Karl Lauterbach (SPD)

„Das kleine Pflänzlein Versandhandel nicht erdrücken“

Berlin - 14.11.2016, 09:10 Uhr

Bitte erhalten! Aus Sicht des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach sollte die Große Koalition jetzt nicht dem Lobby-Druck der Apotheker nachgeben und den Rx-Versandhandel verbieten. (Foto: Sket)

Bitte erhalten! Aus Sicht des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach sollte die Große Koalition jetzt nicht dem Lobby-Druck der Apotheker nachgeben und den Rx-Versandhandel verbieten. (Foto: Sket)


SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach bleibt dabei: Er will den Rx-Versandhandel erhalten und sieht die vom EuGH erlaubten Rx-Boni sogar als Chance. Apotheken gehe es wirtschaftlich gut, die Beratung sei oft gar nicht notwendig und deutsche Versandapotheken sollten sich schnell am Boni-Markt beteiligen dürfen, erklärt Lauterbach in einem Interview.

Am vergangenen Donnerstag hatte im Bundesgesundheitsministerium (BMG) ein Spitzengespräch stattgefunden, bei dem das Ministerium und die Regierungsfraktionen die Möglichkeiten nach dem EuGH-Urteil zur Preisbindung ausloten wollten. Einer der Streitpunkte, die sich aus dem Gespräch ergaben: SPD und Union können sich nicht darauf einigen, ob die von ausländischen Versandapotheken gewährten Rx-Boni an die Versichertengemeinschaft weitergegeben werden sollen oder ob der Versicherte persönlich profitieren darf.

Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung stellte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Karl Lauterbach, seine Meinung zu dieser Frage klar: Die offerierten Boni seien gerade für chronisch Kranke mit kleinem Einkommen eine interessante Sparmöglichkeit, auch wenn deren Zuzahlungen ohnehin auf ein Prozent des Haushaltseinkommens im Jahr begrenzt sind, heißt es in der FAZ.

Lauterbach bekräftigte zum wiederholten Male, dass seine Fraktion für ein Rx-Versandhandelsverbot nicht zu haben sei. „Wir sind zu einem kurzfristigen Verbot nicht bereit, und das haben wir auch der Union und dem Bundesgesundheitsminister mitgeteilt.“ Die SPD sei nicht für „Schnellschüsse unter dem Lobbydruck und zugunsten der Apotheker“ zu haben. „Wir müssen die Interessen der Patienten und Versicherten in den Vordergrund stellen und nicht reflexartig die Einkommensängste bestimmter Apotheker“, erklärte der SPD-Politiker. Insbesondere Patienten, die auf dem Land lebten und es weit zur nächsten Apotheke hätten, profitieren laut Lauterbach vom Versandhandel. Der SPD-Fraktionsvize wies auch darauf hin, dass der Versandhandel derzeit etwa 0,5 Prozent Umsatzanteil hat. Er sei „ein kleines Pflänzlein, das wir nicht erdrücken dürfen“.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

SPD-Fraktionsvize bleibt bei seinem Nein zum Rx-Versandverbot – Boni für Versicherte begrüßt er

Lauterbach sorgt sich um „zartes Pflänzchen“

Apothekenthema im Bundestag

Bewegung im Versandhandels-Konflikt

Brief an alle SPD-Abgeordneten

Lauterbach macht Front gegen Rx-Versandverbot

Neuer Lauterbach-Brief

Mit Ärzten Apotheken retten

Arzneimittelthemen im Kanzleramt

Union will Rx-Versandverbot zur Chefsache machen

Reaktion auf Vorschlag der Unionsfraktion

Lauterbach: Das Rx-Boni-Verbot ist nicht rechtssicher

Apothekerkammer Niedersachsen

„Lauterbach ist an dieser Stelle feige“

18 Kommentare

Lauterbachs zarte Pflänzchen

von Bernd Mayer am 15.11.2016 um 15:09 Uhr

Den Vergleich von Versandapotheken, die sich Millionen an der Börse oder vom Investor abholen, mit den zarten Plänzchen lesen zu müssen, macht mich unglaublich wütend.
Seine Fehleinschätzungen werden von seiner Wortwahl noch getoppt .In der Gattung kleiner Pflänzchen sieht Herr Lauterbach bestimmt auch Rhön Kliniken, Fresenius
und Pfizer

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Zartes Pflänzchen

von Volker König am 15.11.2016 um 8:48 Uhr

Wenn das Pflänzchen denn so zart ist, verstehe ich das Geschrei nicht, dass es für die Versorgung auf dem Lande unabdingbar wäre. So liegt natürlich die Befürchtung nahe, dass für die Ansiedlung des Riesen-Bärenklaus ein funktionierendes Öko-System geopfert werden soll, um im Sprachbild zu bleiben.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Lauterbach

von Jan Reuter am 15.11.2016 um 6:51 Uhr

Die andauernde, linear reduktionistische Art und Weise, sich Digitalisierung und Robin Hood auf die Fahne zu schreiben ist mittlerweile unerträglich. Dass damit bald ein mehr als wichtiger Bestandteil der Patientenversorgung nicht mal mehr ein zartes Pflänzchen sein wird ist im Vergleich zu einer Menge von Wählerstimmen offensichtlich egal. St. Martin war kein Sozialist- er hat seinen eigenen Mantel geteilt und keinen fremden "verschenkt", sehr geehrter Herr Lauterbach.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wes Krumen ich pick', des Schmähgesang ich gröl'...

von Andreas P. Schenkel am 14.11.2016 um 20:14 Uhr

Herr Lauterbach!

Ihr zartes Pflänzchen, damit meinen Sie vermutlich insbesondere den ach so armen, von den bösen bösen 'Thekers so sehr gepiesackten Versandling vom Oberhänsli und Müllermäxli.
Was Ihr "zartes Pflänzchen" ist, das kann ich Ihnen ganz genau sagen: Es ist ein invasiver destruktiver Neophyt.
Fragen Sie doch mal bitte bei der Fraktion links neben Ihnen im Bundestag nach, was das bedeutet!

Solche Wortmeldungen wie die Ihre beschädigen die (vor allem durch neoliberale Exzesse der vergangenen Dekade) extrem gebeutelte Sozialdemokratie nur noch weiter. Manchmal habe ich den Eindruck, Sie arbeiten nicht nur aktiv an der Verschrottung der deutschen Apotheken mit ...

Ansonsten, als Fazit: Ich glaub', es hackt!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Lieber Herr Lauterbach

von Klaus Schweinberger am 14.11.2016 um 16:50 Uhr

bitte das zarte Pflänzchen,
"Rezept ohne Arztbesuch" auch nicht ausreißen. Viele Leute brauchen keinen direkten Arztkontakt. Es reicht einfach der Wunsch des Präparates
Ihr DR ED

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ordnungspolitik einfordern

von Uwe Hüsgen am 14.11.2016 um 15:02 Uhr

Empfehle Herrn Prof. Dr. Lauterbach (als SPD-Mitglied!) dringend, die ordnungspolitischen Grundsätze einer ordnungsgemäßen (Arzneimittel-)Versorgung der gesetzlich Versicherten im Rahmen des bundesdeutschen Sozialversicherungssystems intensiv zu studieren.
Dann kommt er sicher zu einer völlig anderen Bewertung.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Ordnungspolitik einfordern

von Bernd Küsgens am 14.11.2016 um 18:40 Uhr

Entweder will er sich nicht informieren oder aber er will ein anderes System. Ob das auch die SPD will, wage ich zu bezweifeln. Vielleicht können ihm die Krankenkassen auf die Sprünge helfen. Aber von diesen hört man ordnungspolitisch nichts. Das kann doch nicht war sein!

SPD

von Anita Peter am 14.11.2016 um 12:56 Uhr

CSU/CDU unterstützen nun auch den SPD Kandidaten Steinmeier. Dafür soll die SPD ihren Rhön Karl wieder einfangen und an die Leine nehmen. Der hat schon genügend Nebeneinkünfte, er kann auf den Beratervertrag bei DM verzichten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

lauterbach

von frank ebert am 14.11.2016 um 12:01 Uhr

bis zur Streichung: was für ein Schwachk.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: lauterbach

von Anita Peter am 14.11.2016 um 12:05 Uhr

So sehen das sogar viele in seiner eigenen Partei. Muss also nicht gestrichen werden ;-)

Blind?

von Anita Peter am 14.11.2016 um 11:54 Uhr

Herr Lauterbach spricht das Problem an, und sieht es doch nicht.
In der Apotheke ist es eben eine Mischkalkulation. Es gibt Kunden, die brauchen wenig Beratung, und es gibt Kunden die brauchen viel Beratung. Manche bekommen auch eine kostenlose Beratung ohne Rezept. Wenn jetzt alles beratungsarme zu DM abwandern soll, dann geht diese Mischkalkulation nicht mehr auf.
Aber laut Ihrer Meinung soll sich jetzt DM jetzt bewusst die Rosinen rauspicken. Sorry Herr Lauerbach, das ist einfach nur eine Sauerei was sie hier von sich geben!
Und wenn Sie so ein großes Herz für Chroniker haben, dann stellen Sie alle Chroniker von der Zuzahlung frei. Dieser Schritt ist unkomplizierter.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Blinden sollte der rechte Weg gewiesen werden.

von Christian Timme am 14.11.2016 um 14:37 Uhr

Vorschlag zur Güte: Die Herren Draghi und Schäuble übernehmen diese Peanuts, wer fördert soll auch zahlen.

Zartes Pflänzchen

von Erik Modrack am 14.11.2016 um 11:04 Uhr

Wie man einen Schweizer Milliardär (als Großinvestor bei Doc Morris, der das nötige Kapital u.a. für die Boni zur Verfügung stellt) als zartes Pflänzchen betiteln kann, wird mir Herr Lauterbach wohl leider nicht erklären können.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Walter Frey

von Erik Modrack am 14.11.2016 um 11:11 Uhr

Daran, dass Herr Walter Frey SVP-Politiker ist, wird es ja wohl auch nicht liegen.

ominöses zartes Pflänzchen?

von Heiko Barz am 14.11.2016 um 10:59 Uhr

Dass ausgewiesene Sozialromantiker,- wie Lauterbach-, Großkonzernen, Aktiengesellschaften, Heuschrecken und anderen Steuer-und Arbeitsplatzvernichtern das Wort redet ist deswegen ungewöhnlich, weil sie eigentlich politisch den Gegensatz vertreten. Glaeske gehört auch in dieses Strickmuster,.
Was hat die Apothekerschaft diesen Menschen Unwürdiges angetan, dass wir auf derer politisch begründeten Abschußliste stehen?
Diese, die Macht in den Händen haltenden Theoretiker, sind nun der Tod der Frontpraktiker.
All die im Raum stehenden Maßnahmen, PatientenUnterschriften, Kartenaktionen an die Abgeordneten, Dienst nach Vorschrift und Anderes mehr haben in der Vergangenheit nur ein mitleidiges Schmunzeln den Medien und Politikern abgerungen.
Ich würde einem uneingeschränkten Streik das Wort reden, nur unsere politischen Granden wissen, dass so etwas nie geschehen wird, weil jeder Apotheker dem Konkurrenten niemals Berufstreue zumutet.
Da sollten wir mal Herrn Montgomery um Rat fragen, wie man Einigkeit präsentiert.
Immerhin schafft es die Ärzteschaft Jahr für Jahr höhere Einkommen zu generieren.
Wir dürfen noch nicht einmal um den Inflationsausgleich bitten und wenn wir es notgedrungen doch mal wagen, werfen uns Lauterbach, Glaeske und Co. Wucher und Geldtreiberei vor, wohlwissend, dass wir an der Preisgestaltung und deren Spirale nach oben bei den RX-Präparaten keine Verantwortung haben.
Dass aber die ungerechtfertigte MWST dem Staat mehr einbringt als der dafür arbeitenden Apothekerschaft, auf diese Information wird gern und absolut verzichtet.
Die Verringerung der MWST und die Selbstbestimmung eines Eurolandes in seinem eigenen Gesundheitssystem bestimmen zu können, sind die einzigen Möglichkeiten, uns unbeschadet aus der Schusslinie zu bringen.
Da unsere Politiker als Oberlehrer Europas den anderen 21 verbliebenen 'Dummstaaten' erklären müssen, wie man Gesundheitspolitik definiert, dafür werden dann unsere eigenen Mißstände geopfert.
Was werden Lauterbach und Co. sagen, wenn da eines nicht fernen Tages Docmo, Venlo, börsennotierte Fondgesellschaften und russische Magnate ihnen gegenübersitzen und dann aber massive Forderungen an die KKassen richten, wenn es die dann überhaupt noch gibt und sie nicht auch im kapitalistischen Dschungel verkommen sind?
Ein schauriges Bild aber mit Wahrscheinlichkeitsfaktor.
Dabei ist unsere hochgehandelte Agenda 2030, nur um die Wahrheit zu sagen, eine Farce.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

kleine Pflanze

von Peter Bauer am 14.11.2016 um 10:13 Uhr

So ne kleine Pflanze kann ja ganz schnell ganz groß werden und alles überwuchern.Beispiel gibt es ja genug von eingeschleppten Arten in Flora und Fauna.Das einzige Anliegen ,dass selbstständige Apothekenleiter jetzt haben sollten ,ist die Frage:Wie kann ich möglichst schnell meine Apotheke loswerden und/oder meine Existenz sichern?
Beschissen dran sind natürlich diejenigen Kollegen .die investiert oder gar erst neu gekauft haben haben.Langfristige Mietverträge könnten auch zum heftigen Hindernis werden.Ich glaube nicht ,dass schnell eine Lösung für das Problem von Seiten der Politik kommen wird,die auch für die Apotheken einigermaßen erträglich sein wird.Amüsant finde ich Herrn Lauterbachs Aussage ,dass die Beratung in vielen Fällen mehr oder weniger gar nicht nötig sei.Soweit ich informiert bin, haben gerade dieselben Politiker uns eine Beratungspflicht aufgezwungen-ohne Nachfrage des Pateinten!Von 2,4Mio Umsatz sind wohl die überwiegende Mehrheit der deutschen Apotheken weit entfernt.Ein Beratungshonorar als Ersatz ist ebenso utopisch und vollkommen praxisfern,wie eigentlich die gesamte Ansprache von Herrn Lauterbach.
Der Stein ist ins Rollen gekommen und meiner Ansicht nach wird er in den nächsten 2 bis 5Jahren ca.20 bis 30% des Umsatzes mitreißen-egal ob Land oder Stadtapotheke.Das dürfte für einen großen Teil der Apotheken früher oder später das
A U S !!!! bedeuten.Klingt alles sehr pessimistisch,aber besser ist die Situation für uns mit diesem Urteil auf alle Fälle nicht geworden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Kleine Korrektur

von Wolfgang Müller am 14.11.2016 um 16:54 Uhr

Erneut eine kleine Korrektur, gerade weil ich Ihrer Argumentation ansonsten wieder sehr gut folgen kann: Ich wage arg zu bezweifeln, dass "Beratungspflicht ohne Nachfrage" in der mittlerweile bekannten Ausprägung uns von "Der Politik" aufgedrückt wurde. Das ist inklusive der entsprechenden Testkäufe ein Lieblings-Pflänzchen unserer Kammern, die dies und ähnliches allerdings - das könnte man ihnen zu Gute halten - natürlich nur zur Wahrung unseres hochstehenden Berufs und zum SCHUTZ vor Versandhandel sowie Ketten und Fremdbesitz regulatorisch hegen, pflegen und gerne weiter verschärfen werden.

Es ist generell nicht so, das da "Die Politik" sagt: "Hey, jetzt machen wir den Dusseln das Leben mal schwerer!" Ganz sicher waren es z. B. bei der letzten ApoBetrO in entscheidenden Punkten wir selber.

zartes Pflämzchen

von Frank Zacharias am 14.11.2016 um 9:53 Uhr

Ich bin sprachlos. Herr Lauterbach verdreht Tatsachen ebenso wie der EuGH und die ach so "neutrale" Wirtschaftspresse posaunt das lautstark in die Welt.

Der finanzstarke, mit Risikokapital fettgefressene, sich über jedes Gesetz hinwegsetzende niederländische Versandmolloch darf ungestraft und von der SPD hofiert die deutsche Apothekenlandschaft platttrampeln.

Das entspricht eher der Wahrheit. Vom Unterschied zwischen Umsatzwachstum und Rohertragsrückgang möchte ich erst gar nicht anfangen.

Hier geht es in naher Zukunft um mindesten 10 x Tengelmann. Um uns mittelständische Vor-Ort-Unternehmer und Steuerzahler kümmert sich eh keine S.. mehr.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.