Themenwoche E-Rezept

Wie funktioniert GERDA? Die wichtigsten Fragen und Antworten 

Stuttgart - 20.08.2019, 07:00 Uhr

Im Rahmen von GERDA sollen erste E-Rezepte noch 2019 eingelöst werden können. In der derzeitigen Ausbaustufe wird ein PDF-basiertes Rezept (digitales Muster 16) verwendet. (c / Foto: WavebreakMediaMicro /
stock.adobe.com)

Im Rahmen von GERDA sollen erste E-Rezepte noch 2019 eingelöst werden können. In der derzeitigen Ausbaustufe wird ein PDF-basiertes Rezept (digitales Muster 16) verwendet. (c / Foto: WavebreakMediaMicro / stock.adobe.com)


Noch in diesem Jahr wird es ernst mit dem E-Rezept in Baden-Württemberg. Im Rahmen des Modellprojekts GERDA, das von Kammer und Verband initiiert wurde, sollen in den Regionen Stuttgart und Tuttlingen die ersten elektronischen Verordnungen ausgestellt und dann natürlich auch eingelöst werden. Was bedeutet das für die Apotheken? Im Rahmen der Themenwoche zum E-Rezept sind wir den wichtigsten Fragen zu dem Modellprojekt nachgegangen.

Wer oder was ist eigentlich GERDA? Was einen im ersten Moment an eine alte Tante denken lässt, ist in Wahrheit ein Akronym: Geschützter E-Rezept-Dienst der Apotheken. Dahinter verbirgt sich das E-Rezept-Modellprojekt der Apotheker in Baden-Württemberg. Kammer und Verband haben es gemeinsam initiiert. Die Landesregierung unterstützt das Projekt mit rund einer Million Euro. Weil bei GERDA viele Player beteiligt sind, die derzeit auch schon an der bundesweiten E-Rezept-Struktur arbeiten, könnten viele Erkenntnisse aus Baden-Württemberg später auf die Bundesebene übertragen werden. 

Auf jeden Fall wollen Kammer und Verband das E-Rezept schon bald in zwei Regionen, in Stuttgart und Tuttlingen, testen. Es soll mit der Online-Arztpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung „docdirekt“ verknüpft werden. Dort können sich Patienten bislang nämlich nur beraten lassen, und das soll sich mit GERDA ändern. Dann soll es möglich sein, dass die „Online-Ärzte" auch E-Rezepte ausstellen, die Patienten wiederum in Apotheken einlösen können. Was bedeutet das für die Apotheken?  Mithilfe von Christian Krüger, Geschäftsführer der NGDA – Netzgesellschaft Deutscher Apotheker mbH –, die für die technische Umsetzung auf Seiten der Apotheken verantwortlich ist, haben wir versucht, die wichtigsten Fragen zu beantworten. 

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Was sind die technischen Voraussetzungen, damit eine Apotheke teilnehmen kann? 

Der GERDA-Ansatz basiert darauf, dass ein Rezept weitestgehend auf Basis verfügbarer Komponenten umgesetzt wird. Für die notwendige Teilnehmeridentifikation der Apotheken wird als Ersatzverfahren zur SMC-B zunächst N-Ident, was Apotheken bereits für Securpharm nutzen, verwendet. Hier sind alle Apotheken seit Februar 2019 registriert, und auch die Softwarehäuser kennen das Verfahren bereits. Sowohl für die Verarbeitung des Rezeptes als auch für die Vorbereitung der Abrechnung wird ein Update der Apothekensoftware notwendig.

Klappt das mit allen Softwareanbietern? Klappt das mit allen Rechenzentren? Können das alle Ärzte?

GERDA verfolgt einen bundesweiten Ansatz, insofern steht die NGDA auch mit der ADAS, dem Dachverband der Softwarehäuser, in regelmäßigem Austausch. Wann die jeweiligen Softwareanbieter ihren Kunden eine Anbindung zur Verfügung stellen, obliegt dem jeweiligen Softwarehaus. Bei der NGDA geht man aktuell davon aus, dass mehrere Softwareanbieter auf der Expopharm erste Lösungen vorstellen werden. Für die Abrechnung der Rezepte stehen der LAV BaWü und die Rechenzentren ebenfalls im Austausch. Im Kontext des Modellvorhabens docdirekt wird der Anbieter der Arztlösung eine Anbindung sicherstellen, zu einer Ausweitung auf weitere Arztsysteme und Ärzte laufen Gespräche, sowohl auf fachlicher als auch auf standespolitischer Ebene.

Fallen Kosten für die Apotheke an?

Möglicherweise bieten die Apothekensoftwareanbieter ihre Lösung kostenpflichtig an. Seitens NGDA werden für die Apotheken keine weiteren Kosten entstehen.

E-Rezept einlösen mit GERDA – so geht's

Wie läuft eine Rezepteinlösung ab, also der Weg vom Arzt bis ins Rechenzentrum?

Der Arzt erstellt auf Wunsch des Patienten ein E-Rezept und überträgt dieses verschlüsselt zum Fachdienst. Der Patient erhält die entsprechende E-Rezept-ID und den Schlüssel zum Entschlüsseln entweder in sein Patientensystem, welches eine Patienten-App sein kann, oder über einen QR-Code-Ausdruck. Mit dieser ID kann der Patient das E-Rezept vom Fachdienst abholen, mit dem Schlüssel entschlüsseln und es in seiner Patienten-App einsehen.

Über eine Suchfunktion liefert der Fachdienst eine Liste der teilnehmenden Apotheken, aus denen der Patient seine Wunschapotheke auswählen kann. Bei diesem Schritt wird über den Fachdienst die betreffende Apotheke zum Zugriff auf das E-Rezept autorisiert. Die Apotheke wird vom Fachdienst über den Eingang eines E-Rezeptes informiert, sofern der jeweilige Softwareanbieter diese Funktion unterstützt. Der Apotheker kann jetzt das E-Rezept vom Fachdienst abholen, die Lieferfähigkeit prüfen und das E-Rezept annehmen. Die Daten des E-Rezepts können hierbei automatisch in die Apothekensoftware übernommen werden. Zusätzlich zur Annahme hat der Apotheker die Möglichkeit einen Lieferstatus an den Patienten zurückzumelden.

Alternativ zur Zuweisung kann der Patient entweder mit einem ausgedruckten QR-Code oder einem durch die Patienten-App generierten QR-Code direkt zur Apotheke gehen, um diese für den Zugriff auf das E-Rezept zu autorisieren. Im Modellprojekt kommen Arzt- und Patientensystem aus einer Hand. Beide Systeme existieren bereits und werden um entsprechende Funktionalität erweitert. Der Fachdienst selbst stellt offene Schnittstellen für beliebige Arzt- und Patientensysteme bereit, so dass auch weitere Systeme Funktionalität zur Verwaltung von E-Rezepten anbieten können. Für den Weg zur Abrechnung sorgen die Apothekensoftwarehäuser, hierzu wurde ein Verfahren abgestimmt, dass eine E-Dispensierung über die etablierten Wege des Datenaustausches via TA3/TA4-Datensatz ermöglicht.

Braucht man weiterhin ein klassisches Rezept aus Papier?

Im Rahmen des Modellprojekts sind klassische Rezepte nicht mehr zwingend erforderlich, Verordnungen können komplett elektronisch erfolgen. Wem das nicht ganz geheuer ist, der kann aber auch mit einem ausgedruckten QR-Code in die Apotheke gehen. Über die Abrechnungsmodalitäten laufen schon seit längerem Verhandlungen zwischen dem Apothekerverband und den Kassen. Es gibt in den Arzneiversorgungsverträgen eine Zusatzvereinbarung über die Verwendung von E-Rezepten.

Herkömmliche Verordnungen auf dem Muster 16 wird es natürlich auch in der Modellregion weiterhin geben.

Baut die NGDA die Technik selbst oder sind da noch Dienstleister involviert?

Die NGDA hat in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Rechenzentren, der Apothekensoftwarehäuser, aber auch mit der KBV und der KV-Telematik in den letzten Monaten die Spezifikationen für einen geschützten E-Rezept-Fachdienst für den Einsatz in Modellvorhaben rund um das elektronische Rezept erarbeitet. In so einem umfangreichen Projekt ist es, genau wie bei der Spezifikation, auch bei der Entwicklung normal, dass Teilaufgaben auch an externe Unternehmen vergeben werden. Für die Entwicklung des Fachdienstes wurde im Frühjahr die Noventi Healthcare SE unterbeauftragt. Noventi übergibt nach Abschluss der Entwicklungsarbeiten die Programme samt Quellcode und Dokumentation wieder an NGDA. Ausschließlich die NGDA wird den Dienst dann nach Abnahme im Auftrag von Landesapothekerkammer und Landesapothekerverband Baden-Württemberg betreiben und auch weiterentwickeln.

Braucht man ein Smartphone, um ein E-Rezept einzulösen?

Im Rahmen des Modellprojektes docdirekt ist durch die vorausgehende telemedizinische Konsultation die Nutzung der docdirekt-App und somit der Weg über ein Smartphone oder einen Computer vorgegeben.

Wird es eine Extra-App geben oder wird die E-Rezept-Funktion in bestehende Apps integriert werden? Falls Zweiteres, welche Apps sind kompatibel?

Im Rahmen des Modellprojektes docdirekt muss der Patient die docdirekt-App verwenden, die er bereits für die vorausgehende telemedizinische Behandlung braucht. Die docdirekt-App wurde von dem Münchner Unternehmen TeleClinic entwickelt, das von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg als Technologiepartner für docdirekt ausgewählt wurde.

Außerhalb des Modellprojektes docdirekt ist der GERDA-Server selbst barrierefrei gestaltet. Er bietet Schnittstellen, die von App-Anbietern genutzt werden können. Für die Mitgliedsorganisationen des DAV ist die DAV-App eine Möglichkeit.

Wer kann teilnehmen und wann gibt es die ersten E-Rezepte?

Wie merkt die Apotheke, dass ein E-Rezept da ist?

Das gestalten die jeweiligen Apothekensoftwaresysteme selbst. Denkbar ist zum Beispiel ein optisches oder akustisches Signal, die Information kann vom Fachdienst bezogen werden.

Ist eine direkte Übernahme in die Warenwirtschaft der Apotheke möglich oder muss man die Verordnung händisch eingeben?

Der Wunsch der NGDA an die Apothekensoftwaresysteme ist eine direkte Übernahme in die Warenwirtschaft. Die Fachdienstschnittstellen sind hierfür entsprechend vorbereitet.

Müssen sich Apotheken in irgendeiner Form anmelden oder sind alle in der Modellregion automatisch dabei?

Jede Apotheke, die teilnehmen möchte, kann sich über das N-Ident-Portal für die Teilnahme anmelden und muss dort lediglich den Nutzungsbedingungen zustimmen. Ferner müssen die teilnahmewilligen Apotheken der Zusatzvereinbarung zu den Arzneiversorgungsverträgen über die Verwendung von E-Rezepten mit den Krankenkassen beitreten. Auch diesen Beitritt versucht die NGDA so einfach wie möglich elektronisch abzubilden. Nur Apotheken, die ihre Bereitschaft zur Teilnahme erklären, können durch Patienten bei einer Onlinezuweisung über die Patienten-App ausgewählt werden.

Können alle Apotheken teilnehmen?

Alle Apotheken mit Betriebssitz in Deutschland sind in N-ident derzeit registriert und somit hätten alle Apotheken auch die Grundlage für eine Anmeldung. Welche Apotheken an welchen Modellvorhaben teilnehmen können, ist jedoch von den Verantwortlichen für das Modellvorhaben abhängig. Für docdirekt sind es nach dem aktuellen Stand der Information die Apotheken im Großraum Stuttgart und Tuttlingen.

Müssen sich Patienten in irgendeiner Form anmelden oder sind alle in der Modellregion automatisch dabei?

Patienten können sich im Modellprojekt bei der KV Baden-Württemberg über das docdirekt-Portal registrieren. Das kann in anderen Modellprojekten anders sein. Grundsätzlich funktioniert der GERDA-Ansatz auch ohne eine vorherige Patientenidentifikation. Natürlich muss der Arzt die Identität des Patienten und die Krankenkasse vorher feststellen, damit er dann ein ordnungsgemäßes E-Rezept ausstellen kann.

Wann kann man mit den E-Rezepten im Rahmen von GERDA rechnen?

Seitens der NGDA geht man von einem ersten E-Rezept in der ersten Hälfte des vierten Quartals 2019 aus.

Gibt es Entwürfe, wie so ein Rezept aussieht?

In der derzeitigen Ausbaustufe wird ein PDF-basiertes Rezept (digitales Muster 16) verwendet, welches die Kassenärztliche Bundesvereinigung spezifiziert hat. Da die Gematik auch an einer E-Rezept-Spezifikation arbeitet und diese bis Sommer 2020 verabschiedet haben muss, geht man bei der NGDA davon aus, dass sich hier noch etwas tut. Für den Fachdienst ist das im Übrigen unerheblich, dort hat man keinen Einblick in die Verordnung. Entscheidend ist, dass Arzt, Patient, Apotheke und Rechenzentrum das Rezept verarbeiten können, die Abstimmungen hierzu sind erfolgt.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

ganz toll

von Karl Friedrich Müller am 20.08.2019 um 9:42 Uhr

das ist so die vielgepriesene Digitalisierung. Gaaaanz einfach.
und so übersichtlich.
Auch gut für das Land geeignet, wo man nun sogar ISDN abschaltet und die Leute ganz im Stich lässt. So kann man die Alten noch nicht mal mit Teledoc und Interrnetapo versorgen, geschweige denn mit e Rezept. Wenn es die Leute überhaupt kapieren. Und mit einem Computer oder Smartphone umgehen können.
So das Primitive stirbt aus? So ganz einfach, also viel zu einfach für die komplizierte Welt, ein Rezept in der Praxis holen oder zuschicken lassen, über den Tresen schieben....
Am Einfachen verdient halt keiner, also nur die, die verdienen sollten.... die Raffgierigen und Datensammler blieben außen vor..... geht ja gar nicht....
Es werden immer mehr Leute abgehängt, merkt das keiner? Wer kümmert sich um die?
Furchtbare Entwicklung

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