May/Bauer/Dettling-Gutachten zu „Boni-Deckel“-Vorschlag

„Mehr als 1.000 Orte auf dem Land verlieren ihre einzige Apotheke“

Berlin - 28.03.2017, 09:30 Uhr

Ein Großteil der Apotheken auf dem Land wird selbst einem Preiswettbewerb mit kleinen Boni nicht standhalten können, prognostiziert ein wettbewerbsökonomisches Gutachten. (Foto: Sket)

Ein Großteil der Apotheken auf dem Land wird selbst einem Preiswettbewerb mit kleinen Boni nicht standhalten können, prognostiziert ein wettbewerbsökonomisches Gutachten. (Foto: Sket)


Die SPD-Fraktion hat als Alternative zum Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel einen im Sozialrecht angesiedelten Boni-Deckel vorgeschlagen. Doch wohin selbst so vermeintlich kleine Apotheken-Boni führen können, zeigt das wettbewerbsökonomische Gutachten von Professor Dr. Uwe May, Cosima Bauer und Dr. Heinz-Uwe Dettling. Sie warnen vor einem „maximalen Schaden“ für die Versorgung.  

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat nach wie vor Schwierigkeiten, die SPD-Bundestagsfraktion von seinem Gesetzentwurf für ein Rx-Versandhandelsverbot zu überzeugen. Wenn diese Woche Mittwoch der Koalitionsausschuss keine entscheidende Wende bringt, bleiben zwei Optionen: Entweder die Union lässt sich auf den von den Sozialdemokraten ins Spiel gebrachten Boni-Deckel im Sozialgesetzbuch ein – oder es passiert nichts.

Beides ist nach Auffassung des Gesundheitsökonomen Professor Dr. Uwe May, seiner Kollegin, der Politikwissenschaftlerin Cosima Bauer und dem Juristen Dr. Heinz-Uwe Dettling keine Lösung, um die flächendeckende Arzneimittelversorgung über Vor-Ort-Apotheken in Deutschland sicherzustellen. In einem Gutachten, das sie im Auftrag der Noweda eG und des Deutschen Apotheker Verlags erstellt haben, kommen die Experten zu dem klaren Schluss: Eine tragfähige Alternative zum Rx-Versandverbot gibt es nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Oktober 2016 nicht.

Das Boni-Beschränkungs-Szenario

In ihrem Gutachten beleuchten May, Bauer und Dettling verschiedene Szenarien, mit denen die Politik auf das Luxemburger Urteil reagieren kann. Eines davon zeigt auf, wie sich der SPD-Vorschlag einer sozialrechtlichen Deckelung zulässiger Boni auswirken würde. Dazu legen sie bei ihrer Expertise zahlreiche Zahlen und Daten zum Apothekenmarkt zugrunde – unter anderem des Deutschen Arzneimittelprüfinstituts (DAPI), der ABDA und der pharmafakt GmbH.

Das Fazit der Gutachter ist erschreckend: Unter plausiblen Annahmen hinsichtlich des Verbraucherverhaltens und der betriebswirtschaftlichen Situation der Apotheken sowie ihrer Verteilung im Raum bestehe das ernsthafte Risiko, dass mehr als 1.000 Ortschaften in Deutschland mit weniger als 5.000 Einwohnern selbst im Szenario des – vermeintlich – „sanften Wettbewerbs“ mit beschränkten Boni ihre einzige Apotheke im Umkreis von fünf Kilometern verlieren. 



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2 Kommentare

das beste Argument FÜR den Versand

von Pierre Roer am 28.03.2017 um 10:29 Uhr

...und genau so wollte es DocMorris doch haben, oder?
Erst die kleinen Apotheken auf dem Land durch ruinösen Preiskampf platt machen, dann als Retter der Not die "Versorgung der Landbevölkerung sicherstellen".
Genau deswegen haben die diesen "Boni-Deckel" der SPD ( Saudische Partei Deutschland) als angebliche Alternative zum Rx Versandverbot eingeflüstert, zwei Fliegen mit einer Klappe: Konkurrenz platt gemacht, politische Vorteile gesichert.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Saudische Partei Deutschland

von Frank ebert am 28.03.2017 um 10:39 Uhr

Guter Name für die ahnungslosen Deppen

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