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Antisepsis

Mikrobizid, fungizid, viruzid

Welche Antiseptika eignen sich für welche Zwecke?

Antiseptika sollen uns vor Infektionen und Krankheiten schützen. Doch wenn sie falsch angewendet werden, können sie auch schaden oder sogar ernsthafte Komplikationen hervorrufen. Bei den Mitteln zur Händedesinfektion ist die Auswahl größer als bei den Wundantiseptika, bei denen außerdem wichtige Kontraindikationen zu beachten sind. Nicht alles, was zugelassen ist, eignet sich zur Prophylaxe bzw. zur Therapie. | Von Denise Häschke und Ralf Stahlmann 

Mit der Entdeckung von Krankheitserregern gelang nicht nur ein bedeutender, medizinischer Fortschritt, sondern es reifte auch das Bewusstsein für Hygiene. Begriffe wie Sterilisation, Desinfektion und Antisepsis wurden zum festen Bestandteil des medizinischen Alltags. Insbesondere die Antisepsis, die Vernichtung von Krankheitserregern an lebenden Geweben z. B. durch Desinfektionsmaßnahmen, führte in der Chirurgie zu einer besseren Wundversorgung und minimierte das Risiko für Infektionen. Eine Asepsis ist auf Körperoberflächen praktisch nicht zu erreichen, da die Haut bzw. Schleimhaut nicht sterilisiert, sondern nur desinfiziert werden kann.

Im Gegensatz zur Sterilisation, bei der alle Keime erfasst werden sollen, stellt die Desinfektion eine selektive Maßnahme dar, die die Keimzahl so sehr reduzieren soll, dass keine Infektion mehr erfolgen kann. Besonders wichtig ist dabei die Desinfektion der Hände.

In der Wundversorgung werden Antiseptika hauptsächlich zur Reinigung traumatischer bzw. infizierter Wunden eingesetzt, um die Entstehung einer Sepsis zu verhindern und den Wundheilungsprozess zu fördern.

Wirkungsbereich ausschlaggebend

Heutzutage stehen unzählige Präparate mit einer begrenzten Anzahl an Wirkstoffen zur Verfügung, um Erreger zu inaktivieren oder abzutöten. Für die richtige Anwendung ist vor allem ihr Wirkungsbereich (Wirkungsspektrum) entscheidend. Man unterscheidet die Wirksamkeit

  • gegen verschiedene Erregergruppen wie Bakterien (bakterizid), Pilze (fungizid) oder Viren (viruzid),
  • gegen ihre Subgruppen (z. B. Hefen, Schimmelpilze, behüllte Viren, unbehüllte Viren) oder
  • gegen einzelne Erreger (z. B. Mycobacterium tuberculosis).

Im Idealfall ist der Wirkungsbereich besonders groß und umfasst nahezu alle Erregerarten. Allerdings ist kein Wirkstoff zugelassen, der jeden bekannten Krankheitserreger auf der Körperoberfläche abtöten bzw. inaktivieren kann.

Als bakterizid werden Substanzen bezeichnet, die gegen alle vegetativen Bakterien wirksam sind. Eingeschlossen sind damit auch wichtige Erreger wie Meningokokken, Salmonellen, MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) und Mycobacterium tuberculosis. Problematisch ist die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegen Bakteriensporen (widerstandsfähige Dauerformen von Bakterien). Vor allem Clostridium difficile, das mittlerweile zu den häufigsten Verursachern von nosokomialen Infektionen gehört, ist mit seiner Fähigkeit zur Bildung aerotoleranter Sporen nur schwer zu eliminieren. Alkohole sind gegen Sporen nicht wirksam. Bis heute steht kein zugelassenes sporozides Desinfektionsmittel für die Haut zur Verfügung.

Die Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegen Pilze kann differenziert betrachtet werden. Fungizide wirken gegen ­alle Pilze und Pilzsporen (z. B. Schimmelpilze), wohingegen Mittel, die als levurozid bezeichnet werden, nur Hefepilze (z. B. Candida albicans) abtöten können.

Bezüglich Viren wird die Wirksamkeit mit den Begriffen „begrenzt viruzid“ oder „viruzid“ beschrieben [1]. Als begrenzt viruzid werden Mittel bezeichnet, die nur gegen behüllte Viren (z. B. HIV, HBV, HCV) wirksam sind. Kann ein Desinfektionsmittel sowohl behüllte als auch unbehüllte Viren (z. B. Adeno- und Papillomaviren) inaktivieren, dann ist es viruzid. Diese Einteilung wird in Zukunft durch eine neue Kategorie „begrenzt viruzid PLUS“ erweitert, wie das RKI im März 2017 mitteilte [2]. Sie beschreibt die Wirksamkeit gegen behüllte Viren und zusätzlich gegen Adeno-, Noro- und Rotaviren. Die neue Kategorie war vor allem wegen der Zunahme von Norovirus-Ausbrüchen notwendig geworden.

Prinzipiell sollte immer in Abhängigkeit vom Anwendungsbereich entschieden werden, welches Wirkungsspektrum das Desinfektionsmittel aufweisen soll. Zudem sollen bei der Auswahl die Umweltbelastung und die Verträglichkeit berücksichtigt werden. Ein abgestuftes, zielgerichtetes Vorgehen verbindet eine sachgerechte, angemessene Desinfektion mit der Vermeidung unerwünschter Wirkungen.

Alkohole zur Händedesinfektion

Die Desinfektion der Hände ist in medizinischen Bereichen unerlässlich. Bei der hygienischen Händedesinfektion soll die transiente (nicht zur eigenen Flora gehörende) Hautflora reduziert werden, wohingegen die chirurgische Händedesinfektion eine Reduktion der residenten Flora anstrebt, die in der Regel keine Viren enthält. Für die hygienische Händedesinfektion sind daher nur wenige Wirkstoffe bzw. Prä­parate geeignet, die sowohl eine viruzide Wirksamkeit gewährleisten als auch den hohen Anforderungen an die Hautverträglichkeit entsprechen. Hier stehen hauptsächlich Alkohole zur Auswahl (z. B. Ethanol, Isopropanol, n-Propanol, Benzylalkohol). Ihre Wirkung basiert auf der Denaturierung von Proteinen. Vorteile der Alkohole sind die gute Wasser­löslichkeit, die schnelle Abtrocknung, das breite Wirkungsspektrum und die günstigen pharmakologisch-toxikologischen Eigenschaften. Jedoch sind sie nur in hohen Konzen­trationen und bedingt gegen Viren wirksam. Unerwünschte Wirkungen stellen überwiegend Hautreizungen in Form von Austrocknung dar. Auch können die in einigen Produkten enthaltenen Zusätze wie Duftstoffe oder rückfettende Sub­stanzen Allergien auslösen.

Geeignete Händedesinfektionsmittel sind u. a. in der Des­infektionsmittel-Liste des Robert Koch-Instituts zu finden (Tab. 1) [3, 4]. Diese enthält Produkte, die vom RKI auf Wirksamkeit und vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie vom Umweltbundesamt (UBA) auf Unbedenklichkeit für Gesundheit und Umwelt geprüft wurden. Bei behördlich angeordneten Entseuchungen dürfen nur Mittel verwendet werden, die in diese Liste aufgenommen worden sind. Die Desinfektionsmittel-Kommis­sion des Verbundes für Angewandte Hygiene (VAH) gibt dagegen eine Desinfektionsmittel-Liste heraus, die auf die routinemäßige Desinfektion im humanmedizinischen Bereich ausgerichtet ist. Aufgrund anderer Prüfmethoden und Bewertungskriterien unterscheidet sie sich in einigen Aspekten von der Liste des RKI [5].


Tab. 1: Alkoholische Händedesinfektionsmittel mit mikrobizider und fungizider Wirkung, jedoch Unterschieden bezüglich der Viruzidität (nach Robert Koch-Institut [3, 4]).
Handelsname
nicht viruzid
begrenzt viruzid
viruzid
Aseptoman®
X
Aseptoman® viral
X
Descoderm®
X
Desderman® pure
X
Hospisept
X
Manorapid® Synergy
X
Promanum® pure
X
Saraya® Haut- und Handdesinfektion
X
Sensiva Hände­desinfektion
X
Skinman® complete (pure)
X
Skinman® clear/soft
X
Softa-Man®
X
Softa-Man® acute
X
Sterilium® (classic pure/med)
X
Sterilium® virugard
X
Virusept® Monorapid Synergy
X

Generell sind die Hersteller nicht verpflichtet, ihre Produkte in die Desinfektionsmittel-Listen eintragen zu lassen. Auch steht es jedem Anwender frei, welches Mittel er zur Desinfektion verwendet. Die gelisteten Produkte weisen eine hohe Effektivität auf. Wer sie täglich mehrfach anwendet, sollte beachten, dass für sie zum Teil höhere Konzentrationen und/oder Einwirkzeiten angegeben werden, als in der Regel nötig sind, da auch resistentere Erreger wie Mykobakterien oder bestimmte Virusarten in die Prüfungen eingeschlossen sind. Befolgt man diese Angaben, sind meist Nebenwirkungen wie eine gereizte, trockene Haut die Folge und können zum Rückgang der Compliance führen. Bei häufiger Anwendung von Händedesinfektionsmitteln sollte stets auf eine ausreichende Hautpflege geachtet werden, die jedoch nicht die Wirksamkeit der Desinfektionsmittel beeinträchtigen darf.

Mittel zur Wunddesinfektion

Grundsätzlich muss nicht jede Wunde desinfiziert werden. Eine geringgradige mikrobielle Kontamination ist praktisch der Regelfall und meist unproblematisch für den Wundheilungsverlauf. Zudem kann der übermäßige Einsatz von Antiseptika zu Wundheilungsstörungen führen. Lokal begrenzte Infektionen einer Wunde sollten dagegen mit einem ge­eigneten Wunddesinfektionsmittel behandelt werden. Bei Wundinfektionen mit beginnenden Allgemeinsymptomen sind systemische Antiinfektiva gegebenenfalls in Kombination mit Antiseptika angezeigt.

Zur Desinfektion von Wunden stehen weitaus weniger Produkte zur Verfügung als zur Desinfektion der Haut, denn nur wenige Präparate werden den hohen Anforderungen der Wundverträglichkeit gerecht. Zudem müssen sie sich durch sichere Breitspektrumwirkung, raschen Wirkungseintritt, Wirksamkeit bei organischen Belastungen sowie fehlende Resistenzentwicklung auszeichnen. Im Idealfall weisen sie weder resorptive Risiken noch allergenes Potenzial auf. Wirkstoffe, die diese Anforderungen erfüllen und daher zur antiseptischen Behandlung von Wunden geeignet sind, sind in Tabelle 2 aufgeführt [6, 7].


Tab. 2: Merkmale geeigneter Wunddesinfektionsmittel (nach [5, 6]). Strukturformeln in Abb. 1.
Wirkstoff
– Produkte (Beispiele)
Eigenschaften, Anwendung, Vorteile
Nebenwirkungen, Nachteile
Octenidin
  • Octenisept®
  • Octeniderm®
  • Octenilin®
  • mikrobizid, fungizid und begrenzt viruzid
  • nach Traumata
  • für kolonisierte bzw. infizierte Wunden
  • schnell und anhaltend wirksam
  • keine Resorption
  • aseptische phlegmonös-ödematöse Druck­nekrosen bei Einbringen unter Druck ins Gewebe sowie bei Spülung tiefer Perforationswunden
  • selten: Brennen, Rötung, Juckreiz, Wärmegefühl
  • sehr selten: Kontaktallergie
Povidon-Iod
  • Braunol®
  • Betaisodona®
  • Polysept®
  • mikrobizid, fungizid und begrenzt viruzid, ebenfalls gegen Protozoen wirksam, bei längerer Einwirkzeit (2 – 24 h) auch sporozid
  • nach Traumata
  • für kolonisierte bzw. infizierte Wunden
  • vielfältige Applikationsformen, z. B. Spülung von tiefen Wunden, perioperative Antiseptik, Augenantiseptik (Mittel der 1. Wahl)
  • zur Infektionsprophylaxe (HIV, HBV, HCV) bei akzidenziellen Stich- und Schnittverletzungen (Mittel der 1. Wahl, in Kombination mit Alkohol)
  • nur für kurzzeitige, eher kleinflächige Anwendung
  • perkutane Resorption
  • Kontaktsensibilisierung und Hautirritationen möglich
  • Eiweißfehler (durch Entfärbung sichtbar)
  • Färbung
Polihexanid
  • Prontosan®
  • Serasept®
  • Lavanid®
  • mikrobizid und fungizid
  • bei Brandwunden und schlecht heilenden, chronischen Wunden
  • sehr gut gewebeverträglich
  • kein Eiweißfehler
  • lange Einwirkzeit (mind. 10 – 15 min)
  • eingeschränktes Wirkungsspektrum, nicht viruzid
  • verwirrende Produktvielfalt aufgrund vieler unterschiedlicher Konzentrationen und Rezepturen

Für die kurzzeitige Anwendung auf mikrobiell kontaminierten oder infizierten Wunden haben sich insbesondere die Wirkstoffe Octenidindihydrochlorid (Octenisept®, Generika) und Povidon-Iod (Braunol®, Generika) bewährt. Dagegen wird Polihexanid (Prontosan®, Generika) vor allem bei chronischen, schlecht heilenden Wunden eingesetzt (Abb. 1).

Abb. 1: Strukturformeln nicht-alkoholischer Antiseptika, insbesondere zur Wunddesinfektion und perioperativen Antisepsis.

Zahlreiche alkoholische Desinfizienzien und eiweißfällende Mittel, die früher weit verbreitet waren, sind heute obsolet, da sie bei längerem Einsatz die Wundheilung stören und damit zur Chronifizierung führen. Weitere Substanzen sollten aufgrund fehlender Wirkungsnachweise, ihrer Toxizität oder ihres hohen Allergiepotenzials nicht mehr für die antiseptische Behandlung von Wunden eingesetzt werden (Tab. 3) [8].


Tab. 3: Negativliste von Stoffen zur Wundbehandlung (modifiziert nach [8]).
Stoffgruppe
Stoffe
Farbstoffe
Kristallviolett-Lösung, Brillantgrün-Lösung
Quecksilberhaltige Lösungen
Mercurochrom, Sublimat
Rezepturstoffe
Borsäure, ethanolhaltige Iod-­Lösung DAB, Kaliumpermanganat, Perubalsam, Silbernitrat
Lebensmittel, Bedarfsgegenstände
Honig, Zucker, Salz, Zahnpasta, Heilerde, Teebaumöl
Antibiotika
alle (betr. die lokale Anwendung)

Octenidin

Octenidin ist eine kationische Verbindung und kommt als Chlorid in den Handel. Es wird entweder allein oder zur Wirkverstärkung in Kombination mit Phenoxyethanol eingesetzt. Die Wirkung beruht auf der Wechselwirkung des Kations mit den negativen Ladungen von Zellwand- und Zellmembranbestandteilen der Mikroorganismen. Wegen des raschen Wirkungseintritts, der nachhaltigen Wirksamkeit, der fehlenden Resorption und des sehr breiten Wirkungsspektrums ist Octenidin/Phenoxyethanol ein beliebtes und häufig verwendetes Wunddesinfektionsmittel im klinischen Bereich. Allerdings ist Octenidin nur zur oberflächlichen Anwendung (tupfen oder sprühen) bestimmt. Spülungen von tiefen Wunden, der Bauchhöhle (z. B. intraoperativ) und der Harnblase sowie die Anwendung am Trommelfell sind kontraindiziert [9], denn sie können persistierende Ödeme, Erytheme und Gewebsnekrosen hervorrufen, die zum Teil eine chirurgische Revision erfordern. Dass dieser Hinweis nicht oft genug wiederholt werden kann, zeigen die zahlreichen Einträge in der UAW-Datenbank des BfArM. Trotz dreier Rote-Hand-Briefe, die zwischen 2008 und 2011 versendet wurden, kommt es immer wieder vor, dass Octenidin nicht bestimmungsgemäß angewendet wird [10 – 12]. Welche katastrophalen Auswirkungen eine solche Fehlanwendung haben kann, demonstriert der folgende Fall:

Die Octenidin-Behandlung eines zehnjährigen Mädchens, das in einen langen, rostigen Nagel getreten war, führte zu einer anhaltenden, therapeutisch kaum beeinflussbaren Schwellung sowie Rötung der Perforationswunde am Fuß. Letztendlich musste die Muskulatur des Fußgewölbes großzügig reseziert werden, wodurch mit einem bleibenden Schaden am Fuß zu rechnen ist [13].

Povidon-Iod

Im Gegensatz zu Octenidin ist Povidon-Iod (Polyvinylpyrrolidon-Iod-Komplex, PVP-Iod) auch zur kurzfristigen Spülung von tiefen Wunden und Körperhöhlen geeignet. Seine Gewebeverträglichkeit ist besser als die von Chlorhexidin oder Octenidin/Phenoxyethanol und wird derzeitig nur von Polihexanid oder Taurolidin übertroffen [6, 14, 15]. Die sehr breite und rasche Wirksamkeit von Povidon-Iod gegen unterschiedliche Erregerarten beruht auf der Freisetzung von elementarem Iod. Als starkes Oxidationsmittel reagiert Iod mit den Oberflächenstrukturen der Erreger, hemmt dadurch ihr Wachstum und tötet sie. Jedoch wird das Halogen perkutan resorbiert – vor allem bei Wunden – und kann dann systemische Effekte hervorrufen. Dazu zählen Unverträglichkeiten, Veränderungen der Schilddrüsenfunktion, metabolische Azidosen, Niereninsuffizienz und Ablagerungen von PVP im retikulohistiozytären System der Leber. Auch die Entwicklung einer „Iod-Allergie“ ist möglich, wenn auch unwahrscheinlich. Häufiger treten Hautirritationen jeglicher Art (meist erythematös-pustulöse Reaktionen) auf.

Kontraindikationen von Povidon-Iod bestehen daher bei Hyperthyreose, Dermatitis herpetiformis Duhring, Überempfindlichkeit gegen Iod sowie vor und nach einer Radioiod­therapie. Die gleichzeitige Anwendung von Povidon-Iod und Octenidin auf dem gleichen oder angrenzenden Hautareal ist unbedingt zu vermeiden, weil sich die Haut dann intensiv braun bis violett verfärbt. Das Gleiche gilt für die Kombina­tion mit proteolytischen Enzymen, Wasserstoffperoxid, Taurolidin, Silber, Alkalien sowie Reduktionsmitteln [6, 16].

Polihexanid

Polihexanid ist ein polymeres Biguanidohexan, das ursprünglich als Flächendesinfektionsmittel und Konservierungsmittel eingesetzt wurde. Es weist ein breites mikrobizides Wirkungsspektrum auf, das auch bei Anwesenheit von Proteinen nicht gemindert wird (kein Eiweißfehler). Seine Wirksamkeit basiert ähnlich wie bei Chlorhexidin und Octenidin auf Wechselwirkungen mit Zellwand- und Zellmem­branbestandteilen der Erreger, es besitzt jedoch eine höhere Selektivität [17]. Aufgrund seiner guten Gewebeverträglichkeit und Wundheilungsförderung ist Polihexanid das Mittel der ersten Wahl für schlecht heilende, chronische Wunden sowie sehr empfindliche Wunden (z. B. Verbrennungs­wunden) [6, 18 – 21]. Aber auch für akute, infizierte Wunden, als feuchter Wundverband und zur längeren Spülung ist Polihexanid geeignet. Zudem kann es unter (semi-)okklusiven Verbänden angewendet werden [6]. Mögliche Nebenwirkungen können Überempfindlichkeitsreaktionen wie Urtikaria und Exantheme sein.

Polihexanid darf wegen seiner Knorpeltoxizität nicht zur ­antiseptischen Gelenkspülung angewendet werden. Weitere Kontraindikationen gelten z. B. für Allergien auf den Wirkstoff oder die weiteren Inhaltsstoffe der Zubereitungen. Die Kombination mit anionischen Tensiden (z. B. Seife, Natriumlaurethsulfat), Ringerlösung, Mikrofiltern aus Cellulose­acetat, Iod-Präparaten, wundheilenden Salben, Ölen, Enzymen usw. ist ebenfalls zu vermeiden [7, 22].

Taurolidin

Neben Polihexanid gilt auch Taurolidin (TauroSept®, Taurolin®) als gut gewebeverträglich und toxikologisch unbedenklich [15]. Dennoch ist es nur in der Schweiz zugelassen. Taurolidin wird aufgrund seiner bakteriziden, fungiziden und antiendotoxischen Eigenschaften hauptsächlich als Spüllösung zur Behandlung von Bauchfellentzündungen sowie bei Weichteil- und Knochenverletzungen eingesetzt. Aber auch zur Prävention und Behandlung von Katheter­infektionen wird Taurolidin verwendet. Als unerwünschte Wirkungen können vorübergehende Reizungen und brennende Schmerzen auftreten. Nachteilig ist vor allem die sehr lange Einwirkzeit von mindestens sechs Stunden, weswegen es als Wundantiseptikum weniger geeignet ist [23].

Chlorhexidin zur perioperativen Antisepsis

Für die Wunddesinfektion nicht zu empfehlen ist der Wirkstoff Chlorhexidin, der nur eingeschränkt mikrobizid ­wirksam ist und sich wegen seiner Zytotoxizität nicht für chro­nische Wunden eignet [6, 7, 15, 24]. Zudem warnte die US-amerikanische Aufsichtsbehörde FDA im Februar 2017 vor seltenen, aber schweren allergischen Reaktionen im Zusammenhang mit Chlorhexidin-haltigen Antiseptika [25].

Dennoch wird Chlorhexidin noch als Mundhöhlen-Antiseptikum eingesetzt und erlebt aufgrund seiner Remanenz (Keimhemmung noch längere Zeit nach der Anwendung) eine Renaissance in der perioperativen Antisepsis. Ergebnisse klinischer Studien bestätigen die Wirksamkeit einer antimikrobiellen Prophylaxe mit Chlorhexidin (Chloraprep®) vor chirurgischen Eingriffen [26, 27]. Es war sogar eindeutig wirksamer als Povidon-Iod (Scrub Care® Skin Prep Tray, 10%ige Lösung) hinsichtlich der Reduktion tiefer Hautinfektionen (1% vs. 3%) und oberflächlicher Infektionen (4,2% vs. 8,6%) [28].

Fazit

Antiseptika sind im klinischen Alltag allgegenwärtig und sollten mit Bedacht für das entsprechende Anwendungsgebiet unter der Berücksichtigung des passenden Wirkungsspektrums ausgewählt werden. Bei ihrer Anwendung sind die Vorgaben des Herstellers hinsichtlich Einwirkzeiten, Dosierungen und bestimmungsgemäßen Gebrauch zu beachten, um eine zuverlässige Wirksamkeit zu erreichen und Unverträglichkeiten zu vermeiden. Die richtige Anwendung beugt auch der Entwicklung von Resistenzen vor. Bei den Angaben zu Händedesinfektionsmitteln sind die zugrunde liegenden Bewertungskrite­rien zu berücksichtigen. |

Literatur

[1] Robert Koch-Institut (RKI). Prüfung und Deklaration der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegen Viren. Bundesgesundheitsbl ­Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 2004;47:62-66

[2] Robert Koch-Institut (RKI). Prüfung und Deklaration der Wirksamkeit von Desinfektionsmitteln gegen Viren zur Anwendung im human-medizinischen Bereich. Bundesgesundheitsbl 2017;60:353-363

[3] Robert Koch-Institut (RKI). Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren. ­Bundesgesundheitsbl 2013;56:1706-1728

 [4] Robert Koch-Institut (RKI). Nachtrag zur Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren. Stand 15.03.2016. Bundesgesundheitsbl 2016;59:814-817

 [5] Robert Koch-Institut (RKI). Vorwort zur Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren. Bundesgesundheitsbl 2013;56:1702-1705

 [6] Kramer A, et al. Konsensusempfehlung zur Auswahl von Wirkstoffen für die Wundantiseptik. Hyg Med 2004;29(5):147-57. Z Wundheilung 2004;9(3):110-20

 [7] Vasel-Biergans A, Probst W. Wundversorgung für die Pflege. 2. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2011

 [8] Kuhjat P, Michelsen A. Wunden – von der Physiologie zum Verband. Dtsch Arztebl 2008;105(13):239-48

 [9] Schülke & Mayr GmbH. Fachinformation Octenisept®. Stand Juni 2016. www.fachinfo.de

[10] Schülke & Mayr GmbH. Wichtige Information zur Arzneimittelsicherheit von Octenisept. Ödematöse Schwellungen und Gewebeschädi­gungen nach Einbringen unter Druck in Stichwunden bei hand­chirurgischen Eingriffen. Rote-Hand-Brief 2008

[11] Schülke & Mayr GmbH. Octenisept-Warnung vor nichtbestimmungs­gemäßer Anwendung bei der Wundspülung englumiger Stichkanäle. Rote-Hand-Brief 2009

[12] Schülke & Mayr GmbH. Octenisept – Ödematöse Schwellungen und Gewebeschädigungen nach Wundspülungen unter Druck – Warnung vor nicht bestimmungsgemäßem Gebrauch. Rote-Hand-Brief 2011

[13] Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft. Schwere Gewebeschädigungen nach Spülung tiefer Wunden mit Octenisept®. Dtsch Arztebl 2017;114(4):A-184/B-164/C-164

[14] Müller G, Kramer A. Biocompatibility index of antiseptic agents by parallel assessment of antimicrobial activity and cellular cytotoxicity. J Antimicrob Chemother 2008;61(6):1281-7

[15] Kramer A, et al. Explantationstest mit Haut und Peritoneum der neonatalen Ratte als Voraussagetest zur Verträglichkeit lokaler Anti­infektiva für Wunden und Körperhöhlen. Chirurg 1998;69(8):840-5

[16] B. Braun Melsungen AG. Fachinformation Braunol®. Stand Februar 2017. www.fachinfo.de

[17] McDonnell G, Russell AD. Antiseptics and disinfectants: activity, ­action, and resistance. Clin Microbiol Rev 1999;12(1):147-79. Erratum in: Clin Microbiol Rev 2001;14(1):227

[18] Roth B, et al. Effect of antiseptic irrigation on infection rates of traumatic soft tissue wounds: a longitudinal cohort study. J Wound Care 2017;26(3):79-87

[19] Hübner NO, Kramer A. Review on the efficacy, safety and clinical applications of polihexanide, a modern wound antiseptic. Skin Pharmacol Physiol 2010;23(Suppl):17-27

[20] Kramer A, et al. Influence of the antiseptic agents polyhexanide and octenidine on FL cells and on healing of experimental superficial aseptic wounds in piglets. A double-blind, randomised, stratified, controlled, parallel-group study. Skin Pharmacol Physiol 2004;17(3):141-6

[21] Hirsch T, et al. Evaluation of toxic side effects of clinically used skin antiseptics in vitro. J Surg Res 2010;164(2):344-50

[22] Serag-Wiessner GmbH & Co. KG. Gebrauchs- und Fachinformation ­Serasept®. Stand Oktober 2013. www.fachinfo.de

[23] Geistlich Pharma AG. Fachinformation Taurolin®. Stand Juni 2011. www.compendium.ch

[24] U.S. Food and Drug Administration (FDA). FDA Drug Safety Communication: FDA warns about rare but serious allergic reactions with the skin antiseptic chlorhexidine gluconate. www.fda.gov/Drugs/DrugSafety/ucm530975.htm, 2.2.2017

[25] Hidalgo E, Dominguez C. Mechanisms underlying chlorhexidine-­induced cytotoxicity. Toxicol In Vitro 2001;15(4-5):271-6

[26] Broach RB, et al. Randomized Controlled Trial of Two Alcohol-based Preparations for Surgical Site Antisepsis in Colorectal Surgery. Ann Surg; Epub 8.3.2017

[27] Cai Y, et al. Preoperative chlorhexidine reduces the incidence of surgical site infections in total knee and hip arthroplasty: A systematic review and meta-analysis. Int J Surg 2017;39:221-228

[28] Darouiche RO, et al. Chlorhexidine-Alcohol versus Povidone-Iodine for Surgical-Site Antisepsis. N Engl J Med 2010;362(1):18-26

Autoren

Denise Häschke, M. Sc. Toxikologie, Mitarbeiterin des Masterstudiengangs Toxikologie

Prof. Dr. Ralf Stahlmann, Leiter des Masterstudiengangs Toxikologie

Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie Charité – Universitätsmedizin Berlin Luisenstr. 7, 10117 Berlin autor@deutsche-apotheker-zeitung.de

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