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May/Bauer/Dettling-Gutachten zu „Boni-Deckel“-Vorschlag
„Mehr als 1.000 Orte auf dem Land verlieren ihre einzige Apotheke“
Die SPD-Fraktion hat als Alternative zum Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel einen im Sozialrecht angesiedelten Boni-Deckel vorgeschlagen. Doch wohin selbst so vermeintlich kleine Apotheken-Boni führen können, zeigt das wettbewerbsökonomische Gutachten von Professor Dr. Uwe May, Cosima Bauer und Dr. Heinz-Uwe Dettling. Sie warnen vor einem „maximalen Schaden“ für die Versorgung.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat nach wie vor Schwierigkeiten, die SPD-Bundestagsfraktion von seinem Gesetzentwurf für ein Rx-Versandhandelsverbot zu überzeugen. Wenn diese Woche Mittwoch der Koalitionsausschuss keine entscheidende Wende bringt, bleiben zwei Optionen: Entweder die Union lässt sich auf den von den Sozialdemokraten ins Spiel gebrachten Boni-Deckel im Sozialgesetzbuch ein – oder es passiert nichts.
Beides ist nach Auffassung des Gesundheitsökonomen Professor Dr. Uwe May, seiner Kollegin, der Politikwissenschaftlerin Cosima Bauer und dem Juristen Dr. Heinz-Uwe Dettling keine Lösung, um die flächendeckende Arzneimittelversorgung über Vor-Ort-Apotheken in Deutschland sicherzustellen. In einem Gutachten, das sie im Auftrag der Noweda eG und des Deutschen Apotheker Verlags erstellt haben, kommen die Experten zu dem klaren Schluss: Eine tragfähige Alternative zum Rx-Versandverbot gibt es nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 nicht.
Das Boni-Beschränkungs-Szenario
In ihrem Gutachten beleuchten May, Bauer und Dettling verschiedene Szenarien, mit denen die Politik auf das Luxemburger Urteil reagieren kann. Eines davon zeigt auf, wie sich der SPD-Vorschlag einer sozialrechtlichen Deckelung zulässiger Boni auswirken würde. Dazu legen sie bei ihrer Expertise zahlreiche Zahlen und Daten zum Apothekenmarkt zugrunde – unter anderem des Deutschen Arzneimittelprüfinstituts (DAPI), der ABDA und der pharmafakt GmbH.
Das Fazit der Gutachter ist erschreckend: Unter plausiblen Annahmen hinsichtlich des Verbraucherverhaltens und der betriebswirtschaftlichen Situation der Apotheken sowie ihrer Verteilung im Raum bestehe das ernsthafte Risiko, dass mehr als 1.000 Ortschaften in Deutschland mit weniger als 5.000 Einwohnern selbst im Szenario des – vermeintlich – „sanften Wettbewerbs“ mit beschränkten Boni ihre einzige Apotheke im Umkreis von fünf Kilometern verlieren.
Landbevölkerung als Hauptleidtragende
Warum? Selbst „kleine“ Boni von einem bis zwei Euro pro verordneter Packung können aktuellen Umfragen zufolge einen Großteil der Bevölkerung motivieren, ihre rezeptpflichtigen Arzneimittel im Versand zu beziehen. Nach Berechnungen der Gutachter, die die grundsätzliche Versandeignung der Präparate und die durchschnittliche Zeit zwischen Rezeptausstellung und -einreichung berücksichtigen, könnten sie ohne weiteres dazu führen, dass 25 Prozent des Umsatzes mit Rx-Arzneimitteln auf die Versandapotheken verlagert werden. Die Krux: 25 Prozent weniger Umsatz sind keinesfalls auch 25 Prozent weniger Gewinn. Die Relation ist hier eine ganz andere: Bei einer durchschnittlichen Apotheke mit einem Nettoumsatz von zuvor etwa 2,1 Millionen Euro und einem Gewinn von ca. 136.000 Euro würden 25 Prozent weniger Umsatz den Rohertrag überproportional senken. Der Gewinn läge dann klar unter der als Rentabilitätsgrenze für Apotheken angenommenen Schwelle von 50.000 Euro (Unternehmergewinn ohne Steuer).
Und weil gerade viele Apotheken auf dem Land (mehr als 80 Prozent) höchstens einen Nettoumsatz von 2 Millionen Euro erzielen, sind diese „Apotheken-Solitäre“ in Dörfern und Kleinstädten am meisten gefährdet. Sie würden als niedrigschwellige Anlaufstelle in der Versorgung besonders fehlen – da helfen auch DocMorris-Arzneimittel-Automaten à la Hüffenhardt nichts. Sie ersetzen keine persönliche Beratung und sind auch nicht in der Lage, Verschreibungen auf ihre Korrektheit zu überprüfen und situativ auf besondere Erfordernisse bei der Arzneimittelanwendung zu reagieren. Auch die Versorgung mit schnell und dringend benötigten Arzneimitteln würde in Mitleidenschaft gezogen. Und schließlich: Weder Betäubungsmittel könnten abgegeben noch Rezepturen hergestellt werden.
May, Bauer und Dettling kommen daher zu dem Ergebnis: „Ein minimaler finanzieller Vorteil für die Verbraucher führte daher zu einem maximalen Schaden für die flächendeckende Versorgung“.
2 Kommentare
das beste Argument FÜR den Versand
von Pierre Roer am 28.03.2017 um 10:29 Uhr
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AW: Saudische Partei Deutschland
von Frank ebert am 28.03.2017 um 10:39 Uhr
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