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DocMorris vor dem EuGH
Das Rx-Boni-Verbot steht auf der Kippe
Dass sich auch ausländische Versandapotheken an das deutsche
Preisrecht halten müssen, wenn sie Arzneimittel nach Deutschland versenden, ist nicht mit Europarecht vereinbar, sagt Maciej Szpunar, Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof. DocMorris & Co. müssten deutschen
Kunden Rx-Boni gewähren dürfen – auch wenn dies deutschen Apotheken verwehrt
ist.
Der Generalanwalt im Verfahren „Deutsche Parkinson Vereinigung“ (DPV) hat seine Schlussanträge veröffentlicht. In dem Rechtsstreit geht es um die Zulässigkeit von Boni für verschreibungspflichtige Arzneimittel. In Deutschland sind diese verboten. Das sagt das Gesetz – und auch der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat dies bestätigt. DocMorris hingegen blieb bei der Auffassung, für ausländische Versandapotheken gelte ein solches Rx-Boni-Verbot nicht – und brachte die Angelegenheit schließlich vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH).
Nachdem bei der mündlichen Verhandlung im März noch nicht absehbar war, wie der Streit ausgehen könnte, hat der polnische Generalanwalt Maciej Szpunar nun einen Weg vorgezeichnet. Er sagt: Der freie Warenverkehr – eine der europäischen Grundfreiheiten – stehe der Regelung im Arzneimittelgesetz entgegen, derzufolge die Preisbindung auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt, die von ausländischen Versandhändlern nach Deutschland verbracht werden (§ 78 Abs. 1 Satz 4 AMG).
Eingriff ohne Rechtfertigung
Kaum eine Überraschung ist es, dass Szpunar die gesetzlich angeordnete Preisbindung für eine „Maßnahme gleicher Wirkung“ wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne des Art. 34 AEUV hält. Eine solche ist europarechtlich verboten – wenn sie nicht ausnahmsweise gerechtfertigt ist. Rechtfertigungsgründe nennt Art. 36 AEUV, darunter findet sich auch der Schutz der Gesundheit.
Schon im schriftlichen Vorverfahren hatte das Gericht die um Stellungnahme gebetenen Länder und Institutionen gefragt, wie sie die Rechtfertigung einschätzen. Ebenso in der mündlichen Verhandlung. Den Eingriff in den freien Warenverkehr schien in Luxemburg niemand zu bezweifeln. Nun blieb abzuwarten, wessen Argumente überzeugender sind. Die Kommission und die DPV/DocMorris sahen den Gesundheitsschutz hier nicht im Vordergrund stehen und lehnten eine Rechtfertigung ab. Anders sah es Deutschland – und stand damit auch nicht allein.
Doch der polnische Generalanwalt plädiert gegen das Vorbringen der Bundesrepublik. In seinen Schlussanträgen erklärt er, dass Deutschland befürchte, ein stärkerer Wettbewerb würde dazu führen, dass die traditionellen deutschen Apotheken mit ihrem hohen Grad an Professionalität bei der Information und Beratung der Kunden die Qualität ihrer Dienstleistungen vermindern müssten, um im Wettbewerb mitzuhalten. Dazu Szpunar: „Es ist für mich schwer vorstellbar, warum bei einem stärkeren Wettbewerb die Apotheker die Qualität ihrer Dienstleistungen vermindern sollten. Ich würde erwarten, dass das Gegenteil eintritt.“
Gericht ist an Schlussanträge nicht gebunden
Für die Wettbewerbszentrale, die im Ausgangsverfahren geklagt hatte, ist dies natürlich ein Dämpfer. Ebenso für deutsche Apotheken, die überzeugt sind, dass die festen Rx-Preise ihren Sinn haben. Denn wenn sich der Europäische Gerichtshof in seinem noch ausstehenden Urteil an die Empfehlung des Generalanwalts halten würde – was nicht zwingend ist – bliebe ihnen das Rx-Boni weiterhin verwehrt. Das heißt: DocMorris & Co. hätten hier einen klaren Vorteil. Dass dieser Streit dann noch keinesfalls ausgefochten wäre, ist absehbar.
Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen: Auch wenn es heißt, in etwa 80 Prozent der Fälle halte sich der EuGH an die Vorschläge der Generalanwaltschaft. Anders war es beispielsweise im Versandhandelsverfahren: 2003 hatte hier die Generalanwältin dafür votiert, dass dieser umfassend zugelassen werden müsse. Das Gericht entschied damals anders: Nur ein Versandhandelsverbot für OTC sei unzulässig. Das Rx-Versandverbot könne hingegen aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt sein.
Hier finden Sie die Schlussanträge des Generalanwalts im Wortlaut.
8 Kommentare
Da braucht .....
von gabriela aures am 03.06.2016 um 10:28 Uhr
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Aus die Maus
von Frank ebert am 02.06.2016 um 22:34 Uhr
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Verständnis
von Erik Modrack am 02.06.2016 um 15:31 Uhr
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Schlechte Nachrichten
von Veit Eck am 02.06.2016 um 15:07 Uhr
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AW: Genau das würde ein solches Urteil aber nicht bewirken
von Andreas Grünebaum am 03.06.2016 um 17:49 Uhr
RXBoni und die Autonomie des Deutschen Gesundheitswesens
von Heiko Barz am 02.06.2016 um 12:35 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: EUGH
von Hermann Eiken am 02.06.2016 um 13:06 Uhr
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