Die Top-12-Kinderarzneistoffe

Ambroxol gegen Husten – für Kinder eine gute Wahl?

Rosenheim - 21.07.2022, 07:00 Uhr

Je nach Alter und Vorliebe stehen für Kinder Saft, Tropfen, Lutschtabletten und Brausetabletten zur Verfügung. (b/Foto: stanislav_uvarov / AdobeStock)

Je nach Alter und Vorliebe stehen für Kinder Saft, Tropfen, Lutschtabletten und Brausetabletten zur Verfügung. (b/Foto: stanislav_uvarov / AdobeStock)


In der Serie „Die Top-12-Kinderarzneistoffe“ beleuchtet die DAZ die Arzneimittel, die laut TK-Arzneimittelreport am häufigsten von Kinder- und Jugendmedizinern verordnet werden, aber auch in der Selbstmedikation zum Einsatz kommen. Als Sekretolytikum hat Ambroxol seinen festen Stellenwert bei Husten – eine pädiatrische Leitlinie zu akutem und chronischem Husten lässt jedoch noch auf sich warten.

Neben Salbutamol und Efeublätterextrakt ist auch Ambroxol ein echter Dauerbrenner in der Apotheke, wenn es um den Bronchialtrakt von Kindern geht. Der Wirkstoff wird in der EU seit 1978 bei akuten sowie chronischen Erkrankungen als Mukolytikum eingesetzt, wenn die Schleimbildung und/oder der Schleimtransport der Lunge gestört ist. Als Hauptwirkung reduziert Ambroxol die Viskosität des Bronchialsekrets und stimuliert das Flimmerepithel, sodass Schleim leichter abgehustet werden kann. Zusätzlich verfügt der Wirkstoff über eine antiinflammatorische sowie lokalanästhetische Wirkkomponente, weshalb er auch bei Halsschmerzen als Lutschtabletten genutzt wird. Sie sind in dieser Indikation ab zwölf Jahren zugelassen. In der Klinik kommt Ambroxol intravenös zum Einsatz, um bei Früh- und Neugeborenen mit Atemnotsyndrom die Surfactant-Bildung zu fördern.

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Efeu – ein evidenzbasiertes Expektorans?

Eine Metaanalyse aus 2020 bestätigt (allerdings unter Mitwirkung von Mucosolvan-Hersteller Sanofi-Aventis), dass Ambroxol in der Selbstmedikation guten Gewissens bei akuten sowie chronischen Atemwegserkrankungen angewendet werden kann. Es ist bereits für Säuglinge zugelassen. Gemäß Fachinformation darf es unter zwei Jahren allerdings nur nach ärztlicher Rücksprache angewendet werden.

Als Nebenwirkungen treten häufig Geschmacksstörungen, Übelkeit oder ein Taubheitsgefühl im Mund oder Rachen auf. Da unter der Behandlung mit Ambroxol vermehrt über Überempfindlichkeitsreaktionen bis hin zur schweren Hautreaktion berichtet wurde, enthalten seit 2016 Fach- und Gebrauchsinformationen nach erneuter Nutzen-Risiko-Bewertung einen entsprechenden Warnhinweis.

Je nach Alter und Vorliebe stehen für Kinder Saft, Tropfen, Lutschtabletten und Brausetabletten zur Verfügung. Üblicherweise wird Ambroxol zwei- bis dreimal täglich eingenommen. Eine abendliche Einnahme kurz vor dem Schlafen sollte vermieden werden. Retardkapseln mit 75 mg müssen nur einmal täglich eingenommen werden, kommen jedoch aufgrund des hohen Wirkstoffgehalts erst ab 12 Jahren in Frage.

Bei der Inhalation nicht mit Emser Salz kombinieren

Zusätzlich gibt es auf dem Markt Inhalationslösungen, die in allen gängigen Ultraschall- und Kompressorverneblern verwendet werden können. Achtung: Atmen Kinder bei der Inhalation besonders tief ein, könnte der Wirkstoff Hustenreiz auslösen, obwohl die Lösung isoton ist. Besser also ganz normal ein- und ausatmen und nicht vergessen, die Inhalationslösung zuvor auf Körpertemperatur zu erwärmen. Sie darf übrigens mit isotoner Kochsalzlösung sowie Betasympathomimetika gemischt werden, nicht jedoch mit Emser-Salz-Inhalationslösung. Denn bei einem pH-Wert über 6,3 könnte die freie Base ausfallen. 

Sekretstau vermeiden

Welche Darreichungsform auch gewählt wird: Viel Trinken ist unterstützend das A und O. Natürlich ist Husten für Kinder und Eltern sehr belastend. Grundsätzlich erfüllt er jedoch eine wichtige Funktion, denn der Schleim muss abtransportiert werden. Husten ist also nicht per se schlecht! Um einen Sekretstau zu vermeiden, sollte die Kombination von Mukolytikum mit Antitussivum vermieden werden. Diese Empfehlung ist jedoch grundsätzlicher Natur und betrifft alle Mukolytika gleichermaßen. Wechselwirkungen mit Arzneimitteln sind ansonsten nicht zu befürchten.

Wie steht es um die Evidenz?

Für Ende 2022 ist die Fertigstellung einer pädiatrischen Leitlinie zu akutem und chronischem Husten bei Kindern und Jugendlichen geplant. In der Leitlinie für Erwachsene zu akutem und chronischem Husten heißt es in einer tabellarischen Übersicht zu Ambroxol in der Spalte „Evidenz für Wirksamkeit“ klar: „keine“. Aber auch andere Expektorantien kommen dort hinsichtlich der Evidenz nicht gut weg. „Obwohl sie in dieser Indikation häufig verordnet werden, liegt keine ausreichende Evidenz zu Therapieeffekten von Expektorantien bei akutem Husten und Erkältungskrankheiten vor“, heißt es in der Leitlinie. Systematische Übersichtsarbeiten sollen für synthetischen Expektorantien jedoch eine moderate Evidenz zur Reduktion von Exazerbationen bei chronischer Bronchitis bzw. COPD zeigen. Auch zu Ambroxol bei akutem Husten soll es zwar eine randomisierte klinische Studie geben, jedoch „keine überzeugende Evidenz aus systematischen Übersichtsarbeiten“. Zusammenfassend sei „die Behandlung des akuten Hustens bei einem akuten Atemwegsinfekt mit Expektorantien nicht zu empfehlen“, heißt es in der Leitlinie.

Hausmittel Brustwickel

Alte Hausmittel wie Tee mit Honig oder ein Brustwickel mit Thymian können unterstützend helfen. Ganz allgemein bestehen Wickel und Auflagen aus drei Schichten, nämlich einer Innenschicht, die mit der Wickelflüssigkeit getränkt wird, sowie einer Außendecke und einem Zwischentuch. Für einen Brustwickel dürfen Eltern aber auch ganz pragmatisch ein Baumwolltuch (z. B. Geschirrtuch) benutzen und es beispielsweise mit Thymiantee tränken oder auch Babix® oder Pinimenthol® verwenden (verdünnt, Alterseinschränkung unbedingt beachten!). Der Wickel sollte nicht mehr tropfen, eine angenehme Temperatur haben und wird anschließend mit Handtüchern oder einem engen T-Shirt für etwa dreißig bis sechzig Minuten auf der Brust fixiert. Kinder schätzen die Zuwendung und Ruhe – und mit einem Buch und Kuschelzeit mit den Eltern lassen sich die „Schleimmonster“ besonders gut abhusten.

Das sind die Top zwölf der am häufigsten verordneten Wirkstoffe für Kinder

  1. Ibuprofen
  2. Xylometazolin
  3. Paracetamol
  4. Cholecalciferol
  5. Salbutamol
  6. Efeublätterextrakt
  7. Amoxicillin
  8. Ambroxol
  9. Ofloxacin
  10. Cefaclor
  11. Cetirizin
  12. Olaflur

TK-Report „Kinder und Arzneimittel“ (23. Februar 2022)


Anna Carolin Antropov, Apothekerin
redaktion@daz.online


Deutsche Apotheker Zeitung / dm
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