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Terminservice- und Versorgungsgesetz
Impfstoffe: 1 Euro Fixhonorar, maximal 75 Euro pro Verordnungszeile
Die Große Koalition bastelt weiter an der Zukunft der Grippeimpfstoffversorgung. Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) wollen die Bundesregierung und die Regierungsfraktionen sowohl die Preisbildung als auch die Apothekenvergütung im Impfstoffbereich neu regeln. Gleich mehrfach haben das Ministerium und die Fraktionen ihre Pläne dazu in den vergangenen Wochen geändert. Der neueste Vorschlag beinhaltet eine Fixierung des Apothekenhonorars bei einem Euro sowie einen Deckel von maximal 75 Euro pro Verordnungszeile.
Schon im vergangenen Jahr legte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit dem ersten Entwurf zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) einen Vorschlag zur Umstellung der Versorgung mit saisonalen Grippeimpfstoffen vor. Handlungsdruck gab es, weil der Bundestag in der vergangenen Legislaturperiode eigentlich ein Verbot von Rabattverträgen im Impfstoffbereich beschlossen hatte. Einige Landesapothekerverbände hatten dann jedoch mit den Kassen Festpreis-Vereinbarungen getroffen, die der Politik ebenfalls ein Dorn im Auge waren.
Der erste Vorschlag wurde bereits im nächsten TSVG-Entwurf des BMG, der dann auch vom
Kabinett beschlossen wurde, wieder abgeändert. Jedoch war hier weiterhin von Verträgen zwischen Apothekern und
Kassen die Rede. Apotheken sollten im Rahmen regionaler Versorgungsverträge mit
Krankenkassen pro Impfdosis den Einkaufspreis sowie eine Vergütung von einem
Euro plus Umsatzsteuer erstattet bekommen. Die Idee dahinter war:
Die 1-Euro-Begrenzung sollte den Apotheken den Anreiz für Preisverhandlungen
mit pharmazeutischen Unternehmen nehmen. Zudem waren weitere Zwangsrabatte für Impfstoffhersteller vorgesehen.
Die Regierungsfraktionen von Union und SPD verfolgen
jedoch teilweise einen anderen Plan im Impfstoffbereich. DAZ.online hatte Mitte Februar
über Formulierungshilfen für Änderungsanträge zum TSVG berichtet, die Folgendes vorsahen: Was die
Preisbildung betrifft, setzen Union und SPD – ebenso wie die Bundesregierung – auf eine Stärkung des EU-Referenzpreissystems.
Zur Begründung hieß es, dass die Ausweitung der Referenzstaaten auf die
EWR-Staaten und die Regelung, dass nur solche Staaten zur Referenzierung
herangezogen werden, in denen eine Abgabe des wirkstoffidentischen Impfstoffs
auch tatsächlich erfolgt, bereits zu einer ausreichenden Erhöhung des Abschlags
führe. Die vom BMG angedachten neuen Zwangsrabatte haben die Regierungsfraktionen hingegen aus ihren Plänen gestrichen.
Impfstoff-Vergütung in der Arzneimittelpreisverordnung
Was das Apothekenhonorar betrifft, sollen nach Ansicht der Regierungsfraktionen vertragliche Lösungen komplett gestrichen werden. Explizit soll klargestellt werden, dass Impfstoffe für Schutzimpfungen nicht Gegenstand von Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V sein können. Auch von ergänzenden Verträgen zwischen Kassen und Apothekerverbänden ist keine Rede mehr. Vielmehr sollte laut der Formulierungshilfe für den Änderungsantrag (Stand Mitte Februar) in der Arzneimittelpreisverordnung festgehalten werden, dass die Apotheker bei der Abgabe von saisonalen Grippeimpfstoffen an Ärzte einen Zuschlag von höchstens(!) einem Euro je Einzeldosis berechnen dürfen, pro Verordnungszeile jedoch höchstens 20 Euro.
Doch auch dieser Vorschlag sollte nicht der letzte sein. Schon kurz nach Bekanntwerden dieser Neuregelung meldete sich CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich zu Wort. Im Gespräch mit DAZ.online erklärte er, dass er die Festvergütung von einem Euro pro Dosis fixieren wolle. Den 20-Euro-Deckel pro Verordnungszeile bezeichnete Hennrich als „lebensfremd“.
Neuer Vorschlag: Ein Euro fix plus 75-Euro-Deckel
Offenbar hat sich Hennrich mit seinem Vorstoß in den Regierungsfraktionen
durchgesetzt: Denn DAZ.online liegt nun eine neue aktualisierte Formulierungshilfe für einen
Änderungsantrag zur Neuregelung der Impfstoffvergütung vor. Darin heißt es,
dass „bei der Abgabe von saisonalen Grippeimpfstoffen an Ärzte durch
die Apotheken ein Zuschlag von 1 Euro je Einzeldosis, höchstens jedoch 75 Euro
je Verordnungszeile, sowie die Umsatzsteuer“ erhoben werden können. Das „höchstens" vor der neuen Festvergütung ist also gestrichen und der Deckel pro Verordnungszeile wurde deutlich angepasst.
An der Stärkung
der Referenzpreisregelung wollen Union und SPD aber nicht mehr rütteln, ebenso wenig an der Streichung zusätzlicher Zwangsrabatte.
Neue Aufgaben für den Notdienstfonds
Das TSVG enthält noch weitere für Apotheker wichtige Neuregelungen. So sieht eine Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag vor, den Deutschen Apothekerverband (DAV) zu verpflichten, dem BMG regelmäßig Auswertungen zu den beim Notdienstfonds vorhandenen Daten zu abgegebenen Rx-Packungen zu übermitteln. Diese Daten könnten eine „wichtige Grundlage für etwaige gesetzgeberische Maßnahmen zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch öffentliche Apotheken sein“, heißt es in der Begründung des Änderungsantrags. Daher soll dem BMG der Zugriff hierauf ermöglicht werden. Außerdem soll das Ministerium ermächtigt werden, die Aufgaben des beim DAV angesiedelten Notdienstfonds zu erweitern. Hintergrund könnte der anstehende Aufbau der Telematikinfrastruktur sein. Kürzlich hatten DAV und die Kassen festgelegt, wie hoch die Zuschüsse für die Apotheker sind, die sie für die Anbindung an die sogenannte „TI“ erhalten. Diese Zuschüsse könnten über den Notdienstfonds an die einzelnen Apotheken verteilt werden – dazu müsste das BMG den Fonds aber erst mit dieser Aufgabe betrauen.
Keine Veränderungen mehr beim Großhandelsrabatt
Ebenso unverändert im Gesetz ist die gesetzliche Fixierung der Großhandelsrabatte. Schon im ersten TSVG-Entwurf hatte das BMG im vergangenen Jahr festgehalten, dass Großhändler den Apothekern maximal 3,15 Prozent Rabatt auf Arzneimittel gewähren dürfen. Das Ministerium will damit auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2017 reagieren. Damals hatten die Richter angemerkt, dass das Großhandelsfixhonorar von 70 Cent nicht eindeutig genug als Fixum gesetzlich festgehalten sei.
Um diese Regelung hatte es in den vergangenen Wochen jedoch Diskussionen gegeben. Denn in der nun vom Kabinett beschlossenen Begründung des TSVG war zusätzlich zur Rabatt-Fixierung von „im Handel allgemein üblichen Skonti“ die Rede. Der Großhandelsverband Phagro hatte diese Formulierung nicht begrüßt und in einer Stellungnahmen eine „eindeutige Klarstellung“ gefordert, nach der die Summe aus Rabatten UND Skonti den prozentualen Zuschlag in Höhe von 3,15 Prozent nicht übersteigen dürfe. Doch weder das BMG noch die Regierungsfraktionen haben diesem Wunsch des Phagro bislang entsprochen: In den zahlreichen Änderungsanträgen zum TSVG findet sich zumindest bislang keine Umstellung der ursprünglichen Formulierung im Gesetz.
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