Beratungs-Quickie

Was tun bei Nasenbluten?

Stuttgart - 01.03.2018, 17:00 Uhr

Bei Nasenbluten Kopf nach vorne beugen, Nasenflügel komprimieren und kein Blut schlucken. (Foto: Jan H. Andersen / stock.adobe.com)

Bei Nasenbluten Kopf nach vorne beugen, Nasenflügel komprimieren und kein Blut schlucken. (Foto: Jan H. Andersen / stock.adobe.com)


Der DAZ.online-Beratungs-Quickie gibt Tipps für den Apothekenalltag – diese Woche zum Thema Nasenbluten. Betroffene könnte die Suche nach einem Papiertaschentuch durchaus in eine Apotheke führen. Doch was kann man dem Kunden außer Taschentüchern mit auf den Weg geben? Eine deutsche Leitlinie für die Behandlung von Nasenbluten gibt es nicht. Das Deutsche Ärzteblatt hat sich deshalb intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt.

Nicht weiter dramatisch – so gut wie jeder hatte wohl schon einmal in seinem Leben Nasenbluten. Die Lebenszeitprävalenz wird auf 60 Prozent geschätzt. Nur sechs bis zehn Prozent suchen aufgrund von Nasenbluten einen Arzt auf. In Notfallambulanzen wurden im Jahr 2015 fast 20.000 Menschen stationär wegen einer Epistaxis (Nasenbluten) behandelt. Die Mehrheit davon war über 65 Jahre alt, im Durchschnitt konnte die Klinik nach dreieinhalb Tagen wieder verlassen werden.

Wie eine Epistaxis  behandelt werden sollte ist nicht einheitlich geregelt. Wer ist überhaupt der richtige Ansprechpartner? Selbstbehandlung, Hausarzt, Notarzt oder HNO-Facharzt? Laut dem Deutschen Ärzteblatt basiert die Evidenzlage in Deutschland überwiegend auf retrospektiven Analysen und Expertenmeinungen. Einheitliche Leitlinien und epidemiologische Studien wären also wünschenswert, bis dahin versucht die Übersichtsarbeit im Ärzteblatt diese Lücke zu füllen: Sie wurde mit Hilfe einer selektiven Literaturrecherche in PubMed unter Einbeziehung der klinischen Erfahrung der Autoren erstellt. 

In 90 bis 95 Prozent der Fälle tritt Nasenbluten anterior im Locus Kieselbachi auf.

Mit Nasenbluten ins Krankenhaus?

Schweres oder rezidivierendes Nasenbluten, kann unter bestimmten Umständen lebensbedrohlich sein. Eine Notfallambulanz muss jedoch nur ein kleiner Teil der Betroffenen aufsuchen. Meist sistiert das Nasenbluten spontan. Nur bei wiederkehrendem oder schwerem Nasenbluten leiten Haus- oder Notarzt den Patienten zu einem HNO-Facharzt oder in eine Notfallambulanz weiter.

Nasenflügelkompression, Blutdrucksenker und Nasensprays

Was kann der Patient zu Hause oder in der Apotheke bei Nasenbluten selbst (mit Hilfe) tun? An erster Stelle steht die Nasenflügelkompression (bidigital oder mit Nasenklammer, kontinuierlich über 15 bis 20 Minuten), gemeinsam mit der Anwendung einer Eiskrawatte (Nutzen wird in Frage gestellt) im aufrechten Sitzen (leicht vorgebeugt). Blut im Mund sollte ausgespuckt werden. Der Blutdruck kann auch in der Apotheke oder vom Patienten selbst gemessen werden. Erscheint eine Blutdrucksenkung notwendig, sollte an den Arzt verwiesen werden. Ein Oxymetazolin-haltiges Nasenspray kann appliziert werden.

Wer hilft, sollte grundsätzlich immer zunächst an den Eigenschutz denken (z.B. Handschuhe), um Blutkontakt zu vermeiden. Maßnahmen wie Nasenflügelkompression sind nur sinnvoll, wenn der Patient auch kreislaufstabil ist (sonst Notarzt und Volumensubstitution). Sistiert die Blutung durch die oben genannten Maßnahmen, sollte der Patient noch 30 Minuten überwacht werden. Tritt keine erneute Blutung auf, gilt für die nächsten sieben bis zehn Tage ein „Schnäuzverbot“. Eine antiseptische Nasensalbe kann zur Nachsorge und Pflege der Nasenschleimhaut empfohlen werden.

Wenn sich die Blutung nicht stillen lässt

Tritt eine erneute Blutung auf, oder lässt sie sich gar nicht erst stoppen, muss ein HNO-Facharzt akut hinzugezogen werden. Kann dort die Blutungsquelle identifiziert werden und liegt sie im vorderen Nasenabschnitt, kann die Blutung mittels Elektrokoagulation oder chemisch mittels Silbernitrat gestillt werden. Gegebenenfalls kann hämostatische Wundgaze zum Einsatz kommen. Anschließend gilt wieder ein „Schnäuzverbot“ und die Nasenschleimhaut sollte gepflegt werden.

Ist die Blutungsquelle nicht identifizierbar und/oder im hinteren Nasenabschnitt lokalisiert, kommen Tamponaden zum Einsatz und der Patient wird an eine HNO-Fachklinik überwiesen. Ist der Patient nicht kreislaufstabil, sollte er (direkt) via Notfalltransport in eine HNO-Fachklinik gebracht werden und der Volumenverlust substituiert werden. Sistiert die Blutung schließlich, kann die Tamponade nach 48 Stunden entfernt werden. (Die wichtigsten Tamponadenmaterialien in Deutschland sind Gummifingerlingstamponaden, aufquellende Schaumstofftamponaden und Salbenstreifen). Gegebenenfalls ist eine Antibiose angezeigt. Tritt innerhalb der nächsten 24 Stunden keine neue Blutung auf, kann der Patient entlassen werden (Schnäuzverbot).

Hält die Blutung in der Fachklinik an, kommt ein operativer Eingriff infrage, sofern der Patient narkosefähig ist. Hält die Blutung noch weiter an, oder ist der Patient nicht narkosefähig, gilt die perkutane Embolisation als letzte Maßnahme (laut Experten, soll eine Antikoagulations-Therapie dazu nicht verändert werden).

Was gibt es bei Kindern zu beachten?

Eine französische Leitlinie beschäftigt sich speziell mit der Behandlung von Nasenbluten bei Kindern. Bei persistierender Blutung, sollte die chemische Kauterisation (Silbernitrat-Ätzstift) durch den Arzt einer elektrischen vorgezogen werden, weil diese schmerzhafter ist und einer Vollnarkose bedarf. In leichteren Fällen wird neben der Entfernung von Koageln, der bidigitalen Kompression, ab dem 6. Lebensjahr auch eine mögliche Applikation eines Lokalanästhetikums und eines Vasokonstringens, sowie eine antispetische Wundsalbe empfohlen.

Welche Arzneimittel erhöhen das Risiko für Nasenbluten?

Wenn der Patient der Apotheke bekannt ist, kann schnell abgeschätzt werden, ob besser ein Arzt aufgesucht werden sollte. Sind in der Kundenkarte nämlich Blutgerinnungshemmer (wie Phenprocoumon, Dabigatran, Rivaroxaban, Fondaparinux, Clopidogrel oder Acetylsalicylsäure) gelistet, wird sich die Blutung wahrscheinlich nicht so schnell stillen lassen und ein Arztbesuch ist ratsam. Aber auch andere Medikamente sind mit einem erhöhten Risiko für Nasenbluten assoziiert: Glucocorticoid-Nasensprays und Phosphodiesterase-5-Inhibitoren (häufige UAW von Sildenafil).

Was tun bei Nasenbluten unter Antikoagulation?

Seit 2016 gibt es in Frankreich eine Leitlinie, die das Management von Epistaxis unter antithrombotischer Therapie behandelt. Grundsätzlich sei demnach eine Antikoagulation fortzuführen, wenn die Blutung gestoppt oder kontrolliert werden kann. Eine Anpassung der Medikation ist zu überlegen, wenn eine Überdosierung vorliegt oder das Nasenbluten massiv und nicht stillbar auftritt – es sollte eine Rücksprache mit einem Hämatologen und Kardiologen erfolgen.

Das Absetzen von Plättchenaggregationshemmern ist im Akutfall nicht sinnvoll, weil sich die Wirkung erst nach 10 Tagen zeigen würde. Ist das Nasenbluten jedoch nicht stillbar, kann der Arzt die Medikation absetzen und gleichzeitig Thrombozyten-Transfusionen verabreichen.

Vitamin-K-Antagonisten sollten nur abgesetzt werden, wenn die Blutung unkontrollierbar ist, dann wird auch das Antidot gegeben. Bei Überdosierung sollte zunächst (solange Blutung kontrollierbar) die Dosierung geändert werden.

Die Einnahme von direkten oralen Antikoagulantien sollte nur nach kardiologischer Rücksprache pausiert werden. Lässt sich die Blutung nicht kontrollieren, ist aktuell nur für Dabigatran ein effektives Antidot verfügbar (Idarucizumab beziehungsweise Praxbind®).

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Vorsorge und Nachsorge

Die häufigste Ursache von Epistaxis ist ein Trauma durch digitale Manipulation, und kann somit vom Patienten selbst vermieden werden. Im Ärzteblatt wird zur Rezidivprophylaxe eine intensive Nasenschleimhautpflege mit antiseptischer Nasensalbe empfohlen. Dabei beruft es sich auf eine Studie aus dem Jahr 2001, die bei Kindern, mit rezidivierender Epistaxis, die Therapie mit antiseptischer Salbe für vier Wochen mit einem abwartenden Vorgehen verglich. Wie die Salbe zusammengesetzt sein sollte, wird im Ärzteblatt nicht erwähnt.

Um einem Rezidiv vorzubeugen, sollte die Nase für sieben bis zehn Tage nicht heftig geschnäuzt werden (Schnäuzverbot). Ansonsten muss der Patient sich körperlich nicht besonders schonen (keine Bettruhe).

Antiseptische Nasensalben aus der Apotheke?

Wenn es gilt, eine Wunde zu desinfizieren, hält jede Apotheke entsprechende Desinfektionsmittel griffbereit. Aber hat auch jede Apotheke antiseptische Nasensalben vorrätig? 

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Gibt es überhaupt nicht-rezeptpflichtige antiseptische Nasensalben, die man dem Patienten zur Nachsorge von Nasenbluten aus der Apotheke mitgeben kann?

Die Firma Schülke & Mayr GmbH vertreibt Octenisan® md Nasengel als Medizinprodukt. Als Anwendungsgebiet ist auf der Firmenhomepage zu lesen: „Zur Befeuchtung und Dekontamination der Nasenvorhöfe durch physikalische Reinigung und zur unterstützenden Wundbehandlung bei Läsionen des Nasenepithels.“ Es ist nur zur Anwendung in den Nasenvorhöfen bestimmt. Octenidindihydrochlorid ist enthalten, in welcher Konzentration ist jedoch nicht ersichtlich. Das Gel soll durch „Wiederherstellung der physiologischen Schutz- und Reinigungsfunkion zu einer effektiven MRE-Dekontamination“ beitragen (MRE = Multiresistente Erreger).

Ein weiteres Medizinprodukt vertreibt die Firma Braun: Prontoderm® Nasal Gel.  Im EG-Sicherheitsdatenblatt gemäß Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 wird der Verwendungszweck wie folgt angegeben: „Zur Nasen-Dekolonisation einschließlich MDRO (MRE) durch physikalische Reinigung [MDRO: Multi-Drug-Resistant-Organisms].“ Der Wirkstoff Polyhexanid wird mit einem Anteil 0,1 - < 0,25 % gelistet.

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Welche Antiseptika eignen sich für welche Zwecke?

Mikrobizid, fungizid, viruzid

Verordnungsfähigkeit von Antiseptika und Desinfektionsmitteln

Oft verwendet, kaum verordnet

Produkte, die mit dem Thema Nasenbluten beworben werden

Speziell mit dem Anwendungsgebiet „Nasenbluten“ wirbt die Med Pharma Service GmbH für ihr Medizinprodukt Stryphnasal® N Nasenstifte. Die „Nasenstifte“ sollen die Blutung durch Druck mechanisch stillen. Anders als beispielsweise bei einem Stück Papiertaschentuch, schmilzt das in den Nasenstiften enthaltene Hartfett in der Nase, wodurch beim Herausnehmen, der Wunderverschluss geschont werden soll. Außerdem zählen zu den Inhaltsstoffen die Adstringentien basisches Bismutgallat und Tannin.

Die Kwizda Pharma GmbH aus Österreich bietet ein Medizinprodukt mit dem Namen Erste Hilfe bei Nasenbluten an.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Nasenbluten

von Alexander Zeitler am 01.03.2018 um 20:15 Uhr

Als Vater eines des öfteren betrroffenen Schulkindes, war beim Abholen des Sohnes vom Unterricht gerade eine "MitMutter Ärztin" Im Einsatz beim Sohn. Sie hat sich um ihn gekümmert: Tempos hatten sie schon, ich hatte- wie immer- ein Olynth Spray in der Tasche. Tempo mit Olynth tränken. diesen Propf vorsichtig in die Nase. Und alles war gut für diesen und die nächsten Tage.
Seither meine Erstempfehlung und ansonten zum HNO Arzt

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