Neue Eckpunkte aus dem BMG

Notdienstpauschale auf 350 Euro, 100 Millionen Euro für Dienstleistungen

Berlin - 19.03.2019, 11:45 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU, hier auf dem DAT 2018) hat ein neues Eckpunkte-Papier zur Apotheken-Reform vorgelegt. (Foto: Schelbert)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU, hier auf dem DAT 2018) hat ein neues Eckpunkte-Papier zur Apotheken-Reform vorgelegt. (Foto: Schelbert)


Das Bundesgesundheitsministerium hat ein neues Eckpunkte-Papier zur Reform des Apothekenmarktes vorgelegt. Nach der Einigung innerhalb der Union soll die Einhaltung der Arzneimittelpreisverordnung Gegenstand des Rahmenvertrags werden. Im Gegensatz zu den ersten Eckpunkten fallen die geplanten Honorar-Anpassungen weitaus geringer aus. Neu ist auch, dass das BMG den Weg in die Telepharmazie ebnen will. Mit der SPD ist das Papier, das DAZ.online exklusiv vorliegt, allerdings noch nicht abgestimmt.

In der vergangenen Woche gab es innerhalb der Union den lang ersehnten Durchbruch in der Apothekenpolitik: Wie DAZ.online berichtete, einigte sich die CDU/CSU-Fraktion mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf mehrere Änderungen an dem Eckpunkte-Papier, das Spahn den Apothekern im Dezember 2018 präsentiert hatte. Statt des von Spahn ursprünglich geplanten Rx-Boni-Deckels (2,50 Euro) soll nunmehr die Gleichpreisigkeit über den im SGB V geregelten Rahmenvertrag verankert werden. Die ursprünglich von Spahn vorgesehenen Honorar-Anpassungen in Höhe von circa 375 Millionen Euro sollen dagegen geringer ausfallen – die Rede war von etwa 150 Millionen Euro plus.

Nun hat das BMG die Apotheken-Eckpunkte auch schriftlich überarbeitet. DAZ.online liegt das Papier vor. Die wichtigsten Änderungen zum ersten Papier aus dem vergangenen Jahr im Überblick:

Freie Apothekenwahl, BtM-Vergütung, Botendienste, Telepharmazie

  • Wie schon im ersten Papier will das BMG die freie Apothekenwahl erhalten und stärken. Konkret soll es den Kassen verboten werden, Selektivverträge mit Versendern abzuschließen, in denen „abweichende Preise“ geregelt werden. Auch dürfen Versicherte nicht durch Krankenkassen „begünstigt“ werden, wenn sie bei EU-Versendern bestellen. Es soll auch keine Beeinflussung der Versicherten geben dürfen. Mit Blick auf die Einführung des E-Rezeptes heißt es zudem, dass das „Makeln“ von Verordnungen im Apothekengesetz festgehalten werden soll. Neu in die  Eckpunkte aufgenommen wurde, dass das Abspracheverbot zwischen Ärzten und Apothekern auf EU-Versender ausgeweitet werden soll. Damit reagiert Spahn auf einen entsprechenden Fingerzeig des Bundesgerichthofs.
  • Die Notdienstpauschale soll künftig auf etwa 350 Euro steigen. Konkret sollen künftig 21 Cent pro Packung in den Nacht- und Notdienstfonds fließen. Derzeit sind es 16 Cent. Ursprünglich hatte das BMG sogar eine Verdopplung auf 32 Cent vorgesehen, was einem Gesamtplus von 120 Millionen Euro entsprochen hätte. Durch das nun geringer ausfallende Honorar-Plus dürften die Apotheker hier etwa 38 Millionen Euro mehr einnehmen.
  • Die pharmazeutischen Dienstleistungen: Nach wie vor will das BMG die Kassen verpflichten, mit den Apothekern Verträge über neue, vergütete pharmazeutische Dienstleistungen in Apotheken abzuschließen. Dadurch sollen „gezielt die Apotheken vor Ort unterstützt und die professionelle Weiterentwicklung des Heilberufs Apotheker gefördert“ werden. Dafür soll – ähnlich wie bei der Notdienstpauschale – ein Fonds gebildet werden: Pro Packung sollen 14 Cent in diesen Fonds fließen, die Verteilung der gesammelten Gelder verantworten die Apotheker laut BMG dann selbst. Ursprünglich hatte das BMG hier 32 Cent pro Packung vorgesehen, was 240 Millionen Euro entsprochen hätte. Die „neue“ Honorarkomponente dürfte rein rechnerisch bei etwa 105 Millionen Euro liegen.
  • Die Vergütung bei der Abgabe von BtM-Arzneimitteln soll von derzeit 2,91 Euro auf dann 4,26 Euro steigen.
  • Die Botendienste: Das BMG plant nach wie vor, die Anforderungen an die Botendienste zu überarbeiten. Konkret sollen sie an die Anforderungen an den Versandhandel „angeglichen“ werden. Die Beratung im Botendienst soll dann „verpflichtend angeboten“ werden. Und weiter: Die Beratung solle auch ohne „unmittelbaren persönlichen“ Kontakt möglich sein. Das ist neu, im ersten Papier war diese Formulierung nicht enthalten. Das BMG will den Apothekern also die Wege in die Telepharmazie eröffnen.
  • Temperaturkontrolle: Das BMG will die Temperaturkontrolle als verpflichtende Maßnahme bei der Auslieferung von Arzneimitteln vorschreiben – im Versandhandel und im Botendienst.

Letztes Wort noch nicht gesprochen

Dass das neue BMG-Papier in dieser Form auch in ein Gesetz einfließt, ist aber unwahrscheinlich. Denn die SPD-Bundestagsfraktion hatte nach der Einigung in der Union schon Diskussionsbedarf angemeldet. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erklärte in der vergangenen Woche, dass er das Rx-Boni-Verbot für europarechtswidrig halte.

Und die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, wünscht sich ein eigenes Gesetz für die Apotheken-Reform und hält ein EU-Notifizierungsverfahren für notwendig.

In dieser Woche werden also im Bundestag und BMG weitere Gespräche darüber stattfinden, wie Union und SPD einen gemeinsamen Weg bei der Reform finden können. Denkbar wäre, dass ein alter Vorschlag aus der SPD-Fraktion erneut auf den Tisch kommen könnte: Die SPD Gesundheitspolitiker Dittmar und Edgar Franke hatten in der vergangenen Legislaturperiode vorgeschlagen, Rx-Boni im SGB V grundsätzlich zu verbieten, allerdings geringfügige Zugaben als Bagatellgrenze zuzulassen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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12 Kommentare

Dienstleistungen

von ratatosk am 23.05.2019 um 18:35 Uhr

Irgendwelche noch zu erfindende Dienstleistungen sollen es bringen ?!
Eine reine Luftmöhre für die doofsten. Welche denn, kostendeckend ? , nee is klar, dann natürlich Glaeske evaluiert und bis unter den Boden dokumentiert.

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alles Makulatur

von Dr Mathias Keil am 21.03.2019 um 16:57 Uhr

Wie man es auch immer dreht: es führt nichts am Rx-Versandverbot vorbei - was auch Gesetzeslage in den meisten EU-Ländern ist. Wann stehen denn die KollegenInnen mal gegen die Standesvertretung auf, die sich permanent einlullen lässt?

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alles Makulatur

von Dr Mathias Keil am 21.03.2019 um 16:57 Uhr

Wie man es auch immer dreht: es führt nichts am Rx-Versandverbot vorbei - was auch Gesetzeslage in den meisten EU-Ländern ist. Wann stehen denn die KollegenInnen mal gegen die Standesvertretung auf, die sich permanent einlullen lässt?

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LOL, Eckpunktepapier !

von Heiko Barz am 19.03.2019 um 18:25 Uhr

Es ist schon erstaunlich wie ein akademischer Berufstand hin und her geworfen wird, ein charismatischer Berufstand, den es weit aus länger gibt als all das Parteiengeschwurbel insgesamt.
Ich sehe schon die Schlagzeile: „Spahn ist vor der gewaltigen Lobby der Apotheker wie auch seine unglücklichen Vorgänger eingebrochen“
Dass das gesamte Einkommensniveau seit 2004 um ca.25%
Bundesweit zugenommen hat und vor allem der Bundestag sich in immer kürzeren Abständen einen kräftigen Zusatzschluck- wie grade erlebt- aus der Deutschen Steuerflasche genehmigt hat interessiert dabei kaum. Aber die politische Hassfigur -Deutscher Apotheker -muß dauern pressiert werden.
Erinnern wir uns: 2015 fing es an ; Erhöhungen für Nacht und Notdienst, Rezeptur und BTM Gebühr die sich daran anschließende Honorarfrage war dann dem Herrn Gabriel dann doch zu heikel - er wollte doch vor seinen SPD Leuten nicht als Büttel der Apothekerlobby durch die Medien gejagt werden - Flugs erfand er auf schlankem Fuß den holprigen Weg eines „“ unabhängigen““ Gutachtens mit dem Wissen um dessen Langwierigkeit.
Wir treten nach wie vor auf der Stelle und wissen alle, dass Nichts aber auch Gar Nichts Honorartechnisches zu erwarten ist. Am Ende können und sollten wir froh sein, wenn uns unser Beruf nicht im Ganzen von kapital- und imagegetriebenen Politgeiern vor unseren Augen zerrissen wird.
Woran aber liegt es? Der größte Fehler liegt bei unserer Standesführung und den dort verkrusteten Protagonisten. Seit nun über 50 Jahren Berufsleben muß ich festhalten ::
Die überzeugende Trennung von Pharmaindustrie und Deutscher Apotheke im Verständnis der Bürger ist niemals gestaltet worden und war auch von politischer Seite auch nie gewollt.

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Honorar Plus

von Roland Mückschel am 19.03.2019 um 15:12 Uhr

Lass dich umarmen Spahni!
Ich bin so glücklich. Dass ich das noch erleben
durfte. Nicht doch Jensi, nicht so eng...

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Temperatur im Botendienst

von Karl Friedrich Müller am 19.03.2019 um 15:04 Uhr

noch was zum Überwachen! Es langt!
Ich bringe ein AM zum Kunden, dauert 10 Minuten. Temperaturkontrolliert, egal welche Jahreszeit (lächerlich).
Der Kunde legt es daheim bis zum Verbrauch (also evtl 3 Monate oder länger) ohne Kontrolle und über 25 Grad irgendwo hin. Horror, wenn 10 Minuten außer Kontrolle. Lächerlich... einfach lächerlich.
Der Bürokratismus ist kaum noch zu bremsen, auch bei den anderen "Neuerungen".
Es sind alle komplett gaga - und wir bald auch.

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Toller Deal!

von Armin Spychalski am 19.03.2019 um 14:54 Uhr

350 Euro fix für die nächsten zwanzig Jahre? (Vorsicht Unterstellung!) Toller Deal. Müssen wir uns dafür etwa bedanken?

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DEUTLICH

von Karl Friedrich Müller am 19.03.2019 um 14:26 Uhr

gezeigt wird die mangelnde Wertschätzung unseres Berufs, unserer Tätigkeit, unseres Einsatzes.
Pfui.

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verzichte auf die Almosen

von Karl Friedrich Müller am 19.03.2019 um 14:23 Uhr

mindestens Inflationsausgleich seit 2004!
Ein vergiftetes Angebot ist das, sonst nichts.
Beruhigungspille und Einstieg in eine Dienstleistungsvergütung unter Wert.
Nein danke

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Neues Eckpunktepapier

von Uwe Hüsgen am 19.03.2019 um 12:55 Uhr

Dadurch, dass dieses BMG-Papier vorab „durchgestochen“ wurde, und nicht zuerst an den Koalitionspartner (SPD) gegangen ist, dürfte neuer Ärger vorprogrammiert sein.
Man muss sich fragen: Welche Absichten, die sicher nicht im Interesse der vor-Ort-Apotheken liegen, werden hier (von wem?) verfolgt?

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Aufgewacht?

von Pharmi am 19.03.2019 um 12:45 Uhr

Hoppla, ist das BMG aufgewacht? Plötzlich tut sich was. Aber es wäre zu schön um wahr zu sein, da kommt die vorwärts gekaufte SPD dazu und tritt wieder auf die Bremse... Offenbar ist der neuen Partei für die (ausländische) Wirtschaft deren finanzielle Einschränkung zu groß... Gehen wohl potentielle Parteispenden verloren?

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unerträgliches Gezerre

von Ralf Schabik am 19.03.2019 um 12:23 Uhr

Schön, dass das BMG ein Papier vorlegt, das entscheidende Probleme löst. Das ist ja positiv. Aber wieso wird sowas veröffentlicht, wenn noch gar nicht sicher ist, an welchen Punkten die SPD herummäkeln wird ? "Besser" wird es mit Sicherheit nicht durch Lauterbach & Co.
Was ich ebenfalls unerträglich finde, ist das Herumschleudern von Millionenbeträgen. Klingt nach "den Apotheken werden Reichtümer geschenkt" - aber niemand ausserhalb der Branche weiss, das das im Vergleich zu den Entwicklungen der letzten Jahre die berüchtigten Peanuts sind.
Wie geht es jetzt weiter ? Seit wann wird das unsägliche EuGH-Urteil jetzt ausgesessen ?

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