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Statt Rx-Versandverbot
Grüne wollen Höchstpreise und Versorgungsforschung
Die Bundestagsfraktion der Grünen hält die Rx-Preisbindung für kein geeignetes Instrument, die flächendeckende Arzneimittelversorgung zu sichern. Die Oppositionsfraktion spricht sich in einem Gesetzesantrag für ein Höchstpreismodell aus, um kurzfristig die Benachteiligung einheimischer Apotheken zu beenden. Längerfristig bedürfe es einer grundlegenden Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung. An der Ablehnung des Rx-Versandverbots hält die Fraktion fest.
Nach Ansicht von Kordula Schulz-Asche, Arzneimittelexpertin in der Grünen-Fraktion im Bundestag, ist der Referentenentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zum Versandhandelsverbot verschreibungspflichtiger Arzneimittel zum Scheitern verurteilt: „Der Entwurf findet innerhalb der Koalition keine Unterstützung und auch außerhalb der Regierung werden die kritischen Stimmen immer lauter. Sogar die ABDA, die das Verbot grundsätzlich unterstützt, kritisiert den Entwurf, da er die wichtige Versorgung durch spezialisierte Versandapotheken für seltene Erkrankungen schlicht nicht berücksichtigt", erklärte sie in einer Mitteilung. Dass die ABDA in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf einen Lösungsvorschlag vorgelegt hat, erwähnt Schulz-Asche allerdings nicht.
Die Herausforderungen der Arzneimittelversorgung hält die Gesundheitsexpertin der Grünen für komplexer, als dass ihnen durch ein „Verbot von Versandapotheken" (sic!) mit ihrem einprozentigen Marktanteil bei Rx-Medikamenten hinreichend begegnet werden könnte. Auch die Preisbindung hält Schulz-Asche für wenig hilfreich. So seien die Gewinne der Apotheken ungleich verteilt – und zwar nachhaltig, sagt die Grünen-Politikerin weiter. Die gesetzlich fixierten Preise sollen eigentlich für eine gleichmäßige Versorgung sorgen, tatsächlich nützen sie den großen Apotheken in Bestlagen. Die ländlichen Apotheken hingegen würden durch die Preisbindung belastet, erklärt Schulz-Asche in ihrer Mitteilung. Und nicht nur das: Der Versorgung in sozialen Randlagen schadeten die Fixpreise ihrer Ansicht nach sogar.
„Versandhandel nur ergänzend, aber wichtig"
Um diese Sachlage zu ändern, bringen die Grünen nun einen Gesetzgebungsantrag ins Parlament ein. Der Antrag ist überschrieben mit dem Titel „Arzneimittelversorgung an Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten orientieren – heute und in Zukunft“. Er stellt klar die Wichtigkeit einer guten Arzneimittelversorgung und einer fachkompetenten Beratung heraus – für alle Patienten und zu jeder Tages- und Nachtzeit. Präsenzapotheken leisteten hierbei unverzichtbare Dienste, wie die persönliche Beratung, die kurzfristige Arzneimittelherstellung und das Angebot von Nacht- und Notdiensten, heißt es weiter.
Die Anforderungen an den Apotheker als Heilberuf stiegen aufgrund der immer komplexer werdenden Arzneimitteltherapien. Die Herausforderung für die Zukunft sehen die Grünen vor allem darin, diese Struktur zu erhalten – vor allem in ländlichen Regionen, wo Arztpraxen schließen und Apotheken keine Nachfolger mehr finden. Um diese Entwicklungen zu verstehen und den Ursachen und Auswirkungen entgegenwirken zu können, ist nach Ansicht der Fraktion zum Einen eine grundlegende Versorgungsforschung notwendig, um die regionalen Entwicklungen in der Arzneimittelversorgung zu analysieren. Zum Anderen bedarf es einer aufeinander abgestimmten und Sektor-übergreifenden regionalen Versorgung, deren Bestandteil auch die Apotheker sein müssen. Die Rolle des Versandhandels sehen die Grünen vor allem bei der Versorgung von Patienten mit komplexen chronischen und seltenen Erkrankungen. Er sei zwar nur ein ergänzender, aber für manche Patienten wichtiger Teil der Gesundheitsversorgung, heißt es in dem Antrag.
„Benachteiligung einheimischer Apotheken muss beendet werden"
Keine Antwort auf die kommenden Herausforderungen sei hingegen die Rx-Preisbindung, heißt es weiter. Neue Beweise für diese These legen die Grünen nicht vor und berufen sich bei ihren Forderungen auf den EuGH. Dieser habe keine Belege für eine aufgrund der Preisbindung bessere regionale Verteilung der Apotheken in Deutschland, oder gar eine Gefährdung für die Arzneimittel-versorgung im Falle ihres Wegfalls gesehen. Eine Einschätzung die ein aktuelles Gutachten im Auftrag der Noweda und des Deutschen Apotheker Verlags übrigens widerlegt. Vielmehr müsste die derzeitige Benachteiligung einheimischer Apotheken gegenüber ausländischen Versandapotheken beendet werden. Ein weiteres Anliegen ist den Grünen die finanzielle Entlastung der Patienten.
Daher fordert die Oppositionsfraktion die Bundesregierung auf, das Verbot des Rx-Versandhandels nicht weiter zu verfolgen. Alternativ solle ein Gesetzentwurf mit einer Höchstpreisregelung vorgelegt werden – und zwar unverzüglich. Dieser müsse zudem die mit dem Urteil des EuGH hervorgerufene Benachteiligung einheimischer Apotheken gegenüber ausländischen Versandapotheken beenden und eine zusätzliche finanzielle Belastung der Patientinnen und Patienten vermeiden, so die Forderung.
Mittelfristig soll die Zuzahlung abgeschafft werden
Des Weiteren möchten die Grünen ein flächendeckendes,
regelmäßiges und transparentes Monitoring des Apothekenmarktes und der
bedarfsgerechten Arzneimittelversorgung einführen – und zwar gemeinsam mit den
Ländern und den Apothekerkammern. Außerdem soll eine Expertenkommission
einberufen werden, die zeitnah Handlungsempfehlungen für die Politik zur
Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung erarbeitet. Mit dieser Forderung entspricht die Grünen-Fraktion den Vorstellungen von Sabine Dittmar und Edgar Franke aus der SPD-Bundestagsfraktion, die vorgeschlagen hatten, den Rx-Versand zu erhalten, Rx-Boni begrenzt zuzulassen und das Apothekenhonorar durch eine Expertenkommission überprüfen und anschließend umstellen zu lassen.
Nach den Vorstellungen der Grünen möge diese Kommission beantworten, wie das Honorierungs- und Preissystem der Apotheken langfristig weiterentwickelt werden kann – Grundlage dafür soll auch das vom Bundesministerium für Wirtschaft in Auftrag gegebenen Gutachten zu Änderungen der Arzneimittelpreisverordnung sein. Und auch, wie mittelfristig die Zuzahlung für Medikamente abgeschafft werden kann. Außerdem soll die Expertenkommssion Vorschläge erarbeiten, wie flexiblere und bedarfsgerechte Versorgungsangebote in ländlichen und sozial benachteiligten Regionen ermöglicht und Apotheken zu Akteuren in vernetzten, regional abgestimmten Versorgungsmodellen werden können.
Die Grünen-Fraktion hatte sich in den vergangenen Monaten nach dem EuGH-Urteil mehrfach gegen das Rx-Versandverbot ausgesprochen. Einem Antrag der Linksfraktion zum Verbot des Rx-Versandes widersprach die Fraktion vehement. Ende 2016 hatte Schulz-Asche außerdem ein Spitzengespräch im Bundestag veranstaltet, zu dem erstmals alle Marktbeteiligten (inklusive der ABDA und DocMorris) erschienen, um ihre Meinungen vorzutragen.
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Hinweis der Redaktion: Im Text war bislang nicht enthalten, dass die Grünen-Fraktion als Alternative zum Rx-Versandverbot einer weiteren Aussage der SPD-Gesundheitzsexperten Franke und Dittmar entspricht: Laut Grünen-Antrag sollen Rx-Boni lediglich bis zu einer Höhe von einem Euro zugelassen werden. (Stand: 23.März.2017, 15:20)
6 Kommentare
Die Grünen kapieren es eben auch nicht !
von Ratatosk am 27.03.2017 um 10:18 Uhr
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Ramen, ich sage euch, meine lieben Grünen!
von Mr. MIR am 26.03.2017 um 11:28 Uhr
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Saarland
von Dr Schweikert-Wehner am 23.03.2017 um 7:32 Uhr
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Ojeoje..noch sone Brüller !
von gabriela aures am 22.03.2017 um 16:15 Uhr
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grünes Wischiwaschinichtkonkretwerdenweilkeineahnung
von Peter Bauer am 22.03.2017 um 16:13 Uhr
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Höchstpreise ? Ja, ...
von gabriela aures am 22.03.2017 um 15:13 Uhr
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