 2012, Nr. 19 vom 7. 5. 2012, S. 2) zu entnehmen.
Mehr GKV-Versicherte = mehr Verordnungen
Im Juni 2012 wurden – nicht zuletzt aufgrund von zwei zusätzlichen Arbeitstagen – mit 47,85 Mio. Rx-FAM rund 2,9 Mio. Packungen (bzw. 6,5%) mehr zulasten der GKV abgegeben als im Juni 2011. Gegenüber dem Vormonat waren dies dagegen fast 860.000 (oder knapp 1,8%) Packungen weniger (vgl. Abb. 1). In den ersten sechs Monaten des Berichtsjahres wurden folglich knapp 295 Mio. Rx-FAM zulasten der GKV verordnet, gegenüber 291,5 Mio. Packungen im ersten Halbjahr des Vorjahres. Das entspricht einem Zuwachs an zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen von 1,2%.
Die Gründe für das Wachstum der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen sind vielfältig. Während im Mai 2012 mehr als 50.000 Personen mehr in der GKV versichert waren als im Mai 2011, waren es im Juni 2012 nochmals rund 52.000 mehr als im Vergleich zum Vorjahresmonat. Neben diesem Anstieg der Zahl der Versicherten, der logischerweise auch eine vermehrte Inanspruchnahme an Arzneimittelverordnungen generiert, sind für ein höheres Arzneimittelverordnungsvolumen z. B. die demografische Entwicklung, die gesundheitspolitisch gewollte Maxime "ambulant vor stationär" sowie der medizinisch-pharmazeutische Fortschritt verantwortlich.
Eine höhere Zahl an zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM führt aufgrund des "Kombimodells" zu einem entsprechend höheren apothekerlichen Honorar (= Rohertrag aus Festzuschlag). Dieser prozentuale Zuwachs beim Honorar von 1,2 Prozent im ersten Halbjahr ist identisch mit der prozentualen Zunahme der Zahl der abgegebenen Rx-FAM-Packungen; er ist zugleich verbunden mit einem mindestens so hohen Mehr an Beratungsaufwand und -leistung, steigt der Anteil der rabattbegünstigten (und damit außerhalb der rein pharmazeutischen Beratung zusätzlich kommunikationsbedürftigen) Fertigarzneimittel weiter an.
Bei den zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen ist gegenüber 2004 aktuell sogar ein Zuwachs von 12,1% zu verzeichnen, der mit einem entsprechend gestiegenen Einsatz von pharmazeutischen Mitarbeitern (von 100.250 im Jahresmittel 2004 auf 113.900 pharm. Mitarbeiter im Jahresmittel 2011, bzw. um 13,6%) in den öffentlichen Apotheken einhergeht, wie die Statistiken der Apothe-kerkammern der Länder belegen.
Apothekeneinkauf wächst weiter überproportional
Während die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen im Juni 2012 gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres um gut 2,9 Mio. (oder um 6,5%) zugelegt hat, ist das zugehörige Einkaufsvolumen im selben Zeitraum um 7,9% (bzw. um 122,4 Mio. Euro), und damit wesentlich stärker angestiegen. Noch eindrucksvoller wird die Diskrepanz, wenn man die ersten sechs Monate des Jahres betrachtet. Gab es bei der Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen im ersten Halbjahr einen Zuwachs von 1,2%, so stieg der zugehörige Apothekeneinkaufswert im selben Zeitraum um mehr als 5,4%! An diesem Zuwachs des Apothekeneinkaufswertes partizipieren die Apotheken mit 3%; im Ergebnis bedeutet dies für das erste Halbjahr gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres einen Rohertragszuwachs aus kaufmännischer Komponente von 1,6 Promille.
Ein Blick auf Abb. 2 zeigt, dass der durchschnittliche Einkaufswert (lt. AMPreisV) für das erste Halbjahr 2012 um 24,3% über dem entsprechenden Vergleichswert des Ausgangsjahres (Basisjahr 2004) liegt. Im selben Zeitraum ist die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen um 12,1% gewachsen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Apothekeneinkaufswert je Rx-FAM im betrachteten Zeitraum doppelt so schnell gewachsen ist wie die Zahl der zulasten der GKV abgegebenen Packungen.
Apothekenrohertrag weiter auf Talfahrt
Der Rohertrag aus zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM in Prozenten des Umsatzes (= Betriebshandelsspanne) ist, nach 14,96% im April und 14,80% im Mai 2012, nochmals weiter auf aktuell 14,77% gefallen (vgl. Abb. 3). Damit unterschreitet die durchschnittliche Handelsspanne der ersten sechs Monate des Jahres 2012 mit 14,99% bereits die 15 Prozent-Marke. Sie ist damit (innerhalb eines Jahres!) um annähernd 0,5 Umsatz-Prozentpunkte hinter dem Vergleichswert des Vorjahres zurückgeblieben! Es muss damit gerechnet werden, dass sich diese desaströse Abwärtsbewegung in den nächsten Monaten weiter fortsetzt.
Tabelle 1 sind der durchschnittliche Preis der im Jahresdurchschnitt 2004, im Juni und im ersten Halbjahr 2012 zulasten der GKV abgegebenen Rx-FAM-Packungen sowie die wertmäßigen Anteile der Wertschöpfungsstufen und deren Entwicklung seit 2004 zu entnehmen. Bei einem Rohertragszuwachs je abgegebener Rx-FAM-Packung von aktuell 20 Cent (bzw. 2,8%) gegenüber 2004 verwundert es schon, mit welcher Impertinenz der Gesetzgeber nun vorschlägt, den Festzuschlag nach neun Jahren des absoluten Stillstandes um gerade einmal 25 Cent (das entspricht etwa einem Zehntel des Staatszu-wachses qua Mehrwertsteuer um 2,33 Euro) anzuheben. Hier werden nicht nur freiberufliche Existenzen und die Arbeitsplätze vorwiegend weiblicher Mitarbeiter gefährdet, sondern – ordnungspolitisch bedenklich – die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung. Hat man aus dem drohenden Ärztemangel auf dem Lande nichts gelernt?
Durchschnittliches GKV-Rx-FAM |
2004 (1) |
Juni 2012 (2) |
01 – 06 12 (3) |
(3) – (1)
(4)
|
(4) in % (1)
(5)
|
Verkaufspreis laut AMPreisV |
42,19 € |
52,29 € |
51,40 € |
9,21 € |
21,8% |
./. Kassenabschlag |
2,00 € |
2,05 € |
2,05 € |
0,05 € |
2,5% |
= GKV-Abrechnungspreis (brutto) |
40,19 € |
50,24 € |
49,35 € |
9,16 € |
22,8% |
./. Mehrwertsteuer |
5,54 € |
8,02 € |
7,88 € |
2,34 € |
42,2% |
= GKV-Abrechnungspreis (netto) |
34,65 € |
42,22 € |
41,47 € |
6,82 € |
19,7% |
Apo.-Rohertrag aus Festzuschlag |
6,38 € |
6,38 € |
6,38 € |
0,00 € |
0,0% |
Apo.-Rohertrag, kfm. Komponente |
0,82 € |
1,04 € |
1,02 € |
0,20 € |
23,9% |
./. Apo.-Rohertrag insges. (gem. AMPreisV) |
7,20 € |
7,42 € |
7,40 € |
0,20 € |
2,8% |
= Apothekeneinkaufswert |
27,45 € |
34,80 € |
34,07 € |
6,62 € |
24,1% |
./. Großhandelsmarge |
* |
1,59 € |
1,58 € |
* |
* |
= ApU (Abgabepreis des pharm. Untern.) |
* |
33,21 € |
32,49 € |
* |
* |
* ApU (bzw. HAP) liegt für 2004 nicht vor; Quelle: Insight Health und eigene Berechnungen; Hü. © |
* Insight Health ist ein führender Informationsdienstleister im Gesundheitsmarkt mit einem breiten Portfolio datenbasierter Services zur Markt- und Versorgungsforschung. Der Erfolg von Insight Health liegt in der Bereitstellung individueller Lösungen für die pharmazeutische Industrie, Krankenversicherungen, Ärztevereinigungen, wissenschaftliche Institute, Behörden, Politik und weitere Entscheider im Gesundheitsmarkt. Weitere Informationen über Insight Health finden Sie unter www.insight-health.de. |
Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, langjähriger Geschäftsführer des Apothekerverbandes Nordrhein e.V., Essen, E-Mail: uwe.huesgen@web.de
AZ 2012, Nr. 33-34, S. 6
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.