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Stellungnahme zum ALBVVG-Regierungsentwurf
ABDA fordert mehr Flexibilität, weniger Bürokratie und Retaxschutz
Die ABDA hat ihre Stellungnahme zum ALBVVG-Regierungsentwurf vorgelegt. Darin pocht sie weiterhin auf flexiblere Austauschregeln, wenn ein Arzneimittel nicht vorrätig oder nicht lieferbar ist – unter anderem mit Optionen zum Aut-simile-Austausch und zur Eigenherstellung plus Retaxschutz. Beflügelt durch einen entsprechenden Vorstoß des Bundesrats fordert sie auch, Apotheken vom Präqualifizierungsverfahren auszunehmen.
Am kommenden Montag findet im Gesundheitsausschuss des Bundestags die öffentliche Anhörung zum Regierungsentwurf eines Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes (ALBVVG) statt. Nach und nach gehen die schriftlichen Stellungnahmen der geladenen Verbände ein. Auch die ABDA hat ihre gestern vorgelegt. Auf 17 Seiten zeigt sie auf, wo aus ihrer Sicht nachgebessert werden muss. Dazu bringt sie eigene Formulierungsvorschläge ein und nutzt die Gelegenheit, „weitergehenden Regelungsbedarf“ anzumelden. Dabei bleibt die Standesvertretung weitgehend bei den Ausführungen, die sie bereits im vergangenen Februar zum Referentenentwurf gemacht hat. Ein wenig hat sie nachjustiert, weil auch der Regierungsentwurf des ALBVVG in einigen Punkten weiterentwickelt worden war.
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In ihren einleitenden Anmerkungen macht die ABDA die Problemlage bei den Arzneimittel-Engpässen nochmals deutlich: Die BfArM-Liste betroffener Arzneimittel ist bereits lang. Doch die Apotheken haben zusätzlich mit vielen weiteren Arzneimittel zu tun, die zwar nicht in Datenbanken stehen, aber dennoch nicht bestellbar sind – darunter OTC. Auch wenn die Standesvertretung durchaus begrüßt, dass sich der Gesetzgeber dieser Problematik annimmt: Den ALBVVG-Entwurf hält sie nicht für geeignet, „die Problematik an der Wurzel zu bekämpfen“.
Mehr Bewegungsspielraum für die Apotheken
Insbesondere hält die ABDA die in § 129 Sozialgesetzbuch V (SGB V) geplante Nachfolgeregelung für die erleichterten Austauschregeln der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung, die derzeit noch bis Ende Juli in gesetzlichen Übergangsregelungen verankert sind, für unzureichend. Zwar gingen die gegenüber dem Referentenentwurf vorgenommenen Änderungen (Abkehr von der Verknüpfung mit einer neuen BfArM-Liste) in die richtige Richtung – aber noch lange nicht weit genug. Die Apotheken bräuchten hier mehr Bewegungsspielraum und weniger bürokratische Anforderungen, so die Stoßrichtung der ABDA im Groben.
Wie schon in der Stellungnahme im Februar, fordert die ABDA auch jetzt, bei den erweiterten Austauschregeln primär auf die in der Apotheke vorrätigen Arzneimittel abzustellen. So könne die Abgabe eines wirkstoffgleichen Arzneimittels zügig und flexibel geschehen – ohne Bestellvorgänge auszulösen, Patienten erneut in die Apotheke zu bestellen und viel zu dokumentieren.
Der Gesetzentwurf knüpft derzeit an eine „Nichtverfügbarkeit“ an, die vorliegt, „wenn das Arzneimittel innerhalb einer angemessenen Zeit durch zwei unterschiedliche Verfügbarkeitsanfragen bei vollversorgenden Arzneimittelgroßhandlungen (…) nicht beschafft werden kann“. Die ABDA verweist darauf, dass eine Abfrage bei zwei Großhandlungen die Lage gegenüber den jetzt bestehenden Regelungen des Rahmenvertrags sogar erschweren würde. Denn diese lassen auch zu, dass lediglich ein Großhändler befragt wird – mit zwei Anfragen, zwischen denen ein angemessener zeitlicher Abstand liegt. Und sie betont, dass schon das jetzige Verfahren zur Feststellung der Lieferfähigkeit im Rahmenvertrag „bürokratisch, schwerfällig und retaxanfällig“ sei.
Auch Austausch gegen Rezeptur oder andere Darreichungsform soll möglich sein
Weiterhin fordert die ABDA, dass im Fall, dass kein wirkstoffgleiches Arzneimittel in der Apotheke vorrätig und das abzugebende Arzneimittel nicht lieferbar ist (festgestellt durch eine Nachfrage bei einem Großhändler oder dem pharmazeutischen Unternehmen), auch ein in der Apotheke hergestelltes Rezeptur- oder Defekturarzneimittel oder eine andere Darreichungsform abgeben werden kann. Und wenn gar nichts geht oder Notdienst ist und es schnell gehen muss, soll auch der Aut-simile-Austausch möglich sein – nach Rücksprache mit dem Arzt, wenn dieser erreichbar ist. Nicht zuletzt müssten in diesen Fällen Beanstandungen und Retaxationen der Krankenkassen ausgeschlossen sein, so wie es die Apotheken aus der Pandemie kennen.
Ebenfalls wie in der ersten Stellungnahme fordert die ABDA überdies eine Ergänzung in § 129 SGB V, die Nullretaxationen einen Riegel vorschiebt. Hier sei angesichts der Haltung des Bundessozialgerichts zu diesem Thema dringend eine gesetzliche Regelung nötig.
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Unverändert pocht die Standesvertretung auch auf einen 21-Euro-Zuschlag für das Engpassmanagement. Verankert werden soll dieser in einem eigenen Paragrafen der Arzneimittelpreisverordnung, für den die ABDA eine nachgebesserte Formulierung parat hält.
„§ 8a Zuschlag bei Lieferengpässen
Ist das aufgrund der ärztlichen Verschreibung abzugebende Arzneimittel weder in der Apotheke vorrätig noch beim pharmazeutischen Großhandel oder pharmazeutischen Unternehmer verfügbar, ist für die stattdessen erfolgte Abgabe je Arzneimittel ein Zuschlag in Höhe von 21,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer zu berechnen. Dies ist auf der ärztlichen Verschreibung oder im elektronischen Abgabedatensatz zu dokumentieren.“
Es gibt nun übrigens auch eine Regelung im Entwurf, die die ABDA begrüßt – zumal sie eine solche in der vorangegangenen Stellungnahme gefordert hatte. Nämlich, dass die die sozialrechtlich vorgesehenen Austauschmöglichkeiten ausdrücklich auf Selbstzahler und Privatversicherten erstreckt werden sollen. Nun heißt es also „nur noch“ besagte Regelung in § 129 SGB V im Sinne der Standesvertretung nachzufeilen.
Präqualifizierung: Apothekenbetriebserlaubnis reicht
Neu in die Stellungnahme gerutscht sind die Ausführungen zur Präqualifizierung bei der Versorgung mit Hilfsmitteln durch Apotheken – auch wenn die ABDA in diesem Punkt schon seit Jahren Entlastung einfordert. Sie sind nun der erste Punkt im von der ABDA ausgemachten „weitergehenden Regelungsbedarf“. Die ABDA greift hier die Stellungnahme des Bundesrats zum ALBVVG auf. Darin hatten sich die Länder dafür ausgesprochen, dass die Apothekenbetriebserlaubnis als Nachweis ausreichen sollte, um die für die Hilfsmittelabgabe nötigen Voraussetzungen nachzuweisen. Die Bundesregierung zeigte sich zumindest bereit, den Vorschlag zu prüfen.
Die ABDA ist überzeugt: „Der Gedanke des verwaltungsrechtlichen Konzentrationsgrundsatzes, dass statt vieler nur eine Erlaubnis ausreicht, kann auch auf das Präqualifizierungsverfahren übertragen werden.“ Kontrolliert würden die Apotheken bereits jetzt – dafür sorgten apothekenrechtliche Vorschriften. Daher sei es zielführend, die Apotheken „weitestgehend aus dem Präqualifizierungsverfahren herauszunehmen“.
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Die Stellungnahme hat noch einige Punkte mehr zu bieten. Unter anderem fordert die ABDA, eine begrenzten Vorrat von Einzelimporten zu ermöglichen (für Arzneimittel, für die ein Lieferengpass bekannt gemacht wurde) und Erleichterungen im Entlassmanagement (es sollten Packungen bis zum größten Packungskennzeichen verordnet werden dürfen).
Die nächste Woche wird nun spannend. Werden sich die Abgeordneten zumindest von einigen der Vorschläge überzeugen lassen? Vor allem aber: Auf welche Änderungen am ALBVVG-Entwurf können sich die Ampelfraktionen einigen? Andere Verbände haben ebenfalls Wünsche. Für die Apotheken besteht zumindest die realistische Hoffnung, dass die leidigen Themen Nullretax und Präqualifizierung in Bewegung kommen. Die von der ABDA geforderten 21 Euro für das Engpassmanagement scheinen hingegen kaum realisierbar.
Hier finden Sie die aktuelle Stellungnahme der ABDA als pdf zum Herunterladen.
2 Kommentare
ABDA
von Dr. Radman am 08.06.2023 um 13:13 Uhr
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ABDA-Vorschläge
von Roland Mückschel am 08.06.2023 um 12:02 Uhr
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