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Keine Ketten und Filialen!

DAZ-Exklusiv-Interview mit Kostas Lourantos, Präsident des Panhellenischen Apothekerverbands PFS

Von der durch die EU aufgezwungenen Liberalisierung des griechischen Apothekenmarktes hält der Präsident des Panhellenischen Apothekerverbands (PFS), Kostas Lourantos, überhaupt nichts, wie er in einem DAZ-Exklusiv-Interview deutlich macht. Er will sich dagegen mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln wehren.

Als ich ihn um ein persönliches Interview bitte, freut er sich: Er möchte, dass alle europäischen Länder vom Schicksal der griechischen Apotheken erfahren. Bisher habe er noch nicht mit anderen Medien gesprochen, umso schöner, wenn er mit der Deutschen Apotheker Zeitung sprechen könne. Wir treffen uns in seiner Apotheke im Athener Stadtteil Nea Smyrni.

DAZ: Herr Lourantos, wie empfinden Sie die Einmischung der EU in das griechische Gesundheitswesen?

Lourantos: Das sehe ich mit sehr gemischten Gefühlen. Prinzipiell stehe ich der EU positiv gegenüber, aber ich habe den Eindruck, dass in Europa die Starken immer noch stärker werden und dann das Sagen haben. Unser größtes Problem sind aber unsere Politiker hier. Ja, Griechenland hat Fehler gemacht, griechische Politiker haben gelogen und Europa hat es damals geglaubt, was unsere Politiker erzählt haben. Jetzt ist es umso schwerer, ihnen zu glauben. Ich habe die Nase von unseren Politikern voll (und er schlägt mit der Hand auf den Tisch). Ja, Griechenland hat viel Geld von der EU bekommen, aber Länder wie Deutschland, die Rüstungsgüter an Griechenland verkauft haben, haben davon auch profitiert. Dennoch, ich schätze Deutschland, auch seine Autos. Ich fahre selbst einen Mercedes (er lacht). Deutschlands Finanzminister Schäuble hat uns zwar schwer zugesetzt, aber ich schätze die Aufrichtigkeit von Schäuble und Merkel, auch wenn sie Hardliner in der Sparpolitik sind. Was ich allerdings nicht verstehen kann: Warum soll nun Griechenland Apothekenketten einführen, die es so nicht einmal in Deutschland gibt?

Der Präsident des panhellenischen Apothekerverbands, Kostas Lourantos (li.) empfing mich zum Interview in seiner Apotheke. Er wird mit aller Kraft gegen Apothekenketten kämpfen, versicherte er.


DAZ: Könnten Sie sich mit der Vorstellung anfreunden, dass in Griechenland das deutsche Modell verwirklicht wird? Ein Apotheker mit einer Hauptapotheke und drei Filialen? 
Lourantos: Auch dieses Modell lehnen wir ab. Wir haben heute schon 11.000 Apotheken in Griechenland. Die große Zahl an Apotheken beruht auch darauf, dass manchmal selbst auf kleinen Inseln eine Apotheke ist, die nur wenige Menschen versorgt. Das gehört zu unserer Mentalität. Griechenland ist nicht Deutschland. Daher meinen wir, dass eine Filialisierungsmöglichkeit nur zu weiteren Neugründungen und damit zu einer noch größeren Überversorgung mit Apotheken führen würde.

DAZ: Die OTC-Preise sind in Griechenland heute noch staatlich geregelt. Eine Freigabe wie in Deutschland soll mehr Wettbewerb bringen.

Lourantos: Auch davon halten wir nichts. Die OTC-Preise in Griechenland gehören heute schon zu den günstigsten in Europa. Eine Freigabe würde als Trick missbraucht, um OTC raus aus der Apotheke zu holen und sie in die Supermärkte zu bringen.

DAZ: Inwiefern würde dies geschehen?

Lourantos: Ich gebe Ihnen ein Beispiel, wie es laufen wird: Aspirin kostet heute in Griechenland etwa 1,70 Euro, in Deutschland kostet es etwa das Doppelte. Würde der Preis in Griechenland freigegeben, würden die Hersteller die Präparate verteuern, der Preis würde sich zunächst nach oben entwickeln. Bevölkerung, Medien und Politik würden dagegen wettern und die Freigabe an die Supermärkte ins Spiel bringen – und fordern. Diese Märkte würden aufgrund ihrer Marktmacht andere Konditionen bekommen, dann niedrigere Preise anbieten können – und so wäre der Markt offen, die OTCs aus der Apotheke wären im Supermarkt gelandet.

DAZ: Können Sie sich vorstellen, dass Sie diese Entwicklung noch verhindern können? Wie wollen Sie dagegen vorgehen? Wäre ein erneuter Streik eine Option?

Lourantos: Ein weiterer Streik würde nichts bringen, dies würde nur unseren Patienten schaden. Wir müssen aber weiterhin wachsam sein und mit anderen Mitteln kämpfen. Denn, wie ich gehört habe, könnte es sogar noch schlimmer kommen: In Kreisen der EU-Kommission wird bereits davon gesprochen, eine Art Kartellbildung in Griechenland zuzulassen: Ärzte sollen sich verpflichten, nur noch Arzneimittel eines bestimmten Herstellers zu verordnen und die Patienten in bestimmte Apotheken zu schicken. Damit wäre eine durchgehende Lieferkette Hersteller-Arzt-Apotheke-Patient geschaffen. Wir können nur hoffen, dass solche Kartelle verhindert werden. Ich werde mich mit aller Kraft dagegen einsetzen und dagegen kämpfen. Ich werde versuchen, auch die Präsidenten der Apothekerverbände anderer europäischer Länder zu gewinnen, um gemeinsam dagegen vorzugehen. Denn ich bin überzeugt, unsere Probleme hier in Griechenland sind vielen Verbandsvorsitzenden anderer europäischer Länder so nicht bekannt.

Ich wurde mit großer Mehrheit von den griechischen Apothekern zum Präsidenten gewählt. Ich werde dieses Amt noch zwei Jahre innehaben. In dieser verbleibenden Zeit werde ich mich mit aller Kraft dafür einsetzen und mein Bestes geben, damit die griechischen Apotheken keine Ketten, keine OTC-Freigabe für den Supermarkt bekommen. Aber auch noch nach meiner Amtszeit werde ich dagegen kämpfen. Ein anderes Problem in Griechenland sind die Medien, die ihr Fähnchen nach dem Wind hängen. Vor der Wahl waren sie gegen Tsipras, und nach der Wahl für ihn. Alle Sender haben große Schulden beim Staat, keiner dieser Sender bemüht sich darum, seine Schulden zu bezahlen.

DAZ: Wäre der FIP-Kongress in Düsseldorf Ende September eine Gelegenheit für ein Treffen?

Lourantos: Die Zeit drängt. Wir werden daher über die Pharmazeutische Gruppe der Europäischen Union (PGEU) alle europäischen Verbandspräsidenten zu uns einladen, um über unsere Probleme zu sprechen. Das Treffen wird stattfinden am 4. September hier in Athen.

DAZ: Herr Lourantos, vielen Dank für das Gespräch. |

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