DAZ.online-Themenwoche

10 Jahre Rabattverträge – von den Anfängen bis heute

Berlin - 03.04.2017, 13:45 Uhr

Mit den Rabattverträgen ist in den Apotheken das Lager angewachsen. (Foto: A. Schelbert)

Mit den Rabattverträgen ist in den Apotheken das Lager angewachsen. (Foto: A. Schelbert)


Exklusiv-, Mehrpartner und Portfolio-Verträge

Während die AOKen auf exklusive Verträge mit nur einem Rabattpartner pro Wirkstoff setzten, schlossen andere Kassen Rabattverträge im Mehrpartnermodell ab, in dem bis zu drei Hersteller einen Zuschlag erhalten. Die Ausschreibungen erfolgten zunächst nicht immer streng nach vergaberechtlichen Vorgaben. Eine weitere Variante waren die sogenannten Portfolioverträge, die ohne öffentliche Ausschreibung über ganze Sortimente eines Anbieters abgeschlossen werden – hier kamen insbesondere die großen Hersteller mit einer breiten Angebotspalette zum Zug. Dies sahen insbesondere die kleineren Unternehmen gar nicht gerne. Überhaupt stritten Hersteller und Kassen lange darum, welche Auswirkungen die Rabattverträge auf die Anbietervielfalt haben und ob sie dem pharmazeutisichen Mittelstand eine Chance lassen. Fakt ist: der Markt wurde gründlich durchgerüttelt, die großen Unternehmen gibt es noch immer, einige kleinere nicht, dafür tauchten bis dato unbekannte Firmen auf, die offensichtlich sehr günstig im Ausland produzieren können.

Kein Wunder, dass gerade in den Anfangszeiten der Verträge erbitterte Rechtsstreite zwischen Herstellern und Kassen ausgefochten wurden – es dauerte einige Jahre und bedurfte vieler Gerichtsentscheidungen und auch der Nachbesserungen des Gesetzgebers, ehe Klarheit herrschte, welche Gerichte überhaupt zuständig sind und welches Recht anzuwenden ist. Das Sozialrecht und das vor den Zivilgerichten verhandelte Vergaberecht standen sich hier gegenüber. Nachdem auch noch die Europäische Kommission mit einer Vertragsverletzungsklage vor dem Europäischen Gerichtshof drohte, sorgte der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen der GKV (GKV-OrgWG) ab 2009 für eine Klarstellung: Für die Rabattverträge der gesetzlichen Krankenkassen gilt seitdem das materielle Vergaberecht. Ab einem gewissen Schwellenwert sind die Kassen damit verpflichtet, die Verträge europaweit auszuschreiben. Die vergaberechtliche Nachprüfung erfolgt vor den Vergabekammern. Für Streitigkeiten in den Rechtsbeziehungen der Kassen zu den Leistungserbringern ist dagegen die gerichtliche Überprüfung vor den Landessozialgerichten vorgesehen. Die Kassen mussten daraufhin bestehende Portfolio-Verträge kündigen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Rabattverträge - zur Vergangenheit gehört auch die Zukunft

von Ingrid Lux am 21.06.2019 um 6:29 Uhr

Genau: die Autorin schließt auf den Punkt präzise, wohin diese Sparmaßnahmen führen. Sparpotential gibt es ja nur mit drastischen Maßnahmen, wie Auslagrung in billigere Lohnländer und Vereinheitlichung ergo Einschränkung der Anzahl der Wirkstofflieferanten. Simsalabim, gibt es nun Lieferengpässe. Wenn nur noch jeweils ein, höchstens zwiei Hersteller die Wirkstoffe weltweit liefern, ist der leichteste Schluckauf bei ebendiesen der Grund für Lieferengpässe weit und breit. Die Autorin deutet den Zusammenhang an; ich frage mich: ist er von der Politik / den Krankenkassen erkannt?

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Der Rabattvertrag und seine Interpretation

von Heiko Barz am 04.04.2017 um 11:05 Uhr

Wenn das Wort "Rabattvertrag" in der Apotheke im Gespräch mit den Patienten fällt bei der Erklärung, dass schon wieder ein anderer Arzneimittel Partner der KKasse die AM Auslieferung bestimmt und ein neues Layout der Packungen die Patienten verunsichert, dann muß zusätzlich Zeit zur Aufklärung von uns erbracht werden.
Gehört das auch zur qualitätsorientierten Beratungsleistung, die für 8,35€ geliefert werden muß?
Das Wort Rabatt induziert automatisch eine reduzierende Preisregulation und da dieser falsche Begriff mittlerweile in der Apotheke zum Sprachalltag gehört, muß man dagegen einwirken. In meiner Apotheke durfte dieses Unwort in Verbindung mit der Kassenrezeptbelieferung von Anfang an nicht benutzt werden.
Als dieser Pharmaterror der KKassen ab 2003 begann, konnte man in den den Gazetten der KKassen wenig oder kaum etwas Begreifbares für den lesenden Patienten erkennen.
Psychologen bei den KKassen haben diesen Fakt bewußt gesteuert, denn das Bild des geldgeilen Apothekers konnte sehr schön von den eigenen Begehrlichkeiten ablenken.
Es ist eine unglaubliche Gleichgültigkeit unserer damaligen Verhandlungsführer, sich diesem berufsdiskriminierenden Wortspiel zu ergeben.
AOK-Herrmann und alle anderen KKassenfunktionäre lachen sich einen Ast, wenn in den Apotheken das Wort Rabattvertrag tausendmal genannt wird und das Bild des Apothekers als Geldverschieber ins Bewußtsein der Patienten gedrückt wird.
Dazu kommt noch das Zwangseintreiben der Rezeptgebühr. Nun mache ich diesen berufsbedingten Schwachsinn schon seit über 50 Jahren mit. Das fing mal an bei 50Pf. Bis heute lassen die KKassen es vermissen, ihre Beitragszahler dahingehend aufzuklären, dass die Apotheke ohne jeden Vorteil in sklavenhaltiger Abhängigkeit als Innkasso die Rezeptanteile einzuziehen hat.
Diese und andere Buhmannfratzen hält man bei den KKassen gerne hoch, ohne sich rechtfertigen zu müssen.
Partnerschaft im Gesundheitswesen - eine Lachnummer - seit langem herrscht offener, mit unfair und ungleichen Waffen geführter Krieg, der so richtig erst durch die maßlosen Regresse marginaler Verschreibungskriterien die praktische Apothekenarbeit zum Wohle der Patienten nachhaltig untergraben hat.

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