Themenwoche E-Rezept

E-Rezept – Was bieten „Zukunftspakt Apotheke“ und „Pro AvO“?

Stuttgart - 23.08.2019, 09:00 Uhr

Welche Lösungen bieten der Zukunftspakt Apotheke von Noweda und dem Burda-Verlag sowie die Initiative Pro AvO den Apothekern im Hinblick auf die Einführung des E-Rezepts an? Setzen sie auf eigene Lösungen oder auf die des DAV? ( r / Foto: terovesalainen / stock.adobe.com)

Welche Lösungen bieten der Zukunftspakt Apotheke von Noweda und dem Burda-Verlag sowie die Initiative Pro AvO den Apothekern im Hinblick auf die Einführung des E-Rezepts an? Setzen sie auf eigene Lösungen oder auf die des DAV? ( r / Foto: terovesalainen / stock.adobe.com)


Wer die Vor-Ort-Apotheken stärken und nicht tatenlos zusehen will, dass immer mehr Kunden in den Onlinehandel abwandern, wird sich früher oder später mit einer entscheidenden Frage beschäftigen müssen: Wie lassen sich die Rezeptumsätze im Zeitalter elektronischer Verordnungen langfristig in den Präsenzapotheken halten? Immerhin resultieren durchschnittlich 80 Prozent des Apothekenumsatzes aus ärztlich verschriebenen Arzneimitteln. Welche Lösungen bieten also der „Zukunftspakt Apotheke“ von Noweda und dem Burda-Verlag sowie die Initiative „Pro AvO“ um Sanacorp und dem Wort & Bild Verlag den Apothekern im Hinblick auf die Einführung des E-Rezepts an?

Seit der Preis- und Versandhandelsfreigabe bei OTC-Arzneimitteln im Jahr 2004 hat sich ein markanter Trend zu Lasten der Vor-Ort-Apotheken ergeben: Heutzutage befinden sich rund 18 Prozent der Umsätze im Onlinehandel. Auch verschreibungspflichtige Arzneimittel sind im Versandhandel erhältlich. Doch mit rund 1 Prozent ist der Marktanteil hier noch überschaubar. Das könnte sich zunehmend ändern, prognostizieren Ökonomen und Standesvertreter.

Mehr zur DAZ-Themenwoche E-Rezept

E-Rezept

Digitalisierung

E-Rezept

Immerhin hat 2016 der Europäische Gerichtshof entschieden, dass sich EU-Versender nicht an die Preisbindung halten müssen. Außerdem wird es für deutsche Patienten bald E-Rezepte geben. Die Einsendung von Papierrezepten an die Versandhändler wäre damit Vergangenheit. So könnte der Onlinehandel mit Rx-Arzneimitteln bald ähnliche Anreize bieten wie bei der Bestellung von OTC-Präparaten: Preisnachlässe und ein prompter Versand.

Erste Modellprojekte zum E-Rezept laufen

Dem entgegenzuwirken und bundesweit alle Apotheken auf einer Plattform zu vernetzen, ist das Ziel vom „Zukunftspakt Apotheke“ und der Initiative „Pro AvO“. Seit etwa einem Jahr bieten die Apothekergenossenschaft Noweda und der Burda-Verlag ihren mittlerweile mehr als 10.000 teilnehmenden Apotheken beim Zukunftspakt ein Omnichannel-Konzept an, zu dem neben der neuen Kundenzeitschrift „My Life“ auch eine Webshop-Plattform gehört. 

Über IhreApotheken.de können Online-Kunden die gewünschten Apothekenprodukte, vor allem OTC-Präparate, bestellen und – wenn vorrätig – direkt aus der nächstgelegenen Apotheke abholen. Andernfalls wird das gewünschte Arzneimittel bestellt und spätestens am Folgetag dem Kunden übergeben. Das Click-and-Collect-Prinzip würde sich prinzipiell auch auf die Einlösung von ärztlichen Verordnungen beziehen lassen. So sind etwa ein Drittel der Teilnehmer des „Zukunftpaktes“ zusätzlich Mitglieder bei apotheken.de, dem Apotheken-Onlineportal des Deutschen Apotheker Verlages. Zusammen mit dem Unternehmen „Teleclinic“ ist apotheken.de bekanntlich seit Anfang 2018 im baden-württembergischen E-Rezept-Modellprojekt aktiv.

Unterstützung eines einheitlichen Branchenstandards

Einen eigenen Branchenstandard möchte der „Zukunftspakt Apotheke“ mit IhreApotheken.de im Hinblick auf das E-Rezept aber nicht entwickeln. Vielmehr wolle man seine Expertise und Erfahrungen anbieten, um zu einem Branchenstandard beizutragen. „IhreApotheken.de ist so konzipiert, dass Schnittstellen zu den unterschiedlichsten Systemen, wie beispielsweise Warenwirtschaftssystemen oder auch einem potenziellen E-Rezept-Branchenstandard vorgesehen sind“, erklärt Simon Bücher von IhreApotheken.de.

Zur Initiative „Pro AvO“ zählen der Wort & Bild Verlag, der Großhändler Gehe, die Noventi-Gruppe, der Automatenhersteller BD Rowa und die Apothekergenossenschaft Sanacorp. Im DAZ-Interview kündigte Antonios Vonofakos, Vice President BD Rowa, im April an, dass man bis Ende Juni mit der Konzeptionsphase durch sein wolle. Zur Expopharm Ende September soll das Projekt aber den Apothekern dann endlich vorgestellt werden.

Unterstützung der DAV-Lösung fürs E-Rezept

Peter Menk ist Geschäftsführer von „pro AvO“ und lässt im Gespräch durchblicken, dass es eine App-Lösung geben wird, die der Logik der „Customer Journey“ folgen soll. Das bedeutet konkret: „Wir werden einen Service anbieten, den der Kunde will und braucht. Insofern liegt die Priorität auf der Akzeptanz bei den 82 Millionen deutschen Bundesbürgern. Diese sollen immer und überall in Deutschland auf eine Plattform mit allen Apotheken zugreifen können.“ Wichtigste Voraussetzung dafür sei, so Menk, ein einheitlicher Branchen-Standard für eine gemeinsame Plattform-Schnittstelle, die alle Warenwirtschaftssysteme der Apotheken untereinander vernetzt: „Wir unterstützen dabei den Deutschen Apothekerverband in seinen Bestrebungen für eine webbasierte Lösung für das E-Rezept.“

Menk plädiert dafür, dass von Anfang an mit einem offen gestalteten Ansatz gearbeitet werden sollte. Sobald das E-Rezept eingeführt ist, sollen die technologischen Entwicklungspartner dafür sorgen, dass „jede digitale Verordnung in jede teilnehmende Apotheke vor Ort geleitet wird“. Denn auch bei „pro AvO“ erwartet man deutliche Marktverschiebungen zwischen Präsenzapotheken und Versendern. „Deshalb müssen wir dafür sorgen, dass die Apotheke vor Ort genauso gut und einfach digital erreichbar ist wie reine Online-Anbieter“, sagt Menk. „Wir gehen davon aus, dass sich das Patientenverhalten recht schnell ändern wird, wenn das digitale Rezept schon vor dem Kunden auf elektronischem Weg in die Apotheke kommen kann.“ Dann würde die Convenience entscheiden – und dabei sieht die Initiative „pro AvO“ die Apotheken vor Ort klar im Vorteil.

Zukunftspakt Apotheke: keine eigene Technologie zum E-Rezept

In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass sich die „pro AvO“-Unternehmen nun auf eine Technologie einigen konnten: „Wir haben uns nach langer Analyse und Berücksichtigung von Make-or-Buy-Optionen eindeutig für Curacado entschieden“, erklärt Geschäftsführer Menk. Im vergangenen Herbst war die Mehrheit an der vom Nürnberger Apotheker Ralph König gegründeten Click & Collect-Plattform vom Wort & Bild Verlag übernommen worden. Die Curacado-Technologie soll nun also die Basis für die neue Plattform bilden. Bestehende Onlineshops und Warenwirtschaftssystem der Apotheken sollen über Schnittstellen verbunden werden können, heißt es.

Mehr zum Thema

Stand heute lässt sich also feststellen, dass weder der „Zukunftspakt Apotheke“ noch die Initiative „pro AvO“ beim Thema E-Rezept eine Technologie präferiert oder eigenständig entwickeln möchte. Viel eher soll offenbar der Branchenstandard übernommen werden, der federführend vom Deutschen Apothekerverband (DAV), dem Verband der Warenwirtschaftssystemanbieter (ADAS) sowie dem Bundesverband Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ) derzeit entwickelt wird.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.