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Krankenkassen zum Pharma-Gesetz
Betriebsergebnis von 136.345 Euro reicht für Apotheker
Dass die
Krankenkassen gegen die geplanten Honorarsteigerungen für Apotheker
protestieren, war klar. In der Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes zeigt
sich nun, wie wenig Verständnis die Kassen dafür haben. Ein durchschnittliches
Betriebsergebnis von 136.345 Euro rechtfertige kein Honorarplus, so die Kassen. In jedem Fall müsse nun die 3-Prozent-Marge gedeckelt werden.
Ganze 72 Seiten umfasst die Stellungnahme des GKV-Spitzenverbandes zum Referentenentwurf des Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG). Immerhin fünf Seiten davon widmen die Krankenkassen den für die Apotheker geplanten Honorarsteigerungen. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) plant einen neuen Festzuschlag für die Rezepturherstellung, erhöhte Arbeitspreise für Rezepturen sowie eine Erhöhung der Pauschale für die BtM-Abgabe.
Insbesondere die Anpassungen im Rezepturbereich stört die Krankenkassen. Hier die Kritik des GKV-Spitzenverbandes im Einzelnen:
- Der Kassenverband
beklagt weiterhin einen „eklatanten Mangel an objektiven und aussagekräftigen
Zahlen“ zum Apothekenhonorar. Es überrasche daher, dass die Anpassung vorgenommen
werden soll, bevor die Ergebnisse des BMWi-Gutachtens feststehen. Die Kassen
kommen daher zu dem Schluss: „Dies stellt die Sinnhaftigkeit des
Forschungsvorhabens insgesamt in Frage, wenn der Gesetzgeber bei Änderungen der
AMPreisV auf diese Informationen verzichtet.“
- Außerdem widerspricht der neue, zusätzliche Festzuschlag für Rezepturen in Höhe von 8,35 Euro aus Sicht des Kassenverbandes der Systematik der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Die Kassen verweisen auf den derzeit schon bestehenden Festzuschlag für Rezepturen, der 90 Prozent des Einkaufspreises beträgt. Die Beratungsleistung bei Rezepturen sei in diesem Festzuschlag schon enthalten, argumentiert der GKV-Spitzenverband. Daher nun die Forderung: „Entsprechend müsste überprüft werden, welcher Anteil der Rezeptur- und Substanzzuschläge zur Vergütung der Beratungsleistung vorgesehen ist und eine entsprechende Absenkung dieser Aufschläge vorgenommen werden.“ Blieben beide Honorarkomponenten parallel erhalten, führe dies „zwangsläufig zu einer Doppelvergütung“.
1119 Prozent Honorarplus sind zu viel
- Weiterhin
argumentieren die Kassen, dass die Arbeit und die Ausgaben der Apotheker im
Rezepturbereich zwangsläufig durch die Einnahmen mit Fertigarzneimitteln
querfinanziert werden müssten. „Die Höhe der Rezepturzuschläge wurde […] so
festgelegt, dass der Bereich der Fertigarzneimittel den Bereich der Rezeptur
querfinanzieren soll“, heißt es in der Stellungnahme. Gebe es für Rezepturen
nun mehr Geld, müsse automatisch das Fixhonorar für Fertigarzneimittel gesenkt
werden, fordern die Kassen.
- Der
Referentenentwurf sieht vor, dass für den neuen Rezepturzuschlag auch der
Kassenabschlag von 1,77 Euro gilt. Der bisher gültige fünfprozentige Rabatt auf
alle Rezepturen soll abgeschafft werden. Der Wegfall des prozentualen
Kassenabschlages koste die Versicherten mehr als 8 Millionen Euro pro Jahr, so
der GKV-Spitzenverband. Auch der neue, fixe Kassenabschlag könne dies nicht kompensieren.
Der Kassenverband hat aber einen Vorschlag zur Kompensation parat: Sollte es
höhere Rezepturzuschläge geben, müsste gleichzeitig die 3-Prozent-Marge für
Fertigarzneimittel gedeckelt werden. Eine ähnliche Rechnung hatten die
Regierungsfraktionen von Union und SPD in einem Positionspapier vorgeschlagen. Erstmals bringen die Kassen jedoch eine konkrete Zahl ins Spiel: Der GKV-Spitzenverband sieht den Margendeckel bei 36,70 Euro. Mehr sollen die Apotheker mit ihrer Marge nicht verdienen.
Abschließend warnt der Kassenverband davor, die Versicherten finanziell zu belasten, um den Apothekern mehr Geld zukommen zu lassen. „Die Mehrausgaben durch die geplanten Honorierungserhöhungen von insgesamt mehr als 80 Millionen Euro pro Jahr müssen über höhere Zusatzbeiträge der Versicherten finanziert werden“, heißt es in dem Papier. Und weiter: „Ob es sinnvoll ist, diese Gruppe finanziell erneut zu belasten um den Forderungen der Apothekerschaft nach höheren Gewinnen nachzukommen, erscheint aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes fragwürdig. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Betriebsergebnis einer durchschnittlichen Apothekenbetriebsstätte in Deutschland nach Angaben des Deutschen Apothekerverbandes im Jahr 2015 bei 136.345 Euro lag.“
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Doch damit noch nicht genug. Denn der GKV-Spitzenverband lehnt auch die vom BMG geplante Erhöhung der BtM-Gebühr strikt ab. „Der richtige Rahmen für eine Überprüfung der Angemessenheit wäre das Forschungsvorgaben des BMWi“, schreibt der Kassenverband. Auch hier müssten alle Mehrausgaben durch Absenkungen des Apothekenhonorars in anderen Bereichen refinanziert werden, so die Forderung. „Nicht nachvollziehbar ist eine Steigerung dieser Gebühr um 1119%“, heißt es abschließend.
Kassen kritisieren auch Pharma-Regelungen
Den Rest seiner Stellungnahme widmet der GKV-Spitzenverband einer ebenso scharfen Kritik an den vom BMG geplanten Änderungen im Pharma-Bereich. Der GKV-Spitzenverband lehnt die vertrauliche Listung der Arzneimittelpreise gänzlich ab. Er
ist überzeugt, dass dieses Vorhaben unausweichlich zu Mehrausgaben für die
Versichertengemeinschaft und zu einem starken Bürokratiezuwachs bei den
Krankenkassen führen wird.
Wenn der Erstattungsbetrag nicht allen Akteuren
zugänglich sei, die preisgebundene gesetzliche Aufgaben wahrnehmen, werde „die
Funktionsfähigkeit zentraler Steuerungsinstrumente grundlegend eingeschränkt“, heißt es in dem Papier.
Der Kassenverband weist auch auf Auswirkungen auf den Apothekenmarkt hin: Ist der Erstattungsbetrag nicht öffentlich, stelle sich die Frage, auf welcher Grundlage Apotheker den Arzneimittelabgabepreis berechnen sollen, die Finanzämter die Umsatzsteuer, die Patienten ihre Zuzahlung. „Insofern stellen sich fundamental andere Probleme, wenn man einen bundesweiten Preis geheim hält und im Nachhinein abwickeln muss", bemängelt der GKV-Spitzenverband.
Umsatzschwelle: Fehlanreize bleiben bestehen
Das BMG plant für neue Arzneimittel in Zukunft eine Umsatzschwelle in Höhe von 250 Millionen Euro. Überschreiten Pharmaunternehmen diese Schwelle, soll der zwischen Kassen und Hersteller ausgehandelte Erstattungsbetrag rückwirkend gelten.
Eine solche Umsatzschwelle hätte im Jahr 2015 nur für drei Arzneimittel Wirkung entfaltet und damit nur eine Spitze der hochpreisigen Medikamente abgefangen, argumentiert der Kassenverband. „Für einen Großteil der pharmazeutischen Unternehmer verbleibt damit der systematische Fehlanreiz, die Preisfreiheit im ersten Jahr gewinnbringend auszunutzen“, so der GKV-Spitzenverband. Sein Alternativvorschlag lautet: Der Erstattungsbetrag muss rückwirkend ab dem ersten Tag des Inverkehrbringens gelten.
Positiv sieht der GKV-Spitzenverband, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) künftig seine Beschlüsse über die Nutzenbewertung so aufzubereiten hat, dass sie für Ärzte im Praxisalltag einfacher und schneller zugänglich sind – und zwar in einer maschinenlesbaren Fassung zur Abbildung in der Praxissoftware. Die Regelung schaffe ein höchstmögliches Maß an Transparenz und Rechtssicherheit. Eine weitergehende Beteiligung der Dialogpartner – sprich der Pharmaverbände – bei der Erarbeitung einer Ärzteinformation lehnt der GKV-Spitzenverband strikt ab. „Die Industrieunabhängigkeit muss gewahrt werden“.
5 Kommentare
Kassenfunktionärsbezüge in Höhe von 100.000 Euro sind ausreichend
von Thomas Luft am 17.08.2016 um 19:10 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
"Betriebsergebnis" - Kassen argumentieren oberflächlich!!
von Uwe Hansmann am 17.08.2016 um 14:36 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
GKV Postille
von Dr.Diefenbach am 17.08.2016 um 8:29 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Vertreten
von T. La Roche am 17.08.2016 um 8:41 Uhr
AW: unglaublich
von Gerrit Linnemann am 17.08.2016 um 9:26 Uhr
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