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Die Gesetzesvorhaben aus dem BMG
Was bedeutet der Ampel-Bruch für die Apotheken?
Die Ampel hat sich erledigt – was bedeutet das für die Reformvorhaben des Bundesgesundheitsministers, die die Apotheken betreffen? Ein Überblick.
Am Vormittag nach dem Ampel-Bruch geht es drunter und drüber. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat nach der Entlassung von Christian Lindner (FDP) bereits einen neuen Finanzminister ausgeguckt. Nach derzeitigem Stand sollen die Ämter von Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Justizminister Marco Buschmann erst einmal von anderen Kabinettsmitgliedern übernommen. Die Regierungsmitglieder von SPD und Grünen behalten ihre Posten – bis eine neue Regierung steht.
Auch Karl Lauterbach (SPD) bleibt also im Amt. Dennoch: Mit seinem angekündigten „Herbst der Reformen“ dürfte es mehr als schwierig werden; auch wenn er seine Krankenhausreform noch unbedingt unter Dach und Fach bringen will. Denn wenn der Kanzler die Vertrauensfrage stellt und ihm dieses Vertrauen verweigert wird, kann der Bundespräsident den Bundestag binnen 21 Tagen auflösen – und dann geht gesetzgebungstechnisch nichts mehr. Geht es nach der Union, sollte die Vertrauensfrage möglichst sofort gestellt werden. Aber selbst wenn dies erst im Januar geschehen sollte, wird es eng: In diesem Jahr sind im Bundestag nur noch vier Sitzungswochen vorgesehen. So lange der Bundestag noch besteht, kann eine Minderheitsregierung aus SPD und Grünen versuchen, die nötige Mehrheit für Gesetze von der Opposition zu bekommen. Die bisherigen Signale aus der Union wirken allerdings wenig entgegenkommend.
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Was heißt das für die Gesetzesvorlagen aus dem Bundesgesundheitsministerium, die noch in der Pipeline sind? Denn eins ist klar: Ist der Bundestag erst einmal aufgelöst und kommt es zu vorgezogenen Neuwahlen, gelten am Ende der Wahlperiode alle noch offenen Vorlagen als erledigt und es muss von vorn begonnen werden (Grundsatz der Diskontinuität).
Das Apotheken-Reformgesetz
Für die Apotheken am wichtigsten ist das Apotheken-Reformgesetz. Doch dieses ist nie über das Stadium eines Referentenentwurfs hinausgekommen – dafür sorgte die FDP-Ministerin Stark-Watzinger, die nun nicht mehr im Amt ist. Auch wenn dieser Widerstand jetzt wegfällt: Dass sich in dieser Umbruchphase das Kabinett ausgerechnet mit der Apothekenreform befasst, ist äußerst unwahrscheinlich. Wenn es noch Gesetze durchs Parlament bringen will, wird der Fokus auf anderen Themen liegen, insbesondere Steuern, Rente, Asyl und Industriehilfen werden genannt. Die Apothekenreform dürfte damit wirklich vom Tisch sein.
Das Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit
Teile der Apothekenreform hatte die Ampel bereits ins Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit vorgezogen: die erweiterte Befugnis, Schutzimpfungen durchzuführen und die Ausnahme vom Abspracheverbot bei der Rezeptzuweisung in der Heimversorgung. Dieses Vorhaben ist eines der im parlamentarischen Verfahren schon weiter fortgeschrittenen Projekt. Es steht nur noch die 2./3. Lesung im Bundestag sowie im Dezember der abschließende Durchgang im Bundesrat an. Dieses Gesetz dürfte bei weitem nicht so viel Sprengkraft haben, wie andere Vorhaben des Bundesgesundheitsministers. Der kurzfristig eingebrachte Änderungsantrag zu Favorisierten Apotheken, den die Apothekerschaft vehement abgelehnt hatte, war bereits wieder herausgefallen. Und auf einen, der Skonti des Großhandels an Apotheken wieder auf sichere Beine stellen sollte, konnte sich die Ampel ohnehin nicht verständigen.
Dieses Gesetzesvorhaben, in dessen Mittelpunkt eigentlich die Errichtung eines neuen Instituts für Öffentliche Gesundheit steht, dürfte noch die größten Chancen auf einen Abschluss haben. Es könnte theoretisch nächste Woche im Bundestag verabschiedet werden, es ist als besonders eilbdürftige Vorlage bezeichnet und hätte damit zeitlich eine reelle Chance, noch verabschiedet zu werden. Die Frage ist, ob sich im Bundestag noch eine Mehrheit findet. Allerdings ist dieses Vorhaben eines der am wenigsten umstrittenen aus dem BMG. Gerade gegen die Regelungen, die Apotheken betreffen, regt sich kein Widerstand in der Politik.
Apothekenreform in Scheiben
Favorisierte Apotheken vom Tisch
Das Notfallgesetz
Für die Apotheken von Bedeutung ist zudem die Notfallreform. Ihr Ziel ist, Rettungsdienste und Krankenhaus-Notaufnahmen entlasten. Künftig sollen sogenannte Integrierte Notfallzentren (INZ) etabliert werden, die aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im oder am Krankenhausstandort und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle bestehen. Vorgesehen ist, dass die KV und der Krankenhausträger eines solchen INZ künftig einen Versorgungsvertrag mit einer öffentlichen Apotheke schließen müssen. Diese Apotheke versorgt sodann die Praxis mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten („notdienstpraxisversorgende Apotheke“). So lange ein solcher Vertrag nicht besteht, soll den Notärzten ein begrenztes Dispensierrecht zustehen. Zu diesem Gesetzesvorhaben fand am gestrigen Mittwoch die öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages statt.
Die Apothekerschaft hatte sich gegen die Schaffung von Doppelstrukturen ausgesprochen – ebenso gegen die Arzneimittelabgabe durch Ärztinnen und Ärzte. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hatte in der Anhörung nochmals auf das funktionierende Notdienstsystem der Apotheken hingewiesen. Effizienzreserven könnten sicher noch gehoben werden – etwa mithilfe der Digitalisierung. Aber die Schaffung einer neuen, parallelen Struktur habe keinen Nutzen, sondern gefährde eher das heutige Zusammenspiel von Arzt und Apotheke. Bislang wird für die Notfallreform kein Termin für die abschließende Lesung gehandelt. Hier könnte es also schon zeitlich eng werden, wenn die Vertrauensfrage nicht erst im Januar gestellt wird. Und auch hinsichtlich der nötigen Mehrheiten steht das Vorhaben auf sehr wackeligen Füßen. Es spricht also viel dafür, dass diese Reform nicht kommt.
Das Gesundes-Herz-Gesetz
Ähnlich sieht es beim Gesetz zur Stärkung der Herzgesundheit aus. Dieses hat am Mittwoch seine erste Lesung im Bundestag hinter sich gebracht. Im Kern geht es um eine bessere Früherkennung und Vorsorge, um Herzkreislauf-Erkrankungen zu vermeiden. Es sind neue Gesundheitschecks geplant und auch Apotheken spielen dabei eine Rolle: Sie sollen drei neue pharmazeutische Dienstleistungen anbieten, die Beratungen und Messungen, aber auch eine Kurzintervention zur Prävention tabakassoziierter Erkrankungen vorsehen.
Bessere Früherkennung und Vorsorge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Kabinett ebnet Weg für Gesundes-Herz-Gesetz
Dieses Gesetz ist höchst umstritten, gerade die Union hatte gestern im Bundestag erneut scharfe Kritik geäußert: Es sei realitätsfern und binde immense Mittel, die besser in bewährte Präventionsmaßnahmen investiert wären, sagte etwa der Abgeordnete Dietrich Monstadt (CDU). Die öffentliche Anhörung zu dem Gesetzentwurf sollte Ende November oder Anfang Dezember stattfinden. Falls das noch klappt und auch die abschließende Lesung noch in diesem Jahr möglich ist, würde es auch hier zeitlich ambitioniert. Doch ohne die FDP würde es für die Regierung auch mit der erforderlichen Mehrheit schwer.
Das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz
Das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz - GVSG) gehört ebenfalls zu den Projekten, die auf der Strecke bleiben dürften. Nachdem die Gesundheitskioske und Gesundheitsregionen aus dem Referentenentwurf herausgefallen waren, blieb ohnehin nicht mehr viel übrig. Die erste Lesung im Bundestag hatte bereits am 28. Juni stattgefunden – doch derzeit gibt es weder einen Termin für die Ausschussanhörung noch für eine abschließende Beratung und Verabschiedung im Bundestag. Für die Apotheken interessant ist in dem Entwurf, dass mit ihm die im Arzneimittelgesetz verankerte Verordnungsermächtigung für die Arzneimittelpreisverordnung geändert werden sollte: Sie sollte vom Bundeswirtschafts- aufs Bundesgesundheitsministerium übergehen. Doch auch daraus wird mit Sicherheit nichts.
Und die Arzneimittelpreisverordnung?
Theoretisch könnte das Bundeswirtschaftsministerium auch in der Schwebezeit und bei einem aufgelösten Bundestag noch die Arzneimittelpreisverordnung ändern und damit für ein höheres Apothekenhonorar sorgen. Den Haushalt würde dies schließlich nicht belasten. Ebenso könnte es in der Verordnung noch klarstellen, dass Großhandelsskonti wieder zulässig sind*. Der Wille für solche Änderungen in diesen Zeiten dürfte allerdings kaum vorhanden sein.
Das Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz
Das Gesetz zur Schaffung einer Digitalagentur für Gesundheit (GDAG), mit dem die Gematik ausgebaut werden und ein gestärktes Mandat erhalten soll, wird wohl ebenfalls keine Chance mehr haben. Nächste Woche ist die Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages geplant. Doch einen Termin für die abschließende Lesung gibt es noch nicht. Auch hier sprechen Zeit und fragliche Mehrheiten gegen das Gesetz.
Abschließend lässt sich sagen: Minister Karl Lauterbach hat sicherlich eine der besseren Bilanzen der Bundesregierung, wenn es um die Anzahl bislang durchgebrachter Gesetzesvorhaben geht. So kann er beispielsweise das Medizinforschungsgesetz, das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz, das Digital-Gesetz sowie das Gesundheitsdatennutzungsgesetz auf der Habenseite verbuchen. Allerdings hatte er sich noch einiges mehr vorgenommen, das nun liegen bleiben wird. Für die Apotheken ist es einerseits positiv, dass damit Schlimmeres verhindert wird. Doch es bedeutet auch eine weitere Hängepartie, bis eine neue Regierung aktiv werden kann.
*Anmerkung der Redaktion: Dieser Satz wurde am 7. November um 16:30 Uhr ergänzt.
3 Kommentare
Ende der Ampel
von Helga Blasius am 08.11.2024 um 16:28 Uhr
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Gut !
von ratatosk am 08.11.2024 um 10:10 Uhr
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Ampelende
von Scarabäus am 08.11.2024 um 9:03 Uhr
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