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Pharmazeutische Dienstleistungen
Länder wollen Rechtssicherheit für Zusatzhonorare der Apotheker
In seiner nächsten Sitzung könnte der Bundesrat eine wichtige Forderung der Apotheker beschließen. Es geht um die Rechtssicherheit von Verträgen zwischen Kassen und Apotheken über pharmazeutische Dienstleistungen, wie etwa Beratungsleistungen oder Präventionsmaßnahmen. Doch offen ist, ob der Bundestag die Pläne mitträgt.
Konkret geht es um Einzelverträge, die die Apothekerverbände in den Bundesländern in den vergangenen Jahren mit den Kassen abgeschlossen hatten. Immer häufiger vereinbaren die Apotheker Verträge über Beratungsleistungen wie etwa Medikationsmanagement-Projekte oder bestimmte Präventionsmaßnahmen. In einigen Fällen ist es allerdings dazu gekommen, dass die Aufsichtsbehörden der Krankenkassen diese Verträge anzweifeln. Ein Beispiel ist ein Projekt zur Schwangeren-Beratung, das die Bayerischen Apotheker mit der dortigen AOK vereinbart hatten. Aus Sicht der Aufsichtsbehörden gibt es im Sozialgesetzbuch V keine Rechtsgrundlage für solche Tätigkeiten der Apotheker. Auch sei nicht vorgesehen, dass Apotheker für solche Dienstleistungen bezahlt würden, so das Argument der Behörden. Im Falle der bayerischen Schwangeren-Beratung musste das Projekt sogar gestoppt werden.
Die ABDA hatte in den vergangenen Monaten bei den Gesundheitspolitikern vergeblich dafür geworben, das SGB V entsprechend zu ändern. Nun kommt den Apothekern aber der Bundesrat entgegen: Der Gesundheitsausschuss der Länderkammer hat in der vergangenen Woche erstmals das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG) beraten, das unter anderem Honorarerhöhungen für Apotheker in den Bereichen Rezepturherstellung und BtM-Abgabe vorsieht. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig, der Bundesrat muss dem Vorhaben also nicht ausdrücklich zustimmen. Allerdings können die Länder dem Bundestag Änderungsempfehlungen dazu vorlegen.
Und genau diese Änderungsempfehlungen hat der Gesundheitsausschuss der Länderkammer in der vergangenen Woche erarbeitet. Ein Beschluss betrifft die pharmazeutischen Dienstleistungen der Apotheker. Demnach empfehlen die Gesundheitsexperten der Länder, dass Apotheken-Verträge auch Leistungen enthalten können, die zusätzlich zur Packungsabgabe erbracht werden. Aus Sicht der Länder ist die Erbringung von pharmazeutischen Dienstleistungen „sinnvoll“, denn: „Apotheken haben neben anderen Leistungserbringern einen besonderen Patientenbezug. Insofern existiert ein Bedarf nach ergänzenden Verträgen, die nicht im Zusammenhang mit der Abgabe von Arzneimitteln stehen und die im Rahmen des Sachleistungsprinzips insbesondere Leistungsumfang und Vergütung regeln.“
Bundesländer wollen Importquote abschaffen
Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates hat sich außerdem dafür ausgesprochen, die Importförderklausel komplett abzuschaffen. Auch diese Maßnahme steht seit Monaten auf der Forderungs-Liste der ABDA. Die Gesundheitsexperten der Länder argumentieren, dass die Importquote seit dem Inkrafttreten des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetzes (AMNOG) eine Doppelregulierung darstelle. Seitdem es die Nutzenbewertung gebe, sei die Quote als Sparinstrument überflüssig. Und weiter: „Sie ist auch deshalb nicht mehr nötig, da das Erstattungsniveau in Deutschland inzwischen vielfach unter dem europäischen Durchschnitt liegt. Dies führt dazu, dass sich Deutschland zunehmend vom Import- zum Exportland entwickelt.“ Auch seien die Einsparungen im Vergleich zu anderen Sparinstrumenten „marginal“. Das vergleichsweise geringe Einsparvolumen rechtfertige nicht den bürokratischen Mehraufwand und die damit verbundenen Kosten bei den Apothekern.
Für die Apotheker ist auch positiv, dass die Länder die im AMVSG vorgesehenen Regelungen zum Apothekenhonorar nicht kritisieren. Auch bei der ersten Lesung des Gesetzes im Bundestag hatte es keine Widersprüche bei diesen Punkten gegeben. Dass Apotheker ab dem Frühjahr 2017 mit höheren Einnahmen bei der Rezepturherstellung und der BtM-Abgabe rechnen können, wird damit immer wahrscheinlicher.
In erster Linie ist das AMVSG allerdings ein Gesetz mit mehreren Pharma-relevanten Maßnahmen. Mit dem Vorhaben will der Gesetzgeber die Punkte aufgreifen, die die Bundesregierung im Laufe des Pharmadialoges mit der Pharmaindustrie vereinbart hatte. Mit Blick auf die Nutzenbewertung von Arzneimitteln sprechen sich die Bundesländer für eine sogenannte Clearingstelle aus. Hintergrund: Immer wieder kommt es zwischen Kassen und Herstellern zu Unstimmigkeiten, was den Zusatznutzen eines Medikamentes betrifft. Die Länder schlagen nun vor, dass die Clearingstelle bei solchen Streitigkeiten tätig wird und Kompromissvorschläge erarbeitet. Auch Methodenfragen rund um die Nutzenbewertung sollen die Experten der Clearingstelle klären.
Länder brauchen keine Umsatzschwelle
Einer der wichtigsten Punkte des Pharmadialoges war die Einrichtung eines Arztinformationssystems, über das die Mediziner Informationen über den Zusatznutzen neuer Medikamente erhalten sollen. Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates spricht sich dafür aus, dass die Informationen „neutral und kompakt“ gehalten werden. Allerdings dürfe nicht versucht werden, die Verordnungen der Mediziner aus Kostengesichtspunkten zu steuern. Damit greifen die Länder eine Kernforderung der Pharmaindustrie auf. Die Kassen hatten ihrerseits nämlich darauf beharrt, dass die Ärzte in dem System auch Informationen zu den Kosten der jeweiligen Arzneimittel erhalten.
Die Apotheker dürfte es zudem erfreuen, dass die Gesundheitsexperten der Bundesländer sich für eine Mehrfachvergabe bei Generika-Rabattverträgen aussprechen. Aus Sicht der Länder können so Lieferengpässe vermieden werden. Die ABDA fordert seit Jahren, dass Generika verpflichtend mehrfach und nicht mehr exklusiv ausgeschrieben werden.
Länder argumentieren pro Pharma
Einer der umstrittensten Punkte des AMVSG ist die sogenannte Umsatzschwelle. Die Bundesregierung will die Ausgaben für neue Arzneimittel in den Griff bekommen, indem im ersten Jahr nach Marktzulassung künftig eine Umsatzschwelle von 250 Millionen Euro greift. Überschreiten die Einnahmen der Hersteller diese Schwelle, soll der zwischen Kassen und Herstellern ausgehandelte Erstattungsbetrag gelten. Die Bundesländer schlagen sich nun auf die Seite der Pharmaindustrie. Aus ihrer Sicht ist die Umsatzschwelle grundsätzlich „nicht hinreichend begründbar“ und somit nicht rechtssicher. Der Finanzausschuss des Bundesrates merkt außerdem an, dass an den Preisverhandlungen zwischen Kassen und Herstellern auch die Beihilfeträger und Vertreter der Privaten Krankenversicherung teilnehmen sollten.
Wie bereits berichtet, spricht sich der Gesundheitsausschuss schließlich dafür aus, nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung schnellstmöglich ein Rx-Versandhandelsverbot auf den Weg zu bringen. All diese Vorschläge des Gesundheitsausschusses werden dem Plenum des Bundesrates am 25. November zur Abstimmung vorgelegt. In der Regel folgt das Plenum den Empfehlungen der Ausschüsse. Weil das AMVSG nicht zustimmungspflichtig ist, muss der Bundestag diese Beschlüsse aber nicht ins Gesetz einarbeiten. Vielmehr muss die Bundesregierung zu den Vorschlägen der Länder Stellung beziehen. Über Änderungsanträge könnten die Ideen der Bundesländer eingearbeitet werden, müssen sie aber nicht.
3 Kommentare
Abschaffung der Import-Quote
von Alexander Zeitler am 15.11.2016 um 23:52 Uhr
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Ich bin dafür..
von Christiane Patzelt am 15.11.2016 um 13:33 Uhr
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Bundestag will keine Rechtssicherheit für Apotheken
von Karl Friedrich Müller am 15.11.2016 um 11:45 Uhr
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