DAZ.online-Themenwoche

10 Jahre Rabattverträge – von den Anfängen bis heute

Berlin - 03.04.2017, 13:45 Uhr

Mit den Rabattverträgen ist in den Apotheken das Lager angewachsen. (Foto: A. Schelbert)

Mit den Rabattverträgen ist in den Apotheken das Lager angewachsen. (Foto: A. Schelbert)


Barmer schloss die ersten Rabattverträge

Und so fing es zunächst langsam an. Dabei war es nicht einmal die AOK, die die ersten Schritte in die neue Arzneimittelvertragswelt wagte – obwohl die AOK Baden-Württemberg mit ihrem heutigen Chef Christopher Hermann als Vorreiterin der Rabattverträge schlechthin gilt. 2005 war es die Barmer Ersatzkasse, die die ersten Verträge mit verschiedenen Generikaherstellern, später auch Originalherstellern abschloss. Apotheken und Ärzte, die am damals bestehenden Barmer-Hausarzt-/Hausapothekenvertrag teilnahmen, sollten an den Einsparungen beteiligt werden. Weder der Hausapothekenvertrag noch diese Art der Rabattverträge hatten jedoch eine Zukunft. Den Hausapothekenvertrag – angetreten als Vertrag zur Integrierten Versorgung – erklärte das Bundessozialgericht im Jahr 2008 für unzulässig, da er die erforderlichen Kriterien nicht erfülle.

Weiterentwicklung durch das AVWG

2006 kam das nächste Arzneimittel-Sparpaket – das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) –, das eine gewisse Weiterentwicklung der Rabattverträge brachte. Mit ihm wurden unter anderem Naturalrabatte von Herstellern an Apotheken verboten und Barrabatte eingeschränkt. Statt der Apotheken sollte die Versichertengemeinschaft von solchen Nachlässen der Industrie profitieren. Ebenfalls mit dem AVWG eingeführt wurde die Regelung, dass auch andere Leistungserbringer oder Dritte in die Vertragsverhandlungen über Rabattverträge einbezogen werden können. Zudem sollten Patienten von der Zuzahlung befreit werden können, wenn sie ein Arzneimittel erhalten, dessen Preis mindestens 30 Prozent unter Festbetrag liegt. Hersteller wurden damit zu weiteren Zugeständnissen gedrängt.

Die ersten Verträge der AOK-Gemeinschaft

Im Herbst 2006 – es zeichnete sich bereits die nächste Reform im Arzneimittelmarkt ab – legten dann die AOKen los: Gemeinsam schrieben sie die Arzneimittel-Hersteller an und baten sie, für 89 Wirkstoffe Angebote für Rabattverträge abzugeben. Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller schaltete prompt das Bundeskartellamt ein, da er einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung der AOKen sah. Er blieb mit seiner Beschwerde allerdings erfolglos. Im Februar 2007 gab AOK-Chefverhandler Hermann bekannt, dass die damals noch 16 AOKen mit elf verschiedenen Herstellern für insgesamt 43 Wirkstoffe und Kombinationen Rabatte bis zu 37 Prozent unter dem derzeitigen Apothekenverkaufspreis vereinbart haben. Nicht dabei waren damals die großen der Branche, ratiopharm, Stada und Hexal. Schon gleich gibt es die Sorge: Werden die Präparate der kleineren Hersteller alle verfügbar sein?



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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2 Kommentare

Rabattverträge - zur Vergangenheit gehört auch die Zukunft

von Ingrid Lux am 21.06.2019 um 6:29 Uhr

Genau: die Autorin schließt auf den Punkt präzise, wohin diese Sparmaßnahmen führen. Sparpotential gibt es ja nur mit drastischen Maßnahmen, wie Auslagrung in billigere Lohnländer und Vereinheitlichung ergo Einschränkung der Anzahl der Wirkstofflieferanten. Simsalabim, gibt es nun Lieferengpässe. Wenn nur noch jeweils ein, höchstens zwiei Hersteller die Wirkstoffe weltweit liefern, ist der leichteste Schluckauf bei ebendiesen der Grund für Lieferengpässe weit und breit. Die Autorin deutet den Zusammenhang an; ich frage mich: ist er von der Politik / den Krankenkassen erkannt?

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Der Rabattvertrag und seine Interpretation

von Heiko Barz am 04.04.2017 um 11:05 Uhr

Wenn das Wort "Rabattvertrag" in der Apotheke im Gespräch mit den Patienten fällt bei der Erklärung, dass schon wieder ein anderer Arzneimittel Partner der KKasse die AM Auslieferung bestimmt und ein neues Layout der Packungen die Patienten verunsichert, dann muß zusätzlich Zeit zur Aufklärung von uns erbracht werden.
Gehört das auch zur qualitätsorientierten Beratungsleistung, die für 8,35€ geliefert werden muß?
Das Wort Rabatt induziert automatisch eine reduzierende Preisregulation und da dieser falsche Begriff mittlerweile in der Apotheke zum Sprachalltag gehört, muß man dagegen einwirken. In meiner Apotheke durfte dieses Unwort in Verbindung mit der Kassenrezeptbelieferung von Anfang an nicht benutzt werden.
Als dieser Pharmaterror der KKassen ab 2003 begann, konnte man in den den Gazetten der KKassen wenig oder kaum etwas Begreifbares für den lesenden Patienten erkennen.
Psychologen bei den KKassen haben diesen Fakt bewußt gesteuert, denn das Bild des geldgeilen Apothekers konnte sehr schön von den eigenen Begehrlichkeiten ablenken.
Es ist eine unglaubliche Gleichgültigkeit unserer damaligen Verhandlungsführer, sich diesem berufsdiskriminierenden Wortspiel zu ergeben.
AOK-Herrmann und alle anderen KKassenfunktionäre lachen sich einen Ast, wenn in den Apotheken das Wort Rabattvertrag tausendmal genannt wird und das Bild des Apothekers als Geldverschieber ins Bewußtsein der Patienten gedrückt wird.
Dazu kommt noch das Zwangseintreiben der Rezeptgebühr. Nun mache ich diesen berufsbedingten Schwachsinn schon seit über 50 Jahren mit. Das fing mal an bei 50Pf. Bis heute lassen die KKassen es vermissen, ihre Beitragszahler dahingehend aufzuklären, dass die Apotheke ohne jeden Vorteil in sklavenhaltiger Abhängigkeit als Innkasso die Rezeptanteile einzuziehen hat.
Diese und andere Buhmannfratzen hält man bei den KKassen gerne hoch, ohne sich rechtfertigen zu müssen.
Partnerschaft im Gesundheitswesen - eine Lachnummer - seit langem herrscht offener, mit unfair und ungleichen Waffen geführter Krieg, der so richtig erst durch die maßlosen Regresse marginaler Verschreibungskriterien die praktische Apothekenarbeit zum Wohle der Patienten nachhaltig untergraben hat.

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