Zulassung für Delafloxacin beantragt

Kommt ein neues Fluorchinolon?

Berlin - 12.03.2018, 17:00 Uhr

 Delafloxacin wirkt auch gegen MRSA. (Foto: royaltystockphoto / stock.adobe.com)

 Delafloxacin wirkt auch gegen MRSA. (Foto: royaltystockphoto / stock.adobe.com)


Die EMA prüft die Zulassung eines neuen Fluorchinolon-Antibiotikums in der EU: Delafloxacin (Quofenix). Es wirkt wohl auch gegen Problemkeime wie Pseudomonas, Klebsiella und MRSA und soll zur Therapie akuter bakterieller Haut- und Weichteilinfektionen eingesetzt werden. Derweil laufen Risikobewertungsverfahren bei FDA und EMA zu potenziell schwerwiegenden Nebenwirkungen der Fluorchinolone.

Beantragt ein pharmazeutischer Unternehmer die Zulassung eines neuen Antibiotikums, sind das in Zeiten, in denen zunehmend vor multiresistenten Keimen gewarnt wird, stets gute Neuigkeiten. Auch die WHO warnte im Februar erst vor einer verschärften Resistenzlage bei Antibiotika
Die Menarini Group hat bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA nun die Zulassung für ein neues Fluorchinolon beantragt: Delafloxacin. Der pharmazeutische Unternehmer rechnet, dass das neue Antibiotikum mit dem Handelsnamen Quofenix bis zum zweiten Quartal 2019 Patienten mit akuten bakteriellen Haut- und Weichteilinfektionen zur Verfügung stehen wird. Entwickelt hatte Delafloxacin ursprünglich Melinta Therapeutics. Diese hatte jedoch im Frühjahr 2017 einen Deal über die Vermarktungslizenzen von Delafloxacin mit der Menarini Group geschlossen.

Delafloxacin wirkt gegen MRSA, Pseudomonas und Klebsiella

In den Vereinigten Staaten setzen Ärzte Delafloxacin bereits ein, und zwar zur Behandlung akuter bakterieller Haut- und Weichteilinfektionen. Das Fluorchinolon vermarktet Melinta Therapeutics in den USA bereits seit Juni 2017 unter dem Handelsnamen BaxdelaTM. Delafloxacin gibt es in zwei Darreichungsformen, als intravenöse (300 mg) und als perorale Zubereitung (450 mg). Die Gabe erfolgt alle zwölf Stunden über eine Zeitraum von fünf bis 14 Tagen. Delafloxacin wirkt laut Melinta Therapeutics in vitro sowohl gegen grampositive als auch gramnegative Bakterien konzentrationsabhängig antibakteriell. Auch Problemkeime wie Klebsiella pneumoniae, Pseudomonas areuginosa und MRSA soll Delafloxacin erfassen.

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Delafloxacin greift in das Topoisomerase-System der Bakterienzelle ein. Indem es die bakterielle Topoisomerasen II und IV inhibiert, hemmt es Replikation und Transkription der bakteriellen DNA. Resistenzen können, wie bei anderen Fluorchinolonen auch, auf Mutationen in der Zielstruktur beruhen oder auf speziellen Effluxpumpen, die Delafloxacin aus der Bakterienzelle transportieren.

Das Besondere an Delafloxacin ...

Delafloxacin unterscheidet sich von den bereits zugelassenen Fluorchinolonen. Es liegt bei sauren pH-Werten, wie sie in entzündeten Geweben herrschen, als Zwitterion vor – und kann so Membranen penetrieren. Andere Fluorchinolone wie beispielsweise Moxifloxacin tragen in diesen pH-Bereichen meist eine kationische Ladung, was ihre Gewebepenetration erschwert.

Fluorchinolone schwer in der Kritik

Um Fluorchinolon-haltige Arzneimittel gibt es seit einiger Zeit viel Furore. Die antibiotische Wirkstoffklasse machte weniger aufgrund von Innovationen, denn durch schwere Nebenwirkungen bereits zugelassener Fluorchinolone von sich reden. Der Grund: Die Antibiotika stehen im Verdacht, schwere und teilweise irreversible Nebenwirkungen auszulösen. Das hat im vergangenen Jahr auch medial für breites Interesse gesorgt. So warnten erst die Tagesthemen vor Fluorchinolonen, jüngst griff auch Stern TV das Thema auf.

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EMA und FDA prüfen Nutzen-Risiko-Profil der Fluorchinolone

Ganz unbegründet scheint die potenzielle Gefahr unterwünschter Arzneimittelwirkungen nicht zu sein. Auch die beiden Arzneimittelbehörden der Vereinigten Staaten und von Europa, FDA und EMA, bewerten derzeit das Sicherheitsprofil der Antibiotikatherapie mit Fluorchinolonen. Bereits 2016 forderte die FDA, dass Ärzte Fluorchinolone restrikriver verordnen sollte. Und auch die EMA  startete im Februar 2017 ein Risikobbewertungsverfahren. Im Juni strebt der Pharmakovigilanzausschuss PRAC hierzu eine öffentliche Anhörung an, um die öffentliche Sicht auf das Risiko, das mit diesen Arzneimitteln verbunden ist, und die Machbarkeit bestimmter Maßnahmen besser zu verstehen, mit dem Ziel die Anwendungssicherheit dieser Arzneimittel zu verbessern.

Fluorchinolone zu leichtfertig verordnet

Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone sind tatsächlich nicht unkritisch. Nebenwirkungen wie Sehnenrupturen der Achillessehne oder QT-Zeit-Verlängerungen am Herzen sind seit langem bekannt. Auch das neurotoxische Potenzial der Fluorchinolone ist nicht neu. Im Zentralnervensystem kann sich dies durch Krampfanfälle oder psychotische Reaktionen äußern. Für das periphere Nervensystem sind Neuropathien beschrieben.

Welche Antibiotika gehen alternativ zu Fluorchinolonen

Häufig ist jedoch eher das Problem, dass Fluorchinolone zu leichtfertig verordnet werden, bei Bagatellinfektionen, bei denen auch besser verträgliche Antibiotika helfen. Nicht immer müssen Ciprofloxacin & Co. somit aufs Rezept. DAZ.online hat für die wichtigsten leichteren Infektionen alternative antibiotische Therapien zusammengefasst.

Alternative Antibiotika zu Flurochinolonen

Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin

Alternative Antibiotika zu Fluorchinolonen bei Sinusitis



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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