Hessen zum Spahn-Plan

Kammer warnt vor Streichung des „alten“ Rx-Boni-Verbots

Berlin - 24.04.2019, 17:00 Uhr

Veto aus Hessen: Präsidentin Ursula Funke und ihre Kammer warnen vor den Auswirkungen des Spahn-Plans. (b/Foto: Schelbert)

Veto aus Hessen: Präsidentin Ursula Funke und ihre Kammer warnen vor den Auswirkungen des Spahn-Plans. (b/Foto: Schelbert)


Die Standesvertretungen der Apotheker sind sich uneins: Ist der Entwurf des Apotheken-Stärkungsgesetzes eine Gefahr oder eine Chance für die Apotheken? Die Pläne zum Apothekenhonorar und zu den pharmazeutischen Dienstleistungen finden alle Kammern und Verbände gut. Unterschiedlich wird aber die Streichung eines Satzes aus dem Arzneimittelgesetz bewertet, das „alte“ Rx-Boni-Verbot. In einer schriftlichen Stellungnahme warnt die Landesapothekerkammer Hessen vor den Auswirkungen – und erhebt Vorwürfe gegen das Bundesgesundheitsministerium.

Am 2. Mai findet in Berlin eine außerordentliche Mitgliederversammlung der ABDA  statt. Mehrere Landesapothekerkammern und -verbände hatten Gesprächsbedarf angemeldet – es geht um den Entwurf zum Apotheken-Stärkungsgesetz des Bundesgesundheitsministeriums. Konkret stören sich die insgesamt neun Kammern und acht Verbände an der Streichung des „alten“ Rx-Boni-Verbots aus dem Arzneimittelgesetz. In § 78 Abs. 1 Satz 4 des AMG wird die Rx-Preisbindung auf die EU-Versender übertragen. Die Geschichte dieses Satzes ist bekannt: 2012 hatte der Bundestag ihn beschlossen, wobei der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes schon vor seinem Inkrafttreten entschieden hat, dass sich EU-Versender an die Arzneimittelpreisverordnung halten müssen. Dann landete er vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), wo seine Verteidigung scheitere: Seit dem EuGH-Urteil aus dem Oktober 2016 dürfen EU-Versender Rx-Boni anbieten.

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Das Bundesgesundheitsministerium will mit seinem Apotheken-Stärkungsgesetz diesen umstrittenen Satz nun streichen. In der Begründung heißt es, damit erkenne die Bundesrepublik die Rechtsauffassung der Europäischen Kommission an. Diese hatte erst kürzlich ihr 2013 in die Wege geleitetes und zwischenzeitlich ausgesetztes Vertragsverletzungsverfahren wegen eben dieser gesetzlichen Regelung wieder aufleben lassen. Statt des „alten“ Rx-Boni-Verbots will das Ministerium aber ein neues im Sozialgesetzbuch V etablieren – die Bundesregierung hofft, dass das Verbot dort sicherer vor juristischen Angriffen ist, schließlich ist die Regelung der Gesundheitssysteme Sache der EU-Mitgliedstaaten.

Kammer: Altes Boni-Verbot unbedingt behalten!

Die Landesapothekerkammer Hessen ist eine der Kammern, die diesen Vorgang sehr kritisch beäugt. Noch vor der außerordentlichen Mitgliederversammlung hat die Kammer nun eine fünfseitige schriftliche Stellungnahme zum geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz veröffentlicht. Darin begrüßen die hessischen Apotheker zwar einige Punkte, wie etwa die Einführung neuer, vergüteter pharmazeutischer Dienstleistungen oder die Änderungen am Apothekenhonorar. In erster Linie nutzt die Kammer das Papier aber, um vor den Auswirkungen der Streichung von § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG zu warnen.

Einer der wichtigsten Punkte der Kammer ist ein vor dem Oberlandesgericht (OLG) München anhängiges Verfahren. Zur Erinnerung: Hier handelt es sich um einen Rechtsstreit des bayerischen Apothekerverbands mit einer niederländischen Versandapotheke um Rx-Boni, der nach der Anrufung des EuGH ausgesetzt worden war und erst im vergangenen Jahr weiterverfolgt wurde. Im Februar 2018 haben die Münchener Richter einen Beweisbeschluss erlassen, mit dem sie die Bundesregierung um Auskunft ersuchen, ob und unter welchen Umständen die Anwendung des einheitlichen Apothekenabgabepreises auf ausländische Versandapotheken geeignet und erforderlich ist, die flächendeckende, sichere und qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung mit Rx-Arzneimitteln sicherzustellen. Allerdings hat das Ministerium bis heute nicht auf dieses Ersuchen reagiert. Die Hoffnung der Apotheker ist natürlich, dass die vom EuGH vermissten Belege für diesen Zusammenhang in einem neuerlichen Verfahren in Luxemburg nachgeholt werden können.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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3 Kommentare

Gut?

von Anita Peter am 24.04.2019 um 17:20 Uhr

Die Pläne zum Apothekenhonorar findet die Kammer gut? Eine Erhöhung die die nicht mal die Tarifrunde 2018 deckt? Mir fehlen die Worte...

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Gut?

von Dr Schweikert-Wehner am 25.04.2019 um 7:39 Uhr

Zudem kein Ausgleich für Datenschutz, Securpharm, Inflation und Tariferhöhungen.
Die rauchen wohl heimlich ihr Canabis aus dem BTM-Tresor

AW: Gut

von Heiko Barz am 25.04.2019 um 11:28 Uhr

Es muß eine deutliche Zweiteilung unseres Standes geben. Die eine Seite, die sich in den unterschiedlichen Foren mit ihrer Meinung gegen die staatlichen Pressionen wenden und die andere Seite, der anscheinend vor Angst die Hosen ( w,m,d) schlottern, wenn machthungrige Politjunkies ihre eigensüchtigen Politikziele erpressen wollen.
Vor drei Jahren haben wir angefangen unsere Minimalziele zu formulieren. Das hat auch ansatzweise beim NN wie auch bei BTM und Rezeptur geklappt. Als Hauptziel aber wurde die Honorarfrage artikuliert.
Als aber der damalige WM Gabriel erkannte, dass dieses Apothekerverlangen sehr wohl teuer werden würde, begrub er dieses Wollen durch ein zu erstellendes Gutachten, dessen vorhersehbares Ergebnis uns als 2hm als nettes Weihnachtgeschenk präsentiert wurde. Das zwischenzeitliche und berufssezernierende EUGH Urteil ist darüber hinaus ja allen bekannt.

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