Überführung in die Arzneimittelpreisverordnung

Große Koalition will feste Apotheken-Vergütung für Grippeimpfstoffe

Berlin - 13.02.2019, 16:00 Uhr

Keine vertraglichen Lösungen, sondern feste Vergütungen in der Arzneimittelpreisverordnung: Das sind die neuen Pläne von Union und SPD in der Impfstoffversorgung. (c / Foto: imago)

Keine vertraglichen Lösungen, sondern feste Vergütungen in der Arzneimittelpreisverordnung: Das sind die neuen Pläne von Union und SPD in der Impfstoffversorgung. (c / Foto: imago)


Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) will die Bundesregierung die Preisbildung und Vergütung in der Impfstoffversorgung umstellen. Doch Union und SPD im Bundestag haben eigene Pläne: Statt vertraglichen Regelungen zur Apothekenvergütung wollen die Regierungsfraktionen bei Grippeimpfstoffen die Vergütung in Form von Festpreisen in die Arzneimittelpreisverordnung überführen. Und: Der Gemeinsame Bundesausschuss soll Empfehlungen der Ständigen Impfkommission künftig schneller umsetzen.

Die Impfstoffversorgung in Deutschland steht vor Veränderungen. Sowohl die Bundesregierung als auch die Regierungsfraktionen im Bundestag sehen offenbar großen Handlungsbedarf und haben jeweils eigene Pläne für Neuregelungen in der Versorgung mit Impfstoffen sowie bei deren Preisbildung und der Vergütung der Leistungserbringer vorgelegt. Den Aufschlag machte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit dem ersten Entwurf zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) im vergangenen Jahr.

Im Bundeskabinett wurde schließlich ein Entwurf beschlossen, demzufolge Apotheken im Rahmen regionaler Versorgungsverträge mit Krankenkassen pro Impfdosis den Einkaufspreis sowie eine Vergütung von einen Euro plus Umsatzsteuer erstattet bekommen sollen. Die Idee dahinter: Die 1-Euro-Begrenzung sollte den Apotheken den Anreiz für Preisverhandlungen mit pharmazeutischen Unternehmen nehmen. Anlass für eine Neuregelung in diesem Bereich waren Festpreisvereinbarungen zwischen Kassen und einzelnen Apothekerverbänden. Zwar hatte der Gesetzgeber die Rechtsgrundlage für Impfstoff-Rabattverträge schon 2017 gestrichen. Mit ihren Festpreisvereinbarungen sorgten die Kassen und Apotheker aber für Konstruktionen, die in der Politik ebenso wenig ankamen. Doch im vom Kabinett beschlossenen TSVG-Entwurf war weiterhin von Verträgen zwischen Apothekern und Kassen die Rede. 

Union und SPD: Impfstoff-Vergütung kommt in die Arzneimittelpreisverordnung

Nun haben die Regierungsfraktionen von Union und SPD einen anderen Plan vorgelegt. In einem neuen Änderungsantrag zum TSVG, der DAZ.online vorliegt, wird nun explizit klargestellt, dass Impfstoffe für Schutzimpfungen nicht Gegenstand von Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V sein können. Auch von ergänzenden Verträgen zwischen Kassen und Apothekerverbänden ist keine Rede mehr. Vielmehr soll in der Arzneimittelpreisverordnung festgehalten werden, dass die Apotheker bei der Abgabe von saisonalen Grippeimpfstoffen an Ärzte höchstens einen Zuschlag von einem 1 Euro je Einzeldosis berechnen dürfen, höchstens allerdings 20 Euro pro Verordnungszeile. So begründen die Fraktionen den Vorstoß: „Eine Apothekenvergütung in dieser Höhe mit einer Obergrenze ist angemessen, da es sich nicht um die Abgabe an Versicherte, sondern an Ärztinnen und Ärzte handelt, bei der Beratungsleistungen durch die Apotheke nicht erforderlich sind. Auch der logistische Aufwand der Apotheken wird ausreichend berücksichtigt.“

Kürzere Beschlussfristen für G-BA und BMG

Und auch für die Preisbildung auf Herstellerebene haben Union und SPD eigene Vorstellungen. Im vom Bundeskabinett beschlossenen TSVG-Entwurf war geplant, das europäische Referenzpreissystem auszuweiten. Außerdem sieht der Kabinettsbeschluss zusätzliche Rabatte für Impfstoff-Hersteller gegenüber Kassen vor: Grundsätzlich waren dies 5 Prozent für Impfstoffe, für saisonale Grippeimpfstoffe sogar 10 Prozent auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers. Kann ein Abschlag nach der EU-Referenzierung nicht ermittelt werden, sollten 7 Prozent Abschlag fällig werden.

Doch die Regierungsfraktionen wollen von diesen zusätzlichen Rabatten nichts wissen. In dem DAZ.online vorliegenden Änderungsantrag sind die Nachlässe nicht mehr enthalten, die Ausweitung des europäischen Referenzpreissystems allerdings schon. Zur Begründung heißt es, dass die Ausweitung der Referenzstaaten auf die EWR-Staaten und die Regelung, dass nur solche Staaten zur Referenzierung herangezogen werden, in denen eine Abgabe des wirkstoffidentischen Impfstoffs auch tatsächlich erfolgt, bereits zu einer ausreichenden Erhöhung des Abschlags führe.

Reaktion auf Versorgungsengpässe

Die Regierungsfraktionen peilen außerdem weitere Veränderungen in der Impfstoffversorgung an. Offenbar reagieren Union und SPD auf die in diesem Jahr vorgekommenen Lieferengpässe bei Grippeimpfstoffen und wollen nun festlegen, dass bei Verordnungen von Grippeimpfstoffen eine „angemessene Überschreitung der Menge gegenüber den tatsächlich erbrachten Impfungen grundsätzlich nicht als unwirtschaftlich“ gelte. Außerdem soll die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) jeweils bis zum 15. Januar jedes Jahres den Bedarf an Grippeimpfstoffen an das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) melden. Das PEI soll den Bedarf so messen, weitere 10 Prozent aufschlagen und bis zum 15. März eines jeden Jahres die Hersteller über den Bedarf informieren.

Und auch was die Verordnungsfähigkeit neuer Impfungen betrifft, wollen Union und SPD nachbessern. Derzeit gelten bei der Feststellung der Verordnungsfähigkeit gewisse Fristen: Der Gemeinsame  Bundesausschuss (G-BA) muss nach einer STIKO-Empfehlung innerhalb von drei Monaten zu einem Beschluss kommen. Diese Zeit soll auf zwei Monate verkürzt werden. Und auch die aufsichtsrechtliche Prüfung durch das BMG soll verkürzt werden, auf vier Wochen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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10 Kommentare

Was denn noch alles umsonst ?

von Andreas Schmidt am 14.02.2019 um 17:06 Uhr

BWL Grundkurs .Preisberechnung: Ek plus Kosten (In Apotheken durchschnittlich 17%) plus 1 Euro, das wäre die gerechte Preisbildung.
Bei insgesamt einem Aufschlag von 1 € sind die Kosten nicht gedeckt, d.h. es ist ein Verlustgeschäft, wir solten uns die Impfstoffbelieferung genau überlegen.
Hält man uns eigentlich für die Deppen der Nation?
Vorschlag füe die Honorierung:Erstattung aller Kosten plus
das Gehalt eine Richters oder Politikers, das wäre wesentlich mehr als jetzt.
Das nimmnt nochmal ein ganz böses Ende.

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AW: Was denn noch alles umsonst

von Andreas Seifert am 14.02.2019 um 19:41 Uhr

Sie bekommen auch diese 1,- Euro bis maximal 20 Impfdosen
auf einem Rezept.
Bei mir verordnen die Ärzte in der Regel 200 Impfdosen
Grippeimpfstoff auf einem Rezept.
200 ID x 0,10 € = 20,00€
bei
500 ID x 0,04 € = 20,00€
aber auch bei
20 ID x 1,00 € = 20,00€
Das ist ein Zustand von Gesetzlosigkeit, also Anarchie!

gespart

von Kleiner Apotheker am 14.02.2019 um 10:02 Uhr

Umsatzsteuer weg oder auf ermäßigten % und schwub hat die Kasse gespart. Könnte z.B. erstmal auf Impfstoffe angewendet werden. Wie in vielen Ländern in Europa auch.
Und Privatversicherte würden auch profitieren.

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20,- € pro Verordnungszeile

von Andreas Seifert am 14.02.2019 um 9:15 Uhr

Bei 200 ID Grippeimpfstoff auf einem Rezept, bekommen wir noch 10 Cent pro Impfdosis !?

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höchstens einen Zuschlag von einem 1 Euro je Einzeldosis

von Kleiner Apotheker am 14.02.2019 um 8:45 Uhr

Wenn man die umsatzabhängigen Kosten (Kammerbeitrag, Verband, Versicherung, Rezeptabrechnung) abzieht, macht man vermutlich nur noch +/- Null. Aber Gewinn wird ja eh überschätzt.

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Noch was

von Karl Friedrich Müller am 14.02.2019 um 7:53 Uhr

Auch wenn ich hier allen auf den Wecker gehe:
Der Sprengstoff ist gewaltig in den obigen Aussagen.
Im Grund tangiert es unsere Vergütung überhaupt. Keine Beratung, Logistikanteil berücksichtigt in 1€.
Was vollkommen ausgeblendet wird, ist wir noch weitere Kosten haben. Ja, und dass es nicht darum gehen kann, nur Kosten zu erstatten. Wir wollen und müssen auch etwas verdienen.
Unser Honorar von 8,50€ wird so versucht, aufzusplitten. Das könnte der Anfang des Versuchs sein, auch dort zu kürzen. Nur noch „Kostenerstattung“. Das Liebigskind der GKV.
Verhandeln sollen wir mit den Anbietern. Das wird die leider so gar nicht interessieren. Für das Scheitern erhalten wir die Schuld und dürfen dann einen fiktiven Rabatt abtreten?
Die Hintergedanken zu diesem Gesetz sind unglaublich fies und mit Sicherheit ist das Gesetz von der GKV vorgelegt.

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AW: Noch was

von Karl Friedrich Müller am 14.02.2019 um 8:18 Uhr

für Kostenerstattung arbeiten würde für Politiker, KK und GKV Bosse doch heißen: die arbeiten für den Hartz4 Satz. oder?
Überhaupt diese Vorstellung. Wie kann überhaupt jemand so etwas verlangen?
NIEMAND arbeitet nur für Kostenerstattung

Und dann...

von Karl Friedrich Müller am 13.02.2019 um 16:56 Uhr

.... sollte man sich Argumente gut überlegen
1€ Logistikprämie?
Dann bekommen Eure Lieblinge, die Versender wie DocMorris, auch nur noch 1€ pro Rx vergütet?
Ist das gut überlegt?
Wie wurstelt Ihr Euch da wieder raus?
Diese Nicklickkeiten uns gegenüber ist so was von unverschämt, kleinkariert, ungerecht und überhaupt nicht zu rechtfertigen.

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AW: Und dann

von Karl Friedrich Müller am 13.02.2019 um 17:18 Uhr

1€ nach Abzug der erhaltenen Rabatte, versteht sich.

Wisst Ihr was?

von Karl Friedrich Müller am 13.02.2019 um 16:29 Uhr

Ihr könnt mich langsam alle mal....
Viel Geld in die Hand nehmen, vorfinanzieren, Risiko tragen, aber null Gewinn. Oder praktisch null.
Da gebe ich keine Impfstoffe mehr ab als Praxisbedarf.
Liebe Parteien, liebe Regierung. Ihr tickt nicht richtig. Bestimmte Amigos von Euch können gar nicht genug verdienen. Die werden dabei auch noch unterstützt.
Wir sind wohl der Abschaum.
Was geht in Euren Köpfen so vor sich?

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