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- Mit dem Rauchen aufhören
ZUSAMMENFASSUNG
Das „Rauchen aufhören“ zählt wie „mehr Sport“ zu den Klassikern bei den guten Vorsätzen zum Neuen Jahr. Nikotinersatz mit Kaugummis, Pflastern, Inhalern und E-Zigaretten – was hilft, die Zigarette endlich sein zu lassen? Und bezahlt die Krankenkasse die Nikotinersatztherapie?
Silvester weckt jedes Jahr unglaubliche Motivationsgeister.
Die guten Vorsätze, was im Neuen Jahr besser gemacht werden soll, wie man
gesünder lebt – mit weniger Zigaretten, weniger Alkohol dafür aber umso mehr Sport –
ändern sich meist kaum bis gar nicht. Was vielleicht darauf zurückzuführen ist,
dass insbesondere mit dem Rauchen aufzuhören, offenbar ein schwieriges Unterfangen
zu sein scheint und Raucher im Laufe des Jahres dann doch irgendwann wieder zur
Zigarette greifen – um sich dann vor dem nächsten Silvester erneut das gleiche
vornehmen zu können. Dass der Rauchstopp zwar ein wiederholter, aber dennoch guter Vorsatz ist,
zeigt eine aktuelle Studie aus den Vereinigten Staaten, die im JAMA Internal
Medicine veröffentlicht wurde: Selbst Raucher, deren Konsum durchschnittlich
bei weniger als einer Zigarette pro Tag liegt, haben ein höheres Sterberisiko
als lebenslange Nichtraucher.
Die Ergebnisse der Studie stützen die Warnungen, dass es kein gesundheitlich sicheres Level beim Rauchen gibt.
Die Erhebung lief über einen Zeitraum von etwa sieben Jahren und schloss Daten von über 290.000 Menschen ein, wobei die Verteilung der einzelnen Gruppen allerdings sehr ungleichmäßig war und auch Anlass für Kritik bot: 111.000 Nichtraucher, 22.000 Raucher und 156.000 Ex-Raucher. Die Gruppe der Raucher, die im Mittel weniger als eine Zigarette pro Tag rauchten, umfasste gerade einmal 159 Personen. Dennoch zeigt die Untersuchung eine Tendenz: Von den lebenslangen Nichtrauchern starben neun Prozent an Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen oder an Krebs. Bei den Konsumenten von weniger als einer Zigarette pro Tag waren es 16 Prozent.
Raucher sterben zehn Jahre früher
Gründe für den Rauchstopp gibt es genug. Das finden nicht nur überzeugte Nichtraucher, die meist wild fluchend beginnen, angewidert mit den Armen zu wedeln, sobald sich Personen mit einem „Glimmstängel“ in ansatzweiser Geruchsnähe befinden. Auch Zahlen und Statistiken belegen, dass Tabakkonsum schädlich ist – wohl bereits in geringsten Mengen. Auch wenn sich der noch immer weit verbreitete Gedanke, wenig rauchen sei wie nicht rauchen hartnäckig hält, ist dieser – nach der aktuellen Datenlage – offenbar ein Irrglaube.
Allein die Bundesrepublik zählt jährlich 106.000 Todesfälle durch die Folgen des Tabakkonsums – weltweit sind es fünf Millionen. Im Mittel leben Raucher zehn Jahre kürzer als Nichtraucher und von den rund 4800 Substanzen im Tabakrauch sind wenigstens 90 gesichert oder zumindest mutmaßlich krebserregend oder mutagen.
Nun ist es nicht so, dass Raucher die gesundheitlichen Risiken ihres Tabakkonsums nicht kennen. Der Wunsch, mit dem Rauchen aufzuhören ist durchaus vorhanden – an Silvester vielleicht ein bisschen stärker als an den anderen 364 Tagen des Jahres. Eine bessere körperliche Fitness oder bereits aufgetretene gesundheitliche Beschwerden motivieren zum Rauchstopp. Aber auch soziale und gesellschaftliche Aspekte – Rauchverbote, sozialer Druck durch das Umfeld – bewegen Tabakkonsumenten immer wieder, zu versuchen, der Zigarette endgültig das Licht auszupusten. Und: Rauchen ist teuer.
Immerhin haben zwei Drittel der Raucher bereits mindestens einen Versuch unternommen, der Zigarette den Garaus zumachen. Die Chancen auf Erfolg lesen sich allerdings ziemlich ernüchternd: Es gelingt lediglich mageren drei bis sieben Prozent über sechs Monate erfolgreich rauchfrei zu bleiben.
Tabakabhängige Raucher bleiben lebenslang rückfallgefährdet.
Die höchste Rückfallgefahr besteht in den ersten Tagen der Nikotinabstinenz – sie sinkt mit der Dauer des Tabakverzichts. Am Anfang also durchhalten. Aber was macht gerade die schwierige Anfangszeit leichter?
Da wiederum verspricht die Leitlinie Hoffnung: „Die medikamentöse Unterstützung des Rauchers mithilfe einer Nikotinersatztherapie ist wirkungsvoll zur Erreichung von Tabakabstinenz“. Es gibt zahlreiche Studien, die die Wirksamkeit einer unterstützenden Nikotinersatztherapie (NET) bei der Tabakentwöhnung belegen.
Nikotinersatz: Was und wie lange?
Nikotinersatzpräparate haben den klaren Vorteil, dass sie auf begleitende Schadstoffe verzichten, wie sie im Tabakrauch enthalten sind.
In der Apotheke findet sich ein buntes Portfolio an Nikotinpräparaten – Pflaster, Kaugummis, Nikotinsprays, Inhaler oder Lutschtabletten. Die einzelnen Präparate unterscheiden sich in der Nikotinfreisetzung und der Kinetik. Mit Pflastern erreichen Raucher konstante Nikotinspiegel im Blut. Kaugummis, Sprays und Inhaler fluten rascher an.
Klassische Nikotinsubstitutionsprodukte gibt es beispielsweise von Nicorette® (Kaugummis in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen, Lutschtablette, Inhaler, Spray und Pflaster) oder auch von Nicotinell® (Kaugummis, Lutschtabletten, Pflaster).
Nicht jede NET eignet sich in gleichem Maße für jeden Tabakraucher gleich gut: Gelegenheitsraucher kommen mit kurzwirksamen Präparaten wie Kaugummis oder einem Mundspray meist gut und ausreichend zurecht. Regelmäßigen Tabakkonsumenten können Apotheker eher die Pflaster anbieten.
Nikotinpflaster plus Kaugummi für starke Raucher
Starken Rauchern mit schweren Entzugserscheinungen empfiehlt die Leitlinie, ein langwirksames Präparat mit einem schnell freisetzenden Akutpräparat zu kombinieren. Für eine solch duale Therapie eignen sich Pflaster plus Inhaler oder Kaugummis oder Spray. Insbesondere starke Raucher profitieren hinsichtlich ihrer Erfolgschancen von diesen Kombinationen.
Zur Tabakentwöhnung sollen Raucher die NET über eine Dauer von acht bis zwölf Wochen anwenden und während dieser Zeit sukzessive reduzieren, entweder durch wirkstoffärmere Kaugummis oder den gelegentlichen Ersatz der nikotinhaltigen Kaugummis durch wirkstofffreie. Die Dauer einer NET kann in bestimmten Fällen auch verlängert werden. So sieht die Leitlinie eine Berechtigung für ein Fortführen der Nikotinersatztherapie „bei gutem Behandlungserfolg, aber fortgesetzter Rückfallgefahr“.
Die drei A-Tipps: aufschieben, ausweichen, ablenken
Thomas Benkert, Vizepräsident der Bundesapothekerkammer erklärt hierzu:„Nikotinersatzmittel sind nur für eine Übergangszeit gedacht. Sie reichen alleine meist nicht aus, um sich dauerhaft von der Zigarette zu verabschieden“.
Wer wirklich mit dem Rauchen stoppen will, müsse vor allem seine innere Einstellung ändern, heißt es in einem Schreiben der Bundesapothekerkammer. Dass psychotherapeutische Intervention eine dauerhafte Tabakabstinenz unterstützen kann, ist erwiesen. So empfiehlt auch die Leitlinie – mit dem höchsten Empfehlungsgrad A –verhaltenstherapeutische Maßnahmen zu nutzen.
Raucher können auch versuchen, beim Verlangen nach einer Zigarette sich selbst ein wenig auszutricksen. Die A-Tipps helfen dabei. Aufschieben – wer den Wunsch zu rauchen verspürt, sollte erst einmal zehnmal durchatmen. Raucher sollten außerdem Bereiche meiden, die eine besonders starke Versuchung darstellen, wie Rauchzonen im Bahnhof. Ausweichen also. Ablenken durch ein Telefonat beispielsweise kann letztendlich auch helfen, seine Gedanken auf etwas anderes als eine Zigarette zu fokussieren.
Nikotinersatz mit der E-Zigarette: Ein neuer Trend
Das Rauchen von E-Zigaretten ist auf dem Vormarsch. So werden mittlerweile E-Zigaretten ähnlich häufig zur Suchtentwöhnung eingesetzt wie andere nikotinhaltige Präparate.
Als relativ neue Möglichkeit des Nikotinersatzes fehlen bislang Langzeituntersuchungen zu E-Zigaretten, die ein Abschätzen gesundheitlicher Folgen zulassen. Aus diesem Grund kann die Leitlinie bislang keine klare Empfehlung für E-Zigaretten aussprechen. Allerdings sei die Akzeptanz bei Rauchern sehr hoch. Als Mittel zur „Harm Reduction“ könne sie drei Gruppen von Rauchern ansprechen und zurTabakentwöhnung genutzt werden:
- Dauerhafte Alternative: Für Raucher ohne Abstinenzmotivation, die ihren Tabakkonsum reduzieren möchten, Harm Reduction.
- Vorübergehende Alternative bis zum Rauchstopp. Für Raucher, die erfolglos versucht haben, von der Zigarette loszukommen oder explizit eine neue Methode zur Rauchentwöhnung testen wollen.
- Dual Use: Kombinierter Gebrauch von Tabak- und E-Zigaretten, um dauerhaft den Zigarettenkonsum zu reduzieren.
Bedenken äußert die Leitlinie zum Gehalt von Propylenglykol als Vernebelungsmittel oder dass in manchen Liquids von E-Zigaretten Schwermetalle gefunden wurden.
Rauchstopp: Was zahlt die Krankenkasse?
Immer wieder konfrontieren Kunden Apotheker bei der Beratung zu Nikotinersatzpräparaten mit der Frage: „Zahlt das nicht die Krankenkasse?“
Die Antwort ist hier eindeutig und in § 34 SGB V Abs. 1 A gesetzlich fest verankert: Arzneimittel, die hauptsächlich dazu dienen, die Lebensqualität der Patienten zu erhöhen, schließt die Krankenkasse von der Erstattung aus. Darunter fallen auch Arzneimittel zur Rauchentwöhnung. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) argumentiert: „Da es sich dabei um Arzneimittel handelt, deren Einsatz im Wesentlichen durch die private Lebensführung bedingt ist, ist jeder Verbraucher für deren Finanzierung selbst verantwortlich.“ Somit zahlen Raucher Nikotinersatzpräprate oder andere Arzneimittel, die ihre Rauchwentwöhnung unterstützen sollen, selbst.
Der G-BA listet in der Anlage II der Arzneimittelrichtlinie Präparate, die von der Erstattung ausgeschlossen sind: Nikotin (Niquitin®, Nicopass®, Nicopatch®, Nicorette®, Nicotinell®, Nikofrenon®), Bupropion (Zyban®) und Vareniclin (Champix®).
Die Arzneimittel Bupropion und Vareniclin sind rezeptpflichtig, dennoch aber nicht erstattungsfähig. Sie fallen nicht unter die First-Line-Therapie zur Rauchentwöhnung, sondern sollen erst dann zum Einsatz kommen, wenn eine Nikotinersatztherapie erfolglos geblieben ist.
Inhalt
Rauchstopp: Wie klappt`s?
Am Anfang steht unabdingbar ein eiserner Wille und die Entschlossenheit, mit dem Rauchen aufzuhören. Die ersten zigarettenfreien Tage sind die schlimmsten – aber, mit jedem Tag ohne Zigarette fällt es Rauchern leichter, auf sie zu verzichten. Und: Mit jedem zigarettenfreien Tag steigen die Erfolgsaussichten, dauerhaft rauchfrei zu bleiben. Gerade die schwere Anfangszeit können sich Raucher durch Nikotinersatzpräparate erleichtern: Gelegenheitsraucher kommen meist mit Akutpräparaten wie Kaugummis, Inhalern oder Sprays gut zurecht. Für regelmäßige Raucher eignen sich langwirksame Nikotinersatzpräparate wie Pflaster. Starke Raucher profitieren von einer Kombination beider Systeme. Nikotinersatzpräparate erhalten Raucher rezeptfrei in der Apotheke. Die drei „A-Tipps“ sollten Raucher immer versuchen umzusetzen: aufschieben, ausweichen, ablenken. Und: Raucher müssen ihre Nikotinersatzpräparate selbst bezahlen.
5 Kommentare
Rauchstopp
von Melanie am 18.06.2019 um 9:53 Uhr
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Erfahrungen mit den NichtraucherHelden
von Stefanie am 02.10.2018 um 16:04 Uhr
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Selbstkontrolle und Aufschieberitis
von Götz Uwe Kress am 26.01.2018 um 23:00 Uhr
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von Gianluca am 09.01.2018 um 12:47 Uhr
von NichtraucherFormel am 09.01.2018 um 12:53 Uhr
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Frau Rauchfrei
von Helena am 15.08.2017 um 12:24 Uhr
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