Neue Testverordnung soll am 25. Juni in Kraft treten

Mehr Aufwand für weniger Geld

Berlin - 22.06.2021, 16:45 Uhr

Mehr Dokumentation bei geringerer Vergütung – werden Apotheken sich jetzt aus den Bürgertestungen zurückziehen? (c / Foto: IMAGO / Political-Moments)

Mehr Dokumentation bei geringerer Vergütung – werden Apotheken sich jetzt aus den Bürgertestungen zurückziehen? (c / Foto: IMAGO / Political-Moments)


Das Bundesgesundheitsministerium hat den Referentenentwurf für seine neue Coronavirus-Testverordnung überarbeitet. Es bleibt dabei, dass die Vergütung für die Durchführung von PoC-Tests ab dem 1. Juli auf 12,50 Euro für alle Leistungserbringer sinken wird. Auch die Beauftragung „Dritter“ soll künftig nach strengeren Maßstäben erfolgen und die Abrechnungen genauer kontrolliert werden. Die neuen Prüfpflichten für die Kassenärztlichen Vereinigungen hat das Ministerium etwas abgeschwächt. Den Forderungen der ABDA ist es hingegen nicht nachgekommen.  

Eigentlich hatte die neue Coronavirus-Testverordnung bereits letzte Woche in Kraft treten sollen – nun wird es aller Voraussicht nach der 25. Juni. So sieht es jedenfalls der neue Referentenentwurf vom 18. Juni vor, der am morgigen Mittwoch dem Bundeskabinett vorgelegt werden soll. Die neue Testverordnung soll die alte gänzlich ersetzen. Hintergrund der Änderungen sind vor allem mutmaßliche Betrügereien einzelner Betreiber von Testzentren. Dem will Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) jetzt eine niedrigere Vergütung für die Durchführung der Bürgertests, neue Regelungen zur Beauftragungen von Leistungserbringern und zur Abrechnung sowie weitere Kontrollinstrumente entgegensetzten.

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Vor allem die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) hatten nach der Vorlage des ersten Entwurfs Alarm geschlagen – sie sahen sich nicht in der Lage, all die umfangreich angedachten zusätzlichen Prüfungen bei der Abrechnung der PoC-Tests zu übernehmen und zugleich noch die Auszahlungen in der gebotenen Schnelligkeit vorzunehmen. Aber auch die ABDA hatte mancherlei zu monieren: Sie wollte verhindern, dass Apotheken bei der Beauftragung ebenso behandelt werden, wie sonstige „Dritte“, zum Beispiel ihre Zuverlässigkeit aktiv unter Beweis stellen müssen. Zudem kritisierte sie die geringere Vergütung – vor allem angesichts des Vorhabens, den Apotheken (und anderen beauftragten Leistungserbringern) mehr Dokumentationspflichten aufzuerlegen.

Prognose zur Testzahl

Nun hat das BMG also nachgeschrubbt – aber nicht so sehr an den für die Apotheken ärgerlichen Stellen. Zwar soll es Änderungen bei der Beauftragung „Dritter“ geben, aber es bleibt wie im ersten Entwurf dabei, dass Apotheken – zusammen mit Ärzten (nicht: Arztpraxen!), Zahnärzten, ärztlich oder zahnärztlich geführten Einrichtungen, medizinischen Laboren, Rettungs- und Hilfsorganisationen und „weiteren Anbietern“ – nur unter bestimmten Voraussetzungen beauftragt werden können. So müssen sie gewährleisten, dass sie die infektionsschutzrechtlichen, medizinprodukterechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen sowie weitere von der beauftragenden Stelle festgelegte Anforderungen erfüllen und die erforderliche Zuverlässigkeit aufweisen. Neu hinzugekommen ist, dass sie nun auch noch „gegenüber der beauftragenden Stelle eine begründete Prognose zur Anzahl der durchzuführenden Testungen abgeben“ müssen. In der Begründung heißt es, dies sei „erforderlich für die Feststellung von Auffälligkeiten bei der Abrechnung, etwa, wenn die Anzahl der abgerechneten Leistungen die anfängliche Kapazitätsprognose deutlich übersteigt“. Die Darlegung könne etwa durch Angaben zur Größe der für die Testdurchführung vorgesehenen Räumlichkeiten, zur Anzahl der testenden Mitarbeiter und zu den Betriebszeiten erfolgen.

Allgemeinverfügungen laufen zum Monatsende aus

Weiter heißt es: „Die Beauftragung muss für jeden Leistungserbringer gesondert erfolgen“. Keine Änderung gibt es auch im Hinblick auf die in einigen Bundesländern erlassenen Allgemeinverfügungen zur Beauftragung: Sie laufen zum 30. Juni 2021 aus. Die per Allgemeinverfügung beauftragten Stellen können sodann unter den neuen genannten Voraussetzungen von den zuständigen Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes individuell erneut beauftragt werden.

Umfangreiche Dokumentation 

Es bleibt zudem bei den schon im ersten Entwurf vorgesehenen umfangreichen neuen Dokumentationspflichten für die Testanbieter und damit auch für die Apotheken. Die schon nach jetziger Rechtslage an die KVen zu übermittelnden Angaben sowie die für den Nachweis der korrekten Abrechnung notwendigen Auftrags- und Leistungsdokumentation sind nach wie vor bis zum 31. Dezember 2024 unverändert zu speichern oder aufzubewahren. Aber nun wird dezidiert aufgeführt, was „insbesondere“ zur Auftrags- und Leistungsdokumentation gehört – es gibt also noch Luft nach oben. Das sind bei Bürgertestungen zum Beispiel:

  • der Nachweis der Beauftragung,
  • die Öffnungszeiten des Leistungserbringers je Tag und die Anzahl der Tests durchführenden Personen je Tag,
  • bei der Abrechnung von Sachkosten der Kaufvertrag,
  • für jede durchgeführte Testung der Vorname, der Familienname, das Geburtsdatum und die Anschrift der getesteten Person, die Art der Leistung, der Testgrund, der Tag, die Uhrzeit, das Ergebnis der Testung und der Mitteilungsweg an die getestete Person,
  • bei Durchführung eines PoC-Antigen-Tests oder eines Antigen-Tests zur Eigenanwendung die individuelle Test-ID gemäß der BfArM-Marktübersicht,
  • bei einem positiven Testergebnis ein Nachweis der Meldung an das zuständige Gesundheitsamt,
  • die schriftliche oder elektronische Bestätigung der getesteten Person oder ihres gesetzlichen Vertreters über die Durchführung des Tests.

Bei letzterem Punkt konnte die ABDA immerhin erreichen, dass nicht nur eine schriftliche, sondern auch eine digitale Bestätigung möglich ist.

Bei all dem bleibt es bei einer ab 1. Juli gekürzten Vergütung. Dann gibt es nur noch 8 Euro für die Durchführung von PoC-Schnelltests plus pauschal 4,50 Euro für den Test an sich – brutto. Darin enthalten ist auch die Ausstellung des digitalen COVID-19-Testzertifikats, das künftig mit zum Testanspruch dazugehört.

Die Vergütung der Apotheken für die nachträgliche Ausstellung von COVID-19-Genesenenzertifkaten soll weiterhin 6 Euro je Erstellung betragen. Im entsprechenden Paragrafen wird nun noch präzisiert, dass die Vergütung den Nachweis eines PCR-Test-Ergebnisses voraussetzt, „das mindestens 28 Tage und maximal 6 Monate alt ist“.

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Unverändert bleibt es zudem dabei, dass „vor Ort“ überwachte Antigen-Schnelltests zur Eigenanwendung in die Testverordnung aufgenommen werden. Für den Test an sich gibt es dann eine Pauschale von 3 Euro, für die Überwachung der Durchführung können 5 Euro abgerechnet werden. Diese Selbsttests können allerdings nicht bei Bürgertestungen eingesetzt werden. Im Blick hat das BMG ihren Einsatz vielmehr in Einrichtungen nach § 4 Abs. 2 TestV – das sind zum Beispiel Krankenhäuser, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Tageskliniken, Behindertenwerkstätten sowie Unterkünfte für Obdachlose, Flüchtlinge und Asylbewerber.

Etwas weniger Pflichten und mehr Geld für KVen

Den KVen soll allerdings die Prüfung der Abrechnungen etwas leichter gemacht werden als zunächst angedacht. Sie müssen beispielsweise nur noch die Plausibilität und nicht mehr zusätzlich die Rechtmäßigkeit der Abrechnungen prüfen. Sie müssen auch nicht die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen feststellen. Sie haben zudem stichprobenartig und, sofern dazu Veranlassung besteht, gezielte vertiefte Prüfungen der ordnungsgemäßen Durchführung und Abrechnung der Testungen durchzuführen. Die Staatsanwaltschaften müssen sie in Verdachtsfällen zwar noch unterrichten, aber nicht „unverzüglich“. Eine Mitteilung zu den Zahlungen an Leistungserbringer an die Finanzbehörden ist gar nicht mehr vorgesehen. Während einer laufenden Abrechnungsprüfung können die KVen zudem Auszahlungen aussetzen. Dies soll die Fälle reduzieren, in denen sie am Ende wieder Rückzahlungsansprüche geltend machen müssen.

Zudem sollen KVen und die zuständigen Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes „zum Zweck der gegenseitigen Information über Tatsachen mit Bedeutung für die Beauftragung und die Aufhebung der Beauftragung sowie für die Abrechnungsprüfung“ kooperieren.

Für all das sollen die KVen auch wieder etwas mehr Geld bekommen: Der zum 1. Juni von 3,5 auf 2 Prozent abgesenkte Verwaltungskostenansatz für Nicht-KV-Mitglieder steigt ab 1. Juli wieder. Dann werden wieder 3,5 Prozent des Gesamtbetrags der Abrechnungen abzüglich der Sachkosten fällig. Maßgeblich für die Anwendung des angepassten Verwaltungskostenersatzes ist der Zeitpunkt der Leistungserbringung.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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