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Apothekenreform durchs Kabinett – Wie sind die Reaktionen?

Berlin - 17.07.2019, 17:45 Uhr

Das Apotheken-Stärkungsgesetz ist durchs Bundeskabinett, soll nun in Brüssel abgestimmt und dann ins parlamentarische Verfahren eingebracht werden. Aber wie sind die Reaktionen zum Kabinettsbeschluss? (c / Foto: imago images / E. Contini)

Das Apotheken-Stärkungsgesetz ist durchs Bundeskabinett, soll nun in Brüssel abgestimmt und dann ins parlamentarische Verfahren eingebracht werden. Aber wie sind die Reaktionen zum Kabinettsbeschluss? (c / Foto: imago images / E. Contini)


FDP: Spahn umgeht die Rechtsprechung

Christine Aschenberg-Dugnus, die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, äußerte sich folgendermaßen:


Der Gesetzesentwurf zur Apothekenversorgung dient einzig dazu, die EuGH-Rechtsprechung zu umgehen. Nachdem ein generelles Versandhandelsverbot verschreibungspflichtiger Arzneimittel nicht durchsetzbar war, will Gesundheitsminister Spahn jetzt ausländische Versandapotheken der deutschen Preisbindung unterwerfen. Damit wird er scheitern: entweder in einem neuen Gerichtsverfahren oder an der EU-Kommission. Die FDP-Fraktion fordert ein offizielles EU-Notifizierungsverfahren. Die Kommission und die Mitgliedstaaten müssen ausreichend Zeit bekommen, um zu prüfen, ob der Gesetzesentwurf mit europäischem Recht vereinbar ist. Daran bestehen große Zweifel. Die FDP-Fraktion setzt sich stattdessen für einen fairen Wettbewerb aller Apotheken ohne Einheitspreise ein. Es sollte ein geringer Preiskorridor für mögliche Boni geschaffen werden, den alle Apotheken anbieten können. Das muss auch für deutsche Versandapotheken gelten, die bisher gegenüber ausländischen diskriminiert werden. Jeder Patient sollte die Wahlfreiheit haben, von wem er sein rezeptpflichtiges Arzneimittel bezieht.“

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP)


Und auch in der Linksfraktion kommt das Gesetz nicht gut an. Hier meint aber Apothekerin Sylvia Gabelmann, dass die Pläne des BMG noch viel weiter gehen müssten. Gabelmann sagte:


Das ‚Apothekenstärkungsgesetz‘, das heute vom Bundeskabinett gebilligt wurde, ist eine Mogelpackung. Denn das im Koalitionsvertrag vereinbarte Versandhandelsverbot soll nun endgültig doch nicht kommen. Stattdessen strebt Jens Spahn eine europarechtlich arg wacklige Regelung an, die Boni für Privatversicherte oder Selbstzahler weiterhin erlaubt. Das ist die zweitschlechteste aller Lösungen, die Spahn als heimlicher Befürworter von Online-Apotheken hier vorlegt. Patientinnen und Patienten müssen im Notfall schnell, in der Nähe und auch nachts sowie an Wochenenden Medikamente und gute Beratung erhalten. Für Schnäppchenjagd im Internet, die zu Lasten der Vor-Ort-Apotheken geht, eignen sich Medikamente nicht. Aufgrund falscher politischer Weichenstellungen sind allein im vergangenen Jahrzehnt zehn Prozent aller Apotheken geschlossen worden. In einigen Bundesländern und vor allem auf dem Land sieht es zum Teil noch weit dramatischer aus. Spahns ‚Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken‘ verdient diesen Namen nicht. Daran ändern auch die geplanten zusätzlichen Aufgaben für Apotheken und die vorgesehenen Honorarerhöhungen nichts. Denn der Online-Handel mit Medikamenten aus dem Ausland soll auch zukünftig erlaubt bleiben. Spahn plant zwar, dem Versandhandel Boni im GKV-Segment zu untersagen. Doch so bleibt der Gesetzentwurf Flickschusterei, die große Chancen hat, von der EU wegen rechtlicher Mängel gestoppt zu werden. Vielleicht will Spahn die Honorarerhöhungen für die Apothekerschaft auf dem Verordnungsweg regeln, weil auch er befürchtet, dass die EU-Kommission den Gesetzentwurf einkassiert. Ein klares Bekenntnis zum Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln ist weiterhin das einzig konsequente Mittel zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken gegen den bevorzugten Versandhandel, so wie das auch in drei Vierteln aller EU-Staaten praktiziert wird.“

Sylvia Gabelmann (Linke)




Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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5 Kommentare

Zum Scheitern verurteilt

von Dirk Krüger am 18.07.2019 um 8:51 Uhr

Diejenigen, die das Verschieben des Boniverbots in das SGB V als Versuch, EU-Recht zu umgehen, bezeichnen, haben Recht. Und daher wird das Gesetz nicht kommen. Bereits in dem absehbaren EU-Notifizierungsverfahren wird Schluss sein. Und Spahn wusste das von Anfang an ganz genau. Er kann sich hinstellen und sagen, er hätte alles versucht - hat aber in Wirklichkeit, das, was er eigentlich wollte, erreicht: Max Müller und Co. in die Karten gespielt.
Und die ABDA hat es nicht gemerkt und sich am Nasenring durch die Manege ziehen lassen. Die Tür für das Rx-Versandverbot stand zeitweise offen - die ABDA ist nicht hindurch gegangen, sondern hat sich einlullen lassen von Blendgranaten wie Honorierung pharmazeutischer Dienstleistungen, Erhöhung der BTM-Gebühr und Notdienstpauschale. Die Rx-Preisbindung ist seit gestern Geschichte. Machen wir uns nichts vor: der Systemwechsel ist da.

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Preiskampf ist kein Stilmittel

von Reinhard Rodiger am 17.07.2019 um 21:05 Uhr

Vorweg: Die Einführung des online-Handels und der Wegfall einer angemessenen Honorierung schwerer Fälle (= teurerer Produkte) hat mir die Existenz zerstört.

Entscheidend ist die Erkenntnis, dass nicht der online-Handel an sich, sondern der durch ihn induzierte Preiskampf die Rentabilität massiv verringerte.Die Verbraucher haben sich am Preis orientiert und mich zur Beratung missbraucht.
Ich habe nicht den Eindruck, dass diese Folge politisch verstanden wird.Nochmal: es ist die Methode, nicht der online-Handel an sich.
Jetzt wird genau dasselbe wieder angestrebt: Die Dumpingpraxis wird nicht wirksam ausser Kraft gesetzt.Es ist doch deutlich genug, dass gesetzliche Vorgaben bislang ignoriert wurden. Es wird sogar geltend gemacht,dass deren Einhaltung zu Verlusten führt.Das ist ein Beweis für die Schadwirkung dieses Holland-Versand-Geschäftsmodells.. Es geht darum, dass ein solcher Preiskampf nur bei Zufluss externer Mittel so geführt werden kann.Dagegen kann niemand bestehen, der einen aufwendigeren Auftrag erfüllen muss.

Das hat nichts mit einem Versandverbot zu tun, sondern mit der Notwendigkeit wirksamer Kontrolle der Praktiken.Ist dies nicht möglich- was schon bewiesen ist- bleibt nur Verbot oder eine Anhebung der Honorierung ohne Versandbeteiligung. Besonders unerklärlich ist, wie Leistungsfähigkeit bei Verzicht auf sämtliche Anpassungen an die laufenden Entwicklungen erhalten werden soll.

„Die Arzneimittelversorgung von Versicherten ist kein Ort für einen Wettbewerb um Preise. " sagt Friedemann Schmidt.
Doch genau das findet statt und ist politisch gewollt.Da "...schlicht nicht mehr vorstellbar ist, den Online-Handel zu verbieten" bleibt nur die Anhebung der Basisfinanzierung für die Vor-Ort-Apotheken.Nur das wird erst recht weder gewollt noch vertreten.
Der Online-Handel wird sein Geschäftsmodell nicht ändern wollen, wegen Finanzverpflichtungen auch nicht können und aus Erfahrung auch nicht ändern müssen.Die Füsse zählen..Das sollte berücksichtigt werden.

Dieses Gesetz öffnet sonst die Tür für die Verdrängung all derer, die nicht mit gleichen Mitteln arbeiten können oder wollen.Gegen Geldzufluss ohne Transparenz hilft keine Qualität.Das betrifft auch viele andere Branchen.

Kurz gesagt: ich kann nicht verstehen, warum diese Dynamik völlig unberücksichtigt bleibt.Preiskampf wird nicht vermieden, sondern gefördert. Das ist kein gutes Stilmittel.







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AW: Preiskampf ist kein Stilmittel

von Anita Peter am 18.07.2019 um 6:26 Uhr

Bei RX findet kein Preiskampf statt. Die KK bezahlen an Versender und Vor Ort Apotheken das gleiche. Es geht rein um a) das Verschenken von Geld ( Zuzahlugsbefreite ) bzw. b) die Übernahme der Zuzahlung. Beides nur möglich weil Aktionäre und Saudis Geld in die Versender pumpen.

Wenn das die EU wirklich so in der Gesundheitsversorgung will, und die Bundesregierung sich nicht endlich klar dagegen stemmt, sollten wir endlich die Lieferveträge kündigen und sollten ein neues Vergütungskonzept aushandeln.

Ebenso ist endlich mal klar zu stellen, dass es sich bei RX um keine normale Ware handelt und somit die Warenverkehrsfreiheit nicht zutrifft. Die RX Menge lässt sich durch billigere Preise und / oder Werbung nicht steigern. Der Arzt verschreibt deshalb nicht mehr. Es handelt sich also um keine NORMALE Ware. Was in den Versand wandert ist für die Vor Ort Apotheke verloren und das Sterben geht munter weiter.

AW: Preiskampf ist kein Stilmittel

von Reinhard Rodiger am 18.07.2019 um 8:13 Uhr

Dem Kunden ist doch egal, was die Kasse zahlt.Für ihn zählt, was er zahlt.Also wird der "Kauf" billiger.Wenn der eine das anbieten kann,der andere nicht, dann ist das Preiskampf.Sicher die Menge ist dadurch nicht steigerbar, aber sie wird lenkbar.Das wird als Wettbewerb missverstanden.Das Resultat ist Verdrängung.Das beinhaltet Versorgungsgefährdung und damit potentiellen Verbraucherschaden.Es geht nur in zweiter Linie um uns.Es geht um das Verständnis der Methode.So führen ja auch erzwungene Preissenkungen durch KK zu Lieferengpässen.Ebenso ein Marktdominanzergebnis wie Lenkung der Warenströme durch Kapitaleinsatz.

AW: Preiskampf ist kein Stilmittel

von Karl Friedrich Müller am 18.07.2019 um 8:37 Uhr

Ja, Herr Rodiger.
Es ist zum Heulen, dass das niemand kapieren will. Es ist so offensichtlich, dass mann kein "Experte" sein muss, um das zu verstehen.
Aber die "echten Experten", oder besser, diejenigen, die sich dafür halten, sind von jeder Vernunft befreit. So auch die ABDA.

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