- DAZ.online
- News
- Politik
- Bildungsministerin Stark-...
Leitungsvorbehalt
Bildungsministerin Stark-Watzinger (FDP) bremst Apothekenreform
Die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Bettina Stark-Watzinger (FDP), hat ein Veto gegen die geplante Apothekenreform eingelegt. Gründe dafür gibt es laut einer Sprecherin des Ministeriums offenbar mehrere.
Das FDP-geführte Bildungsministerium (BMBF) steigt bei der Apothekenreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf die Bremse. Wie eine Sprecherin an diesem Donnerstag gegenüber der DAZ bestätigte, hat Ministerin Bettina Stark-Watzinger einen Leitungsvorbehalt gegen das Gesetzesvorhaben eingelegt. Damit könnte sich der für den 21. August angepeilte Kabinettsbeschluss weiter verzögern.
Lauterbach hatte seine Reform eigentlich schon am 17. Juli verabschieden lassen wollen, nachdem bereits am 25. Juni die Verbände im Gesundheitsministerium angehört worden waren. Der Termin platzte. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gab zunächst an, die Rechtsförmlichkeitsprüfung durch das Bundesjustizministerium sei nicht abgeschlossen und nannte als neuen Termin den 21. August.
Wie das Forschungsministerium nun mitteilte, geht es bei dem Leitungsvorbehalt „unter anderem“ darum, „ob eine oder mehrere Apothekerinnen und/oder Apotheker in direkter und persönlicher Verantwortung als Filialleitung fungieren sollten“. Damit nennt es nicht konkret die aus Apothekensicht indiskutable „Apotheke ohne Apotheker“. Der Referentenentwurf will es Apothekeninhaberinnen und -inhabern auch ermöglichen, die Leitung von Filial- und Zweigapotheken selbst wahrzunehmen und keine Verantwortlichen zu benennen sowie die Filialleitung auf zwei Approbierte aufzuteilen. Offenbar hat das BMBF hiermit Probleme. Klar wird durch die Formulierung allerdings auch, dass es nicht nur um einen einzigen Punkt geht, der einer Prüfung unterzogen wird.
Mehr zum Thema
BMJ prüft Apotheken-Reformgesetz noch
Kabinettsbeschluss nächste Woche – oder doch nicht?
ALBVVG-Kabinettsentwurf
Freier Austausch nach zwei Großhandelsanfragen – aber kein Retax-Schutz
Zu der Frage, ob der Leitungsvorbehalt nun bedeutet, dass das Kabinett kommende Woche die Reform nicht verabschieden kann, hielt sich das Ministerium bedeckt. Der Abstimmungsprozess sei noch nicht abgeschlossen. „Nach Abschluss der Abstimmungen wird das Vorhaben ins Kabinett eingebracht.“
Beim Leitungsvorbehalt handelt es sich um das stärkste Mittel, das ein Kabinettsmitglied einsetzen kann, um ein Gesetzesvorhaben – zumindest temporär – zu blockieren. Gebrauch machen Ministerinnen und Minister davon in aller Regel dann, wenn sie an einem Entwurf inhaltliche Änderungen erzwingen wollen.
Leitungsvorbehalt auch bei ALBVVG
Vorgesehen ist der Leitungsvorbehalt übrigens weder in der Geschäftsordnung der Bundesregierung noch in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien. Dennoch kommt er vergleichsweise häufig zum Einsatz. Sowohl beim Lieferengpassgesetz (ALBVVG), beim GKV-Finanzstabilisierungsgesetz als auch beim Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) haben einzelne Minister darauf zurückgegriffen. Die Apothekerinnen und Apotheker dürften sich insbesondere an das Veto des damaligen Bundeswirtschaftsministers Peter Altmaier (CDU) gegen die Abschaffung der Importförderklausel im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zum GSAV erinnern. Abseits des Gesundheitswesens machte zuletzt Familienministerin Lisa Paus (Grüne) mit einem Leitungsvorbehalt auf sich aufmerksam: Sie blockierte damit öffentlichkeitswirksam den Kabinettsbeschluss zum Wachstumschancengesetz von Finanzminister Christian Lindner (FDP), der sich wiederum gegen ihre Pläne zur Kindergrundsicherung gestellt hatte.
Auch FDP-Bundesjustizminister Buschmann blockiert
Was die Apothekenreform betrifft, scheint nicht nur Stark-Watzinger Bedenken zu hegen. Noch immer ist die Rechtförmlichkeitsprüfung des Entwurfs durch das BMJ nicht abgeschlossen, wie eine Sprecherin kürzlich auf DAZ-Nachfrage wissen ließ. In Fachkreisen kursiert die Vermutung, dass es sich dabei um mehr handeln soll als reine Formalitäten. Lauterbach schob mit Blick auf die damit verbundenen Verzögerungen unlängst die Urlaubspläne von Justizminister Marco Buschmann (FDP) vor, was jedoch offenbar nicht der Wahrheit entspricht.
Dass sich ausgerechnet zwei FDP-geführte Häuser gegen die Apothekenreform stellen, ist wohl kein Zufall. In den vergangenen Wochen hatten sich neben Parteichef Christian Lindner etliche weitere Liberale gegen die Apotheke ohne Apotheker ausgesprochen, darunter die beiden Gesundheitsexperten Kristine Lütke und Andrew Ullmann. Offenbar hält die FDP Wort und setzt alle Hebel in Bewegung, um Scheinapotheken in Deutschland zu verhindern.
Hat Bundeskanzler Scholz das letzte Wort?
Wie geht es nun weiter mit der Apothekenreform? Zunächst wird auf Ebene der Staatssekretäre weiterverhandelt und nachgearbeitet werden müssen. Sollte es letztlich nicht gelingen, darüber eine Einigung zwischen Lauterbach und Stark-Watzinger herbeizuführen, obliegt das letzte Wort Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Bei einem raschen Einlenken einer der Kontrahenten kann es mitunter sehr schnell gehen, wie das Beispiel Altmaier und die Importförderklausel zeigt. Nur wenige Stunden nach dem Stopp des Wirtschaftsministers kursierte bereits ein neuer Entwurf des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (ebenfalls CDU), in dem das Vorhaben, die Quote zu kippen, gestrichen worden war. In der vorliegenden Konstellation ist jedoch eher nicht davon auszugehen, dass Lauterbach oder Stark-Watzinger zeitnah klein beigeben werden. Der für den 21. August vorgesehene Kabinettsbeschluss dürfte damit in weite Ferne rücken.
1 Kommentar
Noch Fragen?
von Dr. Radman am 15.08.2024 um 16:52 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.