Bei Lieferengpässen

Paracetamol-Säfte aus der Rezeptur

Stuttgart - 12.05.2022, 09:15 Uhr

Paracetamol-Suspensionen können aus Rezeptursubstanz oder Fertigarzneimitteln hergestellt werden. (s / Foto: enriscapes / AdobeStock)

Paracetamol-Suspensionen können aus Rezeptursubstanz oder Fertigarzneimitteln hergestellt werden. (s / Foto: enriscapes / AdobeStock)


Auch wenn es bei Paracetamol-Fertigarzneimitteln zu Lieferschwierigkeiten kommt, können Apotheken ihre Patienten in den meisten Fällen weiterhin versorgen. Unsere Rezepturexpertin verrät, wie das geht.

In letzter Zeit kommt es immer wieder zu Lieferschwierigkeiten bei Paracetamol-Säften, und auch bei Zäpfchen gab es schon Lieferengpässe. Besonders betroffen davon sind Kinder und Patienten mit Schluckstörungen. Durch Herstellung von passenden Rezepturen kann die Apotheke hier jedoch gezielt Abhilfe schaffen. 

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Das DAC/NRF-Team hat dazu entsprechende Rezepturvorschriften entwickelt: Zur Notfallversorgung können Paracetamol-Suspensionen unkompliziert aus Rezeptursubstanz hergestellt werden. Durch Verdünnung höher dosierter Fertigarzneimittel-Zäpfchen lassen sich zudem Suppositorien in niedriger Dosierung erzeugen.

Flüssige Zubereitungen für Kinder nur als wässrige Suspension

Darreichungsformen mit gelöstem Paracetamol sind allerdings nicht ohne Weiteres herzustellen, Paracetamol löst sich in Wasser nämlich nur wenig. Eine gute Löslichkeit besteht dagegen für Alkohole wie Ethanol und Propylenglycol. 

In Krankenhausapotheken gab es zunächst Vorschriften mit Ethanol als Lösungsmittel, bald wurde dieser Alkohol zur Lösung des Wirkstoffs durch Propylenglycol ersetzt. Entsprechende Rezepturvorschriften enthalten Propylenglycol in einer Konzentration von 60 g/100 ml und sind daher für Kinder nicht geeignet

Was ist eine Suspension?

Bei einer Suspension ist ein Feststoff in einer flüssigen Phase homogen verteilt, der Feststoff ist in der Flüssigkeit unlöslich. Um eine homogene Verteilung des Wirkstoffs zu erreichen, muss die feste Substanz fein gepulvert verarbeitet werden. 

Bei der Einarbeitung in die Grundlage wird der Feststoff zunächst mit einem kleinen Teil der Grundlage kräftig angerieben, erst dann kann die restliche Grundlage anteilig eingearbeitet werden. Während der gesamten Herstellung ist die Anwendung von Wärme unbedingt zu vermeiden. 

Wegen einer noch unzureichenden Verstoffwechselung und dem damit verbundenen Risiko der Kumulation (Ansammlung) gilt Propylenglycol in der Pädiatrie als kritischer Hilfsstoff. Genaue Angaben zu einzelnen Altersgruppen existieren zwar nicht, für Kinder unter fünf Jahren kann die orale, parenterale und auch topische Applikation von Propylenglycol jedoch gesundheitsschädlich sein. Aus diesem Grund müssen flüssige Zubereitungen für Kinder mit Paracetamol zwingend als wässrige Suspensionen hergestellt werden.

Suspensionen mit Rezeptursubstanz herstellen

Steht Paracetamol als fein gepulverte Rezeptursubstanz mit einer Korngröße von < 100 µm zur Verfügung, können Suspensionen ganz einfach mithilfe des Trägers „Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen NRF S.52.“ hergestellt werden. 

Paracetamol-Suspension 40 mg/ml (aus Rezeptursubstanz)
Paracetamol4,0 g
Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen NRF S.52.zu 105,0 g

Der Wirkstoff wird in der Fantaschale zunächst mit wenig Grundlage angerieben. Liegt eine gleichmäßige Paste vor, wird anteilig mit weiterer Grundlage bis zur gewünschten Masse verrührt. 

Die verwendete Suspensionsgrundlage kann vorgefertigt bezogen oder in der Apotheke selbst hergestellt werden. Sie ist extra zur Versorgung pädiatrischer Patienten konzipiert und enthält keine für Kinder aller Altersstufen potenziell kritischen Bestandteile.

Hydroxyethylcellulose 10000 ist als Verdickungsmittel enthalten, eine Verbesserung des Geschmacks erfolgt durch Glucose-Monohydrat. Ansonsten enthält die Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen nur noch Kaliumsorbat zur Konservierung und Citronensäure zur Regulation des pH-Wertes. 

Wie bei Suspensionen üblich, muss die Zubereitung vor der Applikation gut geschüttelt werden. Deswegen sollte das Behältnis zum Abpacken das doppelte Volumen der Suspension beinhalten. Da 105,0 g fertige Suspension 100 ml entsprechen, wäre als Primärpackmittel eine Braunglasflasche mit 200 ml geeignet. Als Aufbrauchfrist empfiehlt das NRF in seinem Rezepturhinweis vier Wochen. 

Suspension-Herstellung auch aus Fertigarzneimittel möglich

Ist Paracetamol nicht als Rezepturgrundstoff erhältlich, können auch Tabletten zur Herstellung der Suspension verwendet werden. 

Paracetamol-Suspension 40 mg/ml (aus Fertigarzneimittel)
Paracetamol-Tabletten 500 mg8 Stück
Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen NRF S.52.zu 105,1 g

Zur Herstellung werden die Tabletten in einer Fantaschale zunächst mit wenig Grundlage gequollen und dann mit dem Pistill zu einer gleichmäßigen Paste angeteigt. Anschließend kann der Ansatz in kleinen Anteilen mit weiterer Grundlage verrührt und ergänzt werden. 

Auch hier muss die fertige Suspension wieder gut aufschüttelbar sein. Die in den Tabletten enthaltenen Hilfsstoffe wie Mikrokristalline Cellulose, Maisstärke oder Carboxymethylstärke-Natrium unterstützen dies. Die Zubereitung wird wieder in eine ausreichend große Braunglasflasche verpackt, als Aufbrauchfrist können vier Wochen angegeben werden. 

Zäpfchen zur Notfallversorgung

Bei Engpässen können Suppositorien für Kinder auch aus Erwachsenenzäpfchen gewonnen werden. Zur Herstellung kann dabei das Verfahren nach Münzel zum Einsatz kommen. 

In Kinderkliniken werden häufig Zäpfchen mit jeweils 40 mg und 60 mg Paracetamol pro Einzeldosis benötigt, in der öffentlichen Apotheke handelt es sich meist um Kinderzäpfchen mit 125 mg und 250 mg Wirkstoff. 

Nach der Regel des gemeinsamen Vielfachen kann aus den zur Verfügung stehenden Zäpfchen für Erwachsene die Anzahl an erhaltenen Kinderzäpfchen leicht berechnet werden. Aus 3 x 500 mg-Zäpfchen können so theoretisch 12 x 125 mg-Zäpfchen ausgegossen werden. Um auftretende Verluste ausgleichen zu können, wird der Ansatz bei der Dosierung nach Münzel immer mit einem Zäpfchen Überschuss berechnet. 

Zunächst werden die Erwachsenenzäpfchen aufgeschmolzen und die aufgeschmolzene Masse dann in 12 Bohrungen der Kinderformen verteilt. Anschließend werden die teilweise oder gar nicht gefüllten Bohrungen mit reinem Hartfett ausgegossen, die überstehende Gießschwarte abgestreift und verworfen. Die erkalteten Zäpfchen werden aus der Form genommen, erneut aufgeschmolzen, die Masse gut durchgemischt und schließlich 11 neue Zäpfchen mit gleichmäßig verteiltem Wirkstoff ausgegossen. Die übrig bleibende Zäpfchenmasse kann verworfen werden.



Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Immer wieder lustig zu beobachten...

von Hummelmann am 23.05.2022 um 2:01 Uhr

Kaum sagt die Pharmazeutische Industrie, dass man für den ausgelobten Preis ein Produkt nicht mehr kostendeckend herstellen kann, hört man schon die Apotheker rufen:
"Das macht doch nichts. Dann stellen wir den Saft eben manuell in der Rezeptur her!".
Parallelen zum Glukose-Toleranztest sind bestimmt reiner Zufall.

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Paracetamol

von Stephan Garrecht am 12.05.2022 um 22:51 Uhr

Ach ja und wo ist die Rezeptursubstanz lieferbar?
CAELO u.EURO OTC.z.B.über keinen meiner Großhändler
(Phönix Fiebig Allinnce Healthcare) lieferbar!

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