Delegiertenversammlung in Hessen

Funke: Mein Vertrauen in Spahn ist überschaubar

Eschborn - 18.06.2019, 17:50 Uhr

Ursula Funke kämpft für den Erhalt der Preisbindung. Bei der heutigen Kammerversammlung machte sie deutlich, dass die Apotheker weiter für ihre Interessen beim Apotheken-Stärkungsgesetz eintreten sollten. (s / Foto: LAK Hessen)

Ursula Funke kämpft für den Erhalt der Preisbindung. Bei der heutigen Kammerversammlung machte sie deutlich, dass die Apotheker weiter für ihre Interessen beim Apotheken-Stärkungsgesetz eintreten sollten. (s / Foto: LAK Hessen)


Ursula Funke, Kammerpräsidentin in Hessen, gehört nicht zu denen in der Standesvertretung, die die Streichung des § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG als gegeben hinnehmen. Das macht sie bei der Delegiertenversammlung am heutigen Dienstag noch einmal sehr deutlich. „Wir müssen weiter kämpfen!“, forderte sie ihre Kollegen auf. Außerdem äußerte sie sich zu der geplanten Erhöhung der Aufwandsentschädigungen für den geschäftsführenden ABDA-Vorstand. Das Ansinnen dahinter verstehe sie. Die Art des geplanten Beschlusses kritisierte Funke allerdings.

Die Apothekerkammer Hessen setzt sich weiterhin für die uneingeschränkte Gleichpreisigkeit ein. In einer einstimmig verabschiedeten Resolution an die Bundesregierung fordern die Delegierten,  § 78 Absatz 1 Satz 4 AMG nicht zu streichen und damit ein klares Bekenntnis zur bewährten Struktur. Sollten die Bedenken nicht berücksichtigt werden, hält die Delegiertenversammlung an der für den Erhalt der Gleichpreisigkeit sichersten Lösung fest. Nämlich verschreibungspflichtige Arzneimittel vom Versandhandel auszuschließen.

Die Resolution im Wortlaut:


Um die flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch die Apotheke vor Ort zu erhalten, ist die Gleichpreisigkeit von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln bei der Abgabe an jeden Patienten in Deutschland unerlässlich. Die Delegiertenversammlung der Landesapothekerkammer Hessen – die gewählten Vertreter der rund 6300 hessischen Apothekerinnen und Apotheker – halten daher die im Referentenentwurf des Gesetzes zur Stärkung der Apotheke vor Ort vorgesehene Streichung von § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG für falsch und systemgefährdend. Die Delegiertenversammlung fordert die Bundesregierung auf, § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG nicht zu ändern. Durch eine ausschließliche Überführung dieser Regelung in das SGB V gilt die Preisbindung nur für gesetzlich Versicherte und greift nicht mehr für Privatversicherte und Beihilfeberechtigte. Die Versorgung der Patienten würde damit zum Spielball wirtschaftlicher Interessen werden. Gleichpreisigkeit bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist die Grundlage für Arzneimitteltherapiesicherheit und die schnelle, sichere und flächendeckende Versorgung vor Ort. Daher fordert die Landesapothekerkammer Hessen von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zu dieser bewährten Struktur und fordert sie auf, mit dem vorgesehen Gesetz zur Stärkung der Apotheke vor Ort auch wirklich die Apotheke vor Ort zu stärken und Maßnahmen zur Sicherung der Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu ergreifen. Grundlage hierzu ist der Erhalt der Regelung im Arzneimittelgesetz.

Sollte die Bundesregierung diese Einwände nicht berücksichtigen, hält die Delegiertenversammlung an der für die Gleichpreisigkeit sichersten Lösung fest, verschreibungspflichtige Arzneimittel vom Versandhandel auszuschließen.

Resolution der Apothekerkammer Hessen


Die Verabschiedung der Resolution folgte auf ein leidenschaftliches Plädoyer von Kammerpräsidentin Ursula Funke für den Erhalt des fraglichen Abschnittes im AMG, in dem die Preisbindung für ausländische Arzneimittelversender derzeit noch verankert ist. Während sie einen chronologischen Abriss über die Ereignisse und Beschlüsse seit dem EuGH-Urteil gab, ließ Funke immer wieder Unverständnis und Kritik an der Einstellung einiger Kollegen aus den Mitgliedsorganisationen sowie der obersten ABDA-Spitze durchblicken.

So sagte sie beispielsweise zur ABDA-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Apothekenstärkungsgesetzes:  „Ich bin mir sicher, dass alle Vertreter der Mitgliedsorganisationen das Beste wollen für unser Apothekenwesen und die Arzneimittelversorgung.  Wir haben wirklich stundenlang gerungen für den richtigen Weg – wohlwissend, dass das, was wir beschließen, von der Politik nicht unbedingt umgesetzt wird. Trotzdem bin ich der Meinung, dass man seine Sicht der Dinge artikulieren und auch in der Stellungnahme zum Ausdruck bringen muss. Wenn ich aber die Stellungnahme so schreibe, wie es der Adressat hören möchte, dann ist das nicht meine Meinung und auch die Interessenvertretung, die man wahrzunehmen hat.“  

§78 AMG: Es wird mit falschen Argumenten gearbeitet

Funke legte auch dar, dass die geplante Streichung der AMG-Passage auf höherer Ebene als dem Bundesgesundheitsministerium entschieden worden sei. Deutschland wolle ohne Vertragsverletzungsverfahren in die EU-Ratspräsidentschaft im kommen Jahr gehen. Argumenten sei man nicht zugänglich. Sie berichtete aus einem diesbezüglichen Gespräch mit dem Kanzleramtsminister Helge Braun – das Kanzleramt hat die Federführung in dem Vertragsverletzungsverfahren. Braun habe gebetsmühlenartig seine Argumente wiederholt, so Funke: Man müsse als Bundesregierung europäisches Recht umsetzen, habe er erklärt. Das Vorlageverfahren, das zum Urteil des EuGH geführt hat, und das Vertragsverletzungsverfahren würden dabei in einen Topf geworfen, beklagt die Kammerpräsidentin. In Berlin komme man bei der Politik mit diesen Argumenten auch nicht weiter, aber aufgeben dürfe man deswegen nicht. Funke forderte die Delegierten auf bei ihren Abgeordneten für den Erhalt der Gleichpreisigkeit zu kämpfen. Die Dienstleistungen hält sie für einen Schritt in die richtige Richtung und wichtig. Aber ohne die entsprechende Grundlage ginge das nicht.

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Funke warnt vor Fallstricken im Apothekenstärkungsgesetz

Funke warnte zudem eindringlich vor möglichen Fallstricken im Apothekenstärkungsgesetz. Zum Beispiel geht es ihr um die Etablierung des Botendienstes als dritte Versorgungsform neben der Präsenzapotheke mit dem Botendienst als Ausnahme und dem Versandhandel. Damit wäre dann eine Abgabe nach telepharmazeutischer Beratung ohne Kontakt möglich. Und warum sollte diese Beratung aus Deutschland erfolgen müssen, fragte Funke rhetorisch. Die Apotheke wäre dann ein kontrolliertes Lager und auch das könne woanders sein. Das ließe alle Argumente gegen Hüffenhardt und Prescription Corners bei Discountern ins Leere laufen. Mit den aktuellen Regeln, bei denen der Botendienst die Ausnahme darstellt, könnten alle gut leben, so die Kammerpräsidentin.

Ohnehin offenbarten sich laut Funke bei zahlreichen Vorschlägen des Ministers, die auf den ersten Blick vorteilhaft für die Apotheken aussehen, bei genauerem Hinsehen Fallstricke. Neben dem Botendienst nannte sie unter anderem das Impfen und stellte die Frage, ob das nicht alles Hilfestellungen für die Holland-Versender seien. „Mein Vertrauen in  den Bundesgesundheitsminister ist überschaubar“, sagte sie.

Erhöhung der ABDA-Aufwandsentschädigung: „Die Idee ist nachvollziehbar, aber nicht die Art“

Funke thematisierte auch die geplante Erhöhung der Aufwandsentschädigung für den geschäftsführenden Vorstand der ABDA, die auf Vorschlag von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt kurzfristig in den Haushaltsentwurf gekommen war. Funke ist selbst Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes. Die Idee dahinter könne sie verstehen. So gebe es Kollegen, die deutlich mehr Termine wahrnehmen als andere. Sie selbst zähle nicht dazu, aber zum Beispiel der Vizepräsident der Bundesapothekerkammer Thomas Benkert, der gleichzeitig den wissenschaftlichen Beirat leitet. Dieser habe übrigens nie den Wunsch nach mehr Geld geäußert.

Die Art und Weise, wie diese Aufwandsentschädigungen beschlossen werden sollten, geht in Funkes Augen allerdings nicht. Man könne über alles sprechen. Das müsse aber den üblichen Weg durch die Gremien gehen und mit dem Haushaltsausschuss besprochen werden. Bei der ABDA-Mitgliederversammung kommende Woche können dies daher so nicht beschlossen werden. 

Hessen wird dem Haushalt nicht zustimmen

Sie erklärte, dem ohnehin schon bestehenden Beschluss ihrer Delegierten zu folgen und den Haushalt abzulehnen – es sei denn, die Delegierten würden ihr jetzt einen anderen Auftrag erteilen. Zur Erklärung: Die Kammerversammlung in Hessen hatte schon vor einiger Zeit angesichts der geplanten Beitragserhöhung beschlossen, den Haushalt abzulehnen. Denn die ABDA plant, eine Beitragserhöhung um rund 1,8 Prozent – entgegen anderslautender Ankündigungen im Vorjahr. Was die Erhöhung der Aufwandsentschädigung betrifft, rät Funke der ABDA ein Konzept zu erstellen, in dem Tagegelder und sonstige Posten berücksichtigt sind. Dann könne man diesen Vorschlag in den Gremien diskutieren.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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5 Kommentare

ABDA-Stellungnahme

von Dirk Krüger am 19.06.2019 um 13:53 Uhr

"Wenn ich aber die Stellungnahme so schreibe, wie es der Adressat hören möchte, dann ist das nicht meine Meinung und auch die Interessenvertretung, die man wahrzunehmen hat.“ Genauso ist es Frau Funke. Konsequenz: Heimliche Erhöhung der Aufwandsentschädigungen. Es ist unfassbar.

» Auf diesen Kommentar antworten | 3 Antworten

AW: ABDA-Stellungnahme

von Dr.Diefenbach am 19.06.2019 um 17:12 Uhr

Lieber Herr Krüger,ich bin auch ein Dauerverärgerter über diese linken Dinge ganz oben:ABER die LAK Hessen hat gegen den Haushalt gestimmt!!!!! Es ist nur immer das Gleiche.Ein Landeshaushalt wird IMMER zusammen mit dem ABDA.Moloch beschlossen oder auch nicht.NUR ist dann die "Kommune" handlungsunfähig!! Deswegen muss endlich die STRUKTUR ANDERS GEREGELT WERDEN.Und einige MÜSSEN IN DIE WÜSTE!!!!

AW: ABDA-Stellungnahme

von Heiko Barz am 20.06.2019 um 2:22 Uhr

Da haben Sie vollkommen Recht, Kollege Diefenbach, aber wenn Sie nun schon abrechnen, warum nennen Sie nicht mal „Ross und Reiter“. Dieses ganze Chaos haben zu verantworten: die Herren F.Schmidt, Arnold, Becker, Kiefer, Schmitz, Tisch und so weiter.
Auch die Politik spielte mit listigen Handhabungen mit, wie zB Gabriel als WM mit seinem im Auftrag des Ministeriums verlangten Gutachten. Nur verschwand er sehr schnell aus dieser Verantwortung und ließ uns damit im Regen stehen. Das ging ihn ja auch nichts mehr an. Frei nach Adenauer; „was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ !
Und nun auch noch Jens Spahn mit seinem Versuch, die Deutsche Apotheke hintergründig zu isolieren, um sie dann verantwortungslosen ausschließlich kapitalgesteuerten Aktionärsvereinigungen vor die Füße zu werfen.
Darf ein vereidigter Minister in dieser Weise gegen das eigene Volk ( hier die Apotheker ) vorgehen? Ich glaube, der trägt außer seinem digitalen Facebookgeschwätz kaum Inhaltliches bei. Bisher hat er kaum mehr als heiße Luft produziert.
Aber er ist ständig medial präsent!

AW: ABDA-Stellungnahme

von Dr.Diefenbach am 20.06.2019 um 17:25 Uhr

Zu Kollegen Barz.Ich nenne Ihnen da gerne Namen:FS ist eloquent,aber halt in entscheidender Phase erfolgLOS geblieben.Herr Kiefer ist mit seinen Dienstleistungen ggf sich selbst der Nächste,die Mission scheint gescheitert,wenn ich mir den Entwurf von heute (20.6,) ansehe.Von Herrn Tisch habe ich nichts mehr gehört,DAS hätte es bei Dr.Pieck NIE gegeben(ich wiederhole das),die Einfalt des Herrn Arnold ist exemplarisch für das NICHTbeherrschen von Durchsetzungsmodalitäten.Herrn Dr. Schmitz finde ich i.O!!Seine Ausführungen sind im Normalfall nachvollziehbar,zumal ja vieles unter Ausschluss der Öffentlichkeit abläuft(DAS geht nicht anders).Kollege Becker hört ggf. auf,er ist im Sturm der Kammerüberlegenheit vielleicht amtsmüde geworden.DAS sind meine Grundgedanken.Ich wiederhole auch das:Erfolglose Führungskräfte gehören umgehend entfernt,abgewählt.Es gibt nach den Spahnlinkigkeiten auch keinen Grund mehr ,Rücktritte NICHT zu fordern .

Argumente

von Roland Mückschel am 19.06.2019 um 12:19 Uhr

So So, die Politiker sind Argumenten nicht
zugänglich.
Aber einen Streik werden sie verstehen.

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