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- Wo hakt es beim E-Rezept
Eigentlich sollte am heutigen Freitag das E-Rezept-Pilotprojekt deutschlandweit ausgerollt werden. In letzter Minute kam der Rückzieher: Das Ganze ist auf den 1. Dezember 2021 verschoben. Am 1. Januar 2022, also dem Datum, ab dem E-Rezepte für apothekenpflichtige Arzneimittel grundsätzlich Pflicht werden sollen, hält die Gematik aber fest, auch wenn sonst niemand so richtig daran glaubt. Denn es hakt anscheinend an mehreren Stellen.
Wäre am heutigen Freitag mit einem E-Rezept-Ansturm zu rechnen gewesen, wenn das deutschlandweite Rollout des E-Rezept-Modellprojekts nicht auf Dezember verschoben worden wäre? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Denn es hakt an ganz vielen Stellen – und das ist auch nicht erst seit vorgestern bekannt, als die Gematik-Gesellschafter beschlossen haben, den Starttermin um zwei Monate nach hinten zu verschieben.
Seit Juli wird in Berlin und Brandenburg getestet. Hinter vorgehaltener Hand war schon länger von mehreren Seiten zu hören, dass die gesetzten Termine nicht haltbar sein würden. Auf offizielle Anfragen hieß es aber bislang von der Gematik, dass alles nach Plan laufe. Am 1. Januar, also dem Datum, ab dem E-Rezepte für apothekenpflichtige Arzneimittel im Regelfall Pflicht werden sollen, hält die Gematik auch weiterhin fest.
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Baustellen gibt es jedoch einige. Zum einen sind noch verhältnismäßig wenige Praxisverwaltungssysteme entsprechend von der KBV zertifiziert – Stand heute 15 von mehr als 100. Und auch bei den Apothekensoftwarehäusern sind dem Vernehmen nach nur Awinta und Pharmatechnik beim Piloten dabei. Das Softwareproblem wird auch von der Gematik mit als Grund für die Verschiebung genannt. Dazu kommt: Viele Ärzte und Ärztinnen, die ja die Rezepte am Ende ausstellen müssen, sind – mal ganz abgesehen von der Software – noch nicht flächendeckend dazu in der Lage, weil sie noch keinen Heilberufsausweis haben. Mitte August war Zahlen der Bundesärztekammer zufolge noch nicht einmal die Hälfte der Praxisärztinnen und -ärzte versorgt. Auch wurden zumindest zu diesem Zeitpunkt noch Strafen verhängt, weil Praxen nicht an die TI angeschlossen waren.
Wie viele teilnehmen, ist unklar
Darüber, wie viele Apotheken und Arztpraxen tatsächlich am Piloten in Berlin und Brandenburg teilnehmen, schweigen sich die Beteiligten aus. Ebenso unklar ist, wie viele reale E-Rezepte für echte Patienten schon abgerechnet wurden. Bislang ist es der DAZ nicht gelungen, eine Apotheke ausfindig zu machen, die eines bekommen hat. Auch die AOK Nordost erklärt auf Nachfrage, noch keines bekommen zu haben. Da sind allerdings die Daten vom September noch nicht dabei.
Und auch die Versicherten sind nicht bereit. Denn bisher haben die meisten noch gar nicht die neueste Generation der elektronischen Gesundheitskarte mit NFC-Schnittstelle und dazugehöriger PIN. Dieses Problem sieht die Gematik auch, wie ihrer Pressemitteilung zu entnehmen ist. Karte und PIN der jeweiligen Krankenkasse sind jedoch Voraussetzungen, um die E-Rezepte in der App zu empfangen und zu verwalten, sonst bleibt nur der Ausdruck des E-Rezepts auf Papier. Dem Bundesgesundheitsministerium liegen aber laut Aussage der Gematik seit wenigen Tagen Zusagen weiterer großer Krankenkassen vor, die sich nun ebenfalls aktiv an der Testphase beteiligen werden.
Die Gematik will ihre Hausaufgaben gemacht haben
„Die Gematik hat die technischen Voraussetzungen für das E-Rezept fristgerecht umgesetzt und bereitgestellt, und die bisherige Testphase zeigt: Das E-Rezept funktioniert“, wird Gematik-CEO Markus Leyck Dieken in einer Pressemitteilung vom gestrigen Donnerstag zitiert. „Die Einführung ist ein anspruchsvolles Vorhaben mit vielen Beteiligten. Je nach technischer Ausstattung werden Praxen und Apotheken nach und nach in der Lage sein, E-Rezepte auszustellen bzw. einzulösen.“
In der bisherigen Testphase seien Anpassungsbedarfe identifiziert worden und entsprechende Änderungen erfolgreich vorgenommen. „Showstopper“ wurden demnach nicht gefunden. Mit kontinuierlichen Testsessions – sogenannten Konnekthatons – biete die Gematik zusätzlichen Service und Unterstützung für Softwareanbieter, die weit in der Entwicklung vorangeschritten sind, heißt es in der Mitteilung der Gematik weiter.
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Betrachtet man das Ganze von der Warte der Softwarehäuser, klingt das allerdings ganz anders. Der limitierende Faktor sei nicht die Software selbst, sondern die Prozesse, die bei der Gematik und der KBV durchlaufen werden müssen – jedes System benötigt eine Konformitätsbescheinigung durch die Gematik und eine Zertifizierung durch die KBV. Diese Prozesse seien aber nicht abgestimmt, bemängelt der Bundesverband Gesundheits-IT(bvitg). Außerdem würden immer wieder die Anforderungen geändert. So sei es beispielsweise für die Zertifizierung durch die KBV seit kurzem Pflicht, an den besagten Konnektathons teilzunehmen, bei denen Hersteller das Zusammenspiel ihrer Lösung mit anderen am Prozess beteiligten Systemen testen können. Für bereits zertifizierte Systeme gelten neue Anforderungen dann zwar nicht. Anders ist das anscheinend bei allen, die ihren Antrag schon eingereicht haben, aber dieser noch nicht abgesegnet ist. Laut Aussage der Verbandssprecherin müssen dann alle neuen Anforderungen umgesetzt werden. Man fange also wieder von vorne an.
Das „eine“ Problem lässt sich nicht identifizieren
Das „eine“ Problem, an dem es jetzt gescheitert ist, lässt sich also nicht identifizieren. Es hakt vielmehr überall im Prozess. Das heißt: Auch ohne offizielle Verschiebung wäre am heutigen Freitag vermutlich fast nirgendwo in Deutschland ein E-Rezept ausgestellt worden, weil die Voraussetzungen schlicht noch nicht gegeben sind – in der Fokusregion Berlin-Brandenburg nicht, wo eigentlich seit Juli getestet werden soll, und anderswo wohl auch nicht.
1 Kommentar
Frau O.
von Comny am 01.10.2021 um 17:34 Uhr
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