- DAZ.online
- News
- Politik
- Apotheken blitzen bei Gr...
ALBVVG im Bundestag
Apotheken blitzen bei Grünen-Politikerin ab
Als „sehr wichtiges Gesetz“, das schon lange überfällig ist, bezeichnete heute Gesundheitsminister Karl Lauterbach das Engpassgesetz (ALBVVG). Bei der ersten Beratung im Bundestag unterstrichen Abgeordnete von FDP und SPD, dass noch Nachbesserungsbedarf bestehe – auch und gerade mit Blick auf die Apotheken. Paula Piechotta von den Grünen machte hingegen keinen Hehl daraus, dass sie es den Apotheken nicht zu „gemütlich“ machen will.
Das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) stand am Mittwochabend zur ersten Beratung auf der Tagesordnung des Bundestags. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warb eingangs für seinen Aufschlag. Er räumte ein, dass man zu lange gewartet habe, um eine Lösung für das schon lange bekannte Problem der Lieferengpässe herbeizuführen und betonte erneut, dass die „Ökonomie-Schraube überdreht“ sei.
Der jetzige Zustand sei nicht akzeptabel. Der Minister führt dies im Wesentlichen auf drei Gründe zurück: Zum einen sei die Nachfrage nach bestimmten Arzneimitteln stark gestiegen, weil es nach der Pandemie zu vielen nachgeholten Infektionskrankheiten gekommen sei – zugleich sei in der Pandemie weniger produziert worden. Auch Lieferketten seien in der Pandemie verloren gegangen. Und nicht zuletzt sei im Generikabereich in Deutschland ein „Billigmarkt“ entstanden, mit der Folge, dass hier Arzneimittel im Fall eines Engpasses zuerst nicht mehr verfügbar seien.
Produktion zurück holen, bessere Früherkennung und längere Lagerhaltung
Nun wolle man in drei Stufen dagegen vorgehen. Am wichtigsten sei das langfristige Ziel, einen Teil der Produktion zurück nach Europa zu holen – beginnend bei Antibiotika, wo es bei Ausschreibungen künftig auch ein europäisches Los geben muss. Wenn dies eingespielt sei, so Lauterbach, werde man das System rollierend auf andere Arzneimittel ausdehnen, etwa Onkologika. Zudem soll die Früherkennung von Engpässen durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte verbessert werden – mit neuen Meldepflichten für die Hersteller. Überdies soll eine längere Lagerhaltung Abhilfe schaffen. Sofortmaßnahmen gebe es bei Kinderarzneimitteln, wo Rabattverträge und Festbeträge ausgesetzt würden.
Und wo sind die Apotheker:innen?
Mit keinem Wort sprach Lauterbach die Apotheken an, die eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Engpässe spielen. Das hielt ihm auch umgehend der CDU-Bundestagsabgeordnete Georg Kippels vor. Die Apotheker seien die Kämpfer zwischen Herstellern und Patienten, die mit „geradezu heroischem“ Einsatz die Versorgung sicherstellten. Ihnen werden dafür nun 50 Cent zugestanden. Der Oppositionspolitiker empfahl einen Blick in die Empfehlungen des Bundesrats zum ALBVVG-Entwurf. Die Länder hatten bekanntlich betont, dass dieser Betrag die Kosten nicht decke, sondern fakten- und evidenzbasiert anzuheben sei, um den Aufwand der Apotheken realistisch zu kompensieren. Das sollte sich die Ampel zu Herzen zu nehmen, so Kippels.
Mehr zum Thema
Der Dämpfer aus der Ampel folgte in Gestalt von Paula Piechotta, die in der Grünen-Bundestagsfraktion für Apothekenthemen, aber auch für den Haushalt zuständig ist. Sie räumte zunächst ein, dass das ALBVVG nicht PR-tauglich sei und auch nicht das Unmögliche verspreche. Es sei ebenso spröde und komplex wie der Sachverhalt selbst. Für Piechotta geht es darum, Lösungen zu finden, die wenig regulieren und die GKV-Finanzen nicht überbeanspruchen. In den jetzt anstehenden parlamentarischen Beratungen werde es wichtig sein, komplexe Folgewirkungen und etwaige Mitnahmeeffekte zu bedenken. Mehr Geld auszuschütten, ohne dass die Versorgung besser wird, ist für sie keine Option. „Wie schaffen wir es, dass wir es uns nicht mit neuen Vergütungspauschalen in den Lieferengpässen einrichten und häuslich gemütlich machen?“, fragte sie. Und sie machte klar: Im Zentrum der Beratung werde nicht der Akteur stehen, „der am lautesten schreit und auch nicht der Akteur, der die großformatigsten Briefe an alle Abgeordneten schreibt“, sondern der Patient.
Lindemann und Heidenblut wollen mehr
Eine Lanze für die Apotheken brach hingegen der FDP-Abgeordnete Lars Lindemann. Er forderte, denjenigen, von denen man Lösungen erwarte, „mehr Beinfreiheit“ einzuräumen. Die Apotheker hätten großartiges geleistet. Dass die in der Pandemie eingeführten Erleichterungen bei der Arzneimittelabgabe verstetigt werden sollen, kann er nur unterstützen. Seine Fraktion will aber noch mehr – Stichwort Retaxationen. Die dürfe es beim Austausch wegen eines Engpasses nicht mehr geben. Und auch Nullretax wolle man „nicht mehr sehen“.
Dies machte auch Dirk Heidenblut von der SPD deutlich. Er sieht in genau diesen Punkten ebenfalls noch Nachbesserungsbedarf am ALBVVG. Die Apotheker hätten am Ende der Lieferkette „hervorragendes geleistet“, betonte er.
Zuspruch für die Apotheken kam auch von Kathrin Vogler von der Linksfraktion. Die 50 Cent pro ausgetauschtem Medikament deckten den Aufwand nicht ab. „Immerhin zeigt die Bundesregierung guten Willen“, so Vogler, „nur von gutem Willen kann keine Apothekerin ihre Beschäftigten bezahlen“. Die Linksfraktion hat ihre Vorstellungen von sinnvollen Maßnahmen gegen die Engpässe überdies in einem eigenen Antrag ins Parlament eingebracht.
Man darf also gespannt sein, wie die Beratungen weiterlaufen und wie die Ampelfraktionen auf einen Nenner kommen. Die öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf ist mittlerweile für den 12. Juni geplant – und nicht mehr für den 14. Juni, dem Protesttag der Apotheken.
7 Kommentare
System muss grundlegend geändert werden
von resignierter Apotheker am 26.05.2023 um 8:07 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
nicht "gemütlich" machen
von Thomas B am 25.05.2023 um 15:41 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
DAV
von Dr. Radman am 25.05.2023 um 15:02 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Augen auf!
von Stefan Haydn am 25.05.2023 um 14:34 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Piechotta
von ratatosk am 25.05.2023 um 10:10 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
ALBVVG im Bundestag
von Dorf-Apothekerin am 25.05.2023 um 9:59 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
.
von Anita Peter am 25.05.2023 um 9:54 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.