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Apotheken-Stärkungsgesetz
Darüber muss die ABDA-Mitgliederversammlung entscheiden
Bis zum 7. Mai muss die ABDA beim Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine Stellungnahme zum geplanten Apotheken-Stärkungsgesetz abgeben. Das Vorhaben von Minister Jens Spahn (CDU) könnte viel wichtiger nicht sein: Es geht um die Rx-Preisbindung, das Apothekenhonorar, die freie Apothekenwahl und pharmazeutische Dienstleistungen. Weil es in der Apothekerschaft unterschiedliche Auffassungen dazu gibt, kommt die ABDA-Mitgliederversammlung am heutigen Donnerstag in Berlin zusammen, um über die Ausrichtung der ABDA abzustimmen. DAZ.online bietet einen Überblick über die wichtigsten Punkte.
Jens Spahn hat es eilig: Derzeit befindet sich sein Apotheken-Paket in der Ressortabstimmung. Noch im Mai soll im Bundesgesundheitsministerium (BMG) die Verbändeanhörung zum Entwurf des Apotheken-Stärkungsgesetzes stattfinden. Die betroffenen Verbandsspitzen haben dann nochmals persönlich die Möglichkeit, ihre Sichtweisen vorzutragen. Im Juni soll dann das Bundeskabinett über den Entwurf entscheiden, anschließend könnte das parlamentarische Verfahren starten. Nach einer ersten Lesung im Bundestag und einer Besprechung im Bundesrat – so der Plan – soll das Gesetzgebungsverfahren bis Januar 2020 abgeschlossen sein.
Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, insbesondere im Bundestag und im Bundesrat kann das Gesetz entscheidend verändert werden. Die Apotheker wollen diese Gelegenheit nutzen, denn sie sind mit einigen Plänen im Entwurf extrem unzufrieden. Doch dazu muss die Standesvertretung erst einmal eine gemeinsame Linie finden. Diese soll am heutigen Donnerstag in Berlin festgezurrt werden. Worum geht es bei den Beschlüssen? Wo liegt das größte Konfliktpotenzial? Ein Überblick:
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Gleichpreisigkeit: Der wichtigste und zugleich umstrittenste Plan des BMG ist die Streichung des § 78 Absatz 1 Satz 4 aus dem Arzneimittelgesetz (AMG). Der Satz war erst 2012 ins Arzneimittelgesetz eingefügt worden und enthält die Vorgabe, dass sich auch EU-Versender an die Rx-Preisbindung halten müssen. Das BMG plant, diesen Satz zu streichen und ihn durch ein Rx-Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch (SGB) V zu ersetzen. Hintergrund ist, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) den AMG-Satz 2016 für europarechtswidrig erklärt hatte. Bereits seit 2013 verlangt die EU-Kommission über ein – zwischenzeitlich ruhendes – Vertragsverletzungsverfahren die Aufhebung dieses Satzes. Anfang März ließ die Kommission dieses Verfahren wieder aufleben und setzte der Bundesrepublik eine zweimonatige Frist, die Preisbindung für EU-Versender zu streichen. Spahn will dieser Forderung nachkommen: In der Entwurfsbegründung steht derzeit sogar, dass die Bundesregierung damit ausdrücklich die Rechtsauffassung der Europäischen Kommission akzeptiert.
Die Apotheker laufen Sturm gegen dieses Vorhaben. Die Apothekenrechtsexperten Dr. Elmar Mand und Prof. Dr. Hilko J. Meyer warnen davor, dass hierdurch die gesamte Rx-Preisbindung kippen könnte. Auch in der Beschlussempfehlung der ABDA für die heutige Mitgliederversammlung wird der Erhalt des Satzes gefordert. Klar ist: Wird der AMG-Satz gestrichen, hat sich eine Neuvorlage des Sachverhaltes vor dem EuGH erledigt. Und: Ein Boni-Verbot im SGB V würde Privatversicherte nicht betreffen.
Die spannende Frage bei der heutigen Sitzung wird sich darum drehen, mit welcher Vehemenz die ABDA den Erhalt des „alten“ Rx-Boni-Verbots einfordern soll. Im Januar hatte die ABDA-Mitgliederversammlung beschlossen, zum Rx-Versandverbot als Forderung zurückzukehren, sollte die Bundesregierung keine ausreichenden Maßnahmen zum Erhalt der Gleichpreisigkeit einleiten. Mehr als die Hälfte der Kammern und Verbände hat große Sorgen, was die Streichung des AMG-Satzes betrifft. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das Rx-Versandverbot wieder ins Zentrum der Diskussion rückt. Ein anderes Lager in der Standesvertretung sieht die Vorteile, die das Gesetz mit sich brächte. Dass es aufgrund dieses Konfliktes zu Personaldiskussionen kommt, ist aber nicht wahrscheinlich – auch weil es derzeit schlichtweg keine Standesfürsten oder -fürstinnen gibt, die sich für ABDA-Spitzenpositionen interessieren.
Fest steht: Wenn die ABDA hier noch etwas bewegen will, muss sie auf die Überzeugungskraft ihrer Argumente und das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren hoffen. Denn erst vor wenigen Tagen stellte das BMG in einem Brief an die EU-Kommission klar, dass die Streichung des AMG-Satzes fest geplant ist und dass man kein Verständnis für den Widerstand der Apotheker habe.
Dienstleistungen, Impfungen, Honorar
Pharmazeutische Dienstleistungen: Das BMG will es den Apothekern erstmals ermöglichen, neue und vergütete Services anzubieten. Noch ist völlig unklar, welche das sein könnten. Aber das Konstrukt ist vorgemalt: Pro Packung soll wie beim Nacht- und Notdienstfonds ein fixer Cent-Betrag in einen Fonds abgeführt werden. Pro Dienstleistung sollen die Apotheker aus diesem Fonds dann Pauschalen erhalten. Über das genaue Konzept soll es Verträge mit den Krankenkassen geben.
Viel Konfliktpotenzial gibt es hier nicht: Auch die ABDA begrüßt das Vorhaben in ihrer Beschlussvorlage grundsätzlich, fordert aber kleinere Klarstellungen, wie etwa eine klarere Definition der Dienstleistungen. Allerdings geht es hier noch ums Geld: Das BMG plant mit 150 Millionen Euro, die die Apotheker pro Jahr für die Services bekommen sollen. Die ABDA schlägt 320 Millionen Euro vor.
Apothekenhonorar: Das BMG will das Honorar für die Abgabe von Betäubungsmittelnvon derzeit 2,91 Euro auf 4,26 Euro anheben. Außerdem ist geplant, die Notdienstpauschale zu erhöhen. Pro Packung sollen künftig 21 statt 16 Cent in den Notdienstfonds eingezahlt werden. Auch diese Vorhaben dürften die Apotheker begrüßen, in der Beschlussvorlage der ABDA gibt es keinen Widerspruch.
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BMG: Modellvorhaben für Grippeimpfungen in der Apotheke und Dauerverordnungen
Freie Apothekenwahl: Das BMG will die freie Apothekenwahl erhalten und stärken. Konkret soll es den EU-Versendern mit Blick auf das E-Rezept verboten werden, Absprachen mit Ärzten zur Weiterleitung von Rezepten zu vereinbaren. Auch das „Makeln“ von E-Rezepten soll verboten werden. Ebenfalls soll es Ärzten und Krankenkassen im SGB V verboten werden, Patienten hinsichtlich ihrer Apothekenwahl zu beeinflussen.
Auch diesen Maßnahmen dürften die Apotheker zustimmen und sie begrüßen. In der Beschlussvorlage der ABDA liest man dazu ebenfalls: „Zustimmung“. Allerdings fordert die ABDA, dass das Verbot von Beeinflussungen und Zuweisungen auch auf Dritte ausgeweitet wird.
Impfungen in Apotheken: Zur Verbesserung der Impfquote sollen Krankenkassen oder ihre Landesverbände mit Apothekern Verträge über Modellprojekte zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen vereinbaren. In den Verträgen sollen die Voraussetzungen für die Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken sowie deren Durchführung, Vergütung, Abrechnung und Dokumentation geregelt werden. Diese Modellprojekte sollen auf fünf Jahre begrenzt sein und wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden. Die Sicherheit der Patienten solle durch ärztliche Schulungen der Impfenden sichergestellt werden.
Es ist nicht ganz sicher, dass dieses Thema konfliktfrei durch die ABDA-Mitgliederversammlung geht. Viele Apotheker wollen den Schritt nicht gehen, weil sie kein Kompetenzgerangel mit den Ärzten haben wollen und auch Haftungsrisiken sehen. Die ABDA hat ihre strikte Ablehnung gegen das Impfen allerdings aufgegeben: Mit ein paar kleineren Anmerkungen stimmt die ABDA in ihrer Beschlussvorlage den Modellvorhaben zu.
Dauerverordnungen, Abgabeautomaten, Botendienste
Dauerverordnungen: Das BMG will Verordnungen einführen, die eine wiederholte Abgabe von Arzneimitteln ermöglichen. Konkret sollen Ärzte für GKV-Versicherte mit einer schwerwiegend chronischen Erkrankung Rezepte ausstellen können, auf die bis zu drei Mal ein Arzneimittel abgegeben werden kann. Das soll die Ärzteschaft entlasten, heißt es. Für wen dies infrage kommt, soll der Entscheidung der Ärzte obliegen.
Von dieser Maßnahme würden insbesondere Chroniker profitieren. Dass die Apotheker dem Plan zustimmen, ist wahrscheinlich. Auch die ABDA begrüßt diesen Punkt grundsätzlich. Die Standesvertretung merkt allerdings an, dass sich solche Dauerverordnungen nicht nur auf Chroniker-Rezepte beziehen sollten.
„Lex Hüffenhardt“: Das BMG reagiert auf die Vorkommnisse mit dem DocMorris-Arzneimittelautomaten in Hüffenhardt und will solche Modelle künftig verbieten. Konkret soll die Abgabe von Arzneimitteln mittels automatisierter Ausgabestation unzulässig sein, „soweit die Ausgabestation nicht unmittelbar mit den Apothekenbetriebsräumen verbunden ist und nicht ausschließlich der Abholung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln dient, die zuvor bei der Apotheke bestellt wurden und zu denen eine Beratung bereits stattgefunden hat“. Video-Beratungen sollen erlaubt sein, allerdings nur aus der Apotheke.
Hier könnte es Diskussionsbedarf zwischen den Kammern und Verbänden und der ABDA geben. Denn die ABDA will das geplante Verbot automatisierter Ausgabestationen ausdehnen. Demnach soll die Abgabe über Abholfächer uneingeschränkt verboten werden. Ob alle Apotheker diesem grundsätzlichen Verbot zustimmen, ist ungewiss.
Was passiert mit der Länderliste?
Länderliste: Das BMG will die sogenannte „Länderliste“ streichen. Damit würde eine wichtige Bekanntmachung des Ministeriums wegfallen, die auflistet, welche EU-Länder über mit deutschem Recht vergleichbare Sicherheitsstandards für den Arzneimittelversand verfügen. Als Ersatz verweist das BMG auf das gemeinsame europäische Versandhandelslogo.
Wie bei der Gleichpreisigkeit droht hier ein größerer Konflikt. Die ABDA schlägt nämlich vor, die Löschung der Länderliste offiziell zu akzeptieren. Mehrere Kammern und Verbände werden hier Widerspruch einlegen und den Erhalt der Länderliste als Positionierung einfordern.
Botendienste: Erstmals will das BMG die Apotheken-Botendienste gesetzlich verankern und regeln. Er wird legal definiert als „Zustellung durch Boten der Apotheke“. Hierunter ist laut Begründung die Zustellung durch Personal der Apotheke oder auch externes Personal, das der Weisungshoheit der Apothekenleitung untersteht, zu verstehen. Zudem wird die Begrenzung des Botendienstes auf den Einzelfall aufgegeben. Künftig soll der Botendienst auf Kundenwunsch grundsätzlich zulässig sein. Es wird auch klargestellt, dass die Zustellung von Rx-Arzneimitteln durch pharmazeutisches Personal erfolgen muss, wenn die Beratung nicht zuvor in der Apotheke stattgefunden hat. Alternativ kann auch im Wege der Telekommunikation aus der Apotheke beraten werden. Geregelt wird auch, dass die Verordnung für ein Rx-Arzneimittel bei der Botendienstzustellung spätestens bei der Aushändigung des Arzneimittels übergeben werden muss. Dies ist anders als beim Versandhandel, wo die Verschreibung vor der Versendung des Arzneimittels vorliegen muss.
Dazu sieht die Beschlussvorlage der ABDA vor, dass der Bote zum Personal der Apotheke gehören muss. Außerdem soll klargestellt werden, dass auch OTC-Arzneimittel durch pharmazeutisches Personal ausgeliefert werden müssen, wenn noch keine Beratung stattgefunden hat. Diese Vorschläge der ABDA dürften auf Zustimmung in der Mitgliederversammlung treffen. Allerdings ist bei diesem Thema „Musik“ drin, Überraschungen sind durchaus möglich.
2 Kommentare
Abdaversammlung
von Conny am 02.05.2019 um 8:48 Uhr
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ABDA am Ende ... MV überfordert ... und zur Rose setzt den Zeitrahmen ...
von Christian Timme am 02.05.2019 um 8:31 Uhr
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