- DAZ.online
- News
- Politik
- „Zyto-Verträge ...
Interview mit AOK-Expertin Sabine Richard
„Zyto-Verträge verbessern die Versorgung“
AOK will zurzeit keine Honorarerhöhung für Apotheker
DAZ.online: Wie würden eigentlich die Krankenkassen reagieren, wenn der EuGH im Herbst Rx-Boni für ausländische Versandapotheken erlaubt?
Richard: Für fertige Szenarien ist es noch zu früh. Grundsätzlich sehen wir die Frage der Rx-Boni aber kritisch. Denn der Preiswettbewerb der Apotheken richtet sich ausschließlich an Versicherte, die für die Inanspruchnahme einer Kassenleistung einen finanziellen Vorteil erhalten, wenn sie die „richtige“ Apotheke wählen. Daran können Krankenkassen kein Interesse haben. Ebenso kritisch würden wir es sehen, wenn eine Klinik Patienten einen 50-Euro-Gutschein anbieten würde, wenn diese sich in dieser Klinik operieren lassen würden.
DAZ.online: Ein anderes wichtiges Thema für Apotheker sind die derzeit vom Bundesgesundheitsministerium geplanten Honorarerhöhungen in den Bereichen der Rezepturherstellung und für die BtM-Abgabe. Ist es aus Ihrer Sicht richtig, dass Apotheker in diesen Bereichen mehr Geld bekommen?
Richard: Nein, jedenfalls nicht jetzt. Wir finden es äußerst schwierig, zu diesem Zeitpunkt diese selektiven Eingriffe in das Apothekenhonorar zu unternehmen. Das Bundeswirtschaftsministerium hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, bei dem das Gesamtkonzept der Apothekervergütung unter die Lupe genommen werden soll. Bevor wir die Arzneimittelpreisverordnung antasten, sollten wir verstehen, welche Grundlagen es für Änderungen der Apothekervergütung gibt. Derzeit liegt einfach keine ausreichende Datenbasis vor, um zu sagen, ob Anpassungen gerechtfertigt sind. Aber das ist bei Weitem nicht der einzige Punkt, der uns am Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz stört.
Die Vertraulichkeit könnte teuer werden
DAZ.online: Die größten Probleme dürften Sie mit den Neuregelungen im Pharma-Bereich haben, oder?
Richard: Insbesondere die geplante Vertraulichkeit der Arzneimittelpreise sehen wir kritisch. Eine geheime Behandlung der Arzneimittelpreise würde das gesamte System teurer machen. Dann könnten Apotheker und Großhändler ihre Margen beispielsweise wieder auf Basis des höheren Listenpreises berechnen. Gleiches gilt für die Umsatzsteuer. Auch auf spätere Nutzenbewertungsverfahren hätte das fatale Auswirkungen: Denn der ausgehandelte Erstattungsbetrag wird in späteren Nutzenbewertungen vergleichbarer Medikamente oft als Vergleichspreis herangezogen. Und die Preise neuer Medikamente könnten dann viel zu hoch angesetzt werden, weil wir für die Preisbildung nur den höheren Listenpreis erfahren. Ich glaube auch nicht daran, dass die Unternehmen dann höhere Rabatte anbieten. Bislang hat das Bundesgesundheitsministerium ja nichts klargestellt. Es wird nur von einer Rechtsverordnung gesprochen. Fest steht, dass es auch technisch sehr schwer wird, den Preis in der Lieferkette wirklich geheim zu halten.
DAZ.online: In den Arzneimittel-Rabattverträgen scheint das System der Preisvertraulichkeit ja ganz gut zu funktionieren…
Richard: Das ist etwas anderes. Die Rabattverträge haben sich seit Jahren als Sparinstrument bewährt. Sie haben durch eine deutliche Senkung der Arzneimittelkosten ihren Erfolg schon gezeigt. Dazu hat auch die mit den bezuschlagten Herstellern vereinbarte Vertraulichkeit beigetragen. Eine grundsätzliche Vertraulichkeit auch der kollektiven Arzneimittelpreise wäre hingegen teuer und schwer umsetzbar.
2 Kommentare
Glauben und Wissen
von Bernd Jas am 22.08.2016 um 10:35 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Sehenden Auges ins Chaos
von Bernd Jas am 22.08.2016 um 9:26 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.