Heimversorgung

Alles, was Recht ist

Der rechtliche Rahmen der Heimversorgung

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Von Hilko Meyer | Die Arzneimittelversorgung der Bewohner von Alten- und Pflegeheimen durch spezialisierte öffentliche Apotheken ist ein Sonderversorgungsbereich, der speziellen rechtlichen Regelungen unterliegt. Seit seiner Einführung 2003 hat das Heimversorgungsrecht eine Erfolgsgeschichte geschrieben und die Versorgung der Patienten in stationären Pflegeeinrichtungen sicherer und professioneller gemacht. Zu den gesetzlichen Aufgaben der heimversorgenden Apotheke zählt nicht nur die Versorgung, Information und Beratung der Heimbewohner. Sie hat auch die Aufbewahrung der gelieferten Produkte im Heim zu prüfen und das Heimpersonal über Fragen der Verabreichung, Anwendung und Sicherheit der Arzneimittel und Medizinprodukte zu informieren und zu beraten. Eine wachsende Rolle kommt dabei der interdisziplinären Kooperation zwischen behandelnden Ärzten, Pflegefachkräften und Apothekern zu. Für die heimversorgenden Apotheken und für die versorgten Heime ergeben sich daraus besondere Rechte und Pflichten, die der nachfolgende Beitrag genauer betrachtet.

Zwingende Voraussetzung: genehmigter Heimversorgungsvertrag

Beabsichtigt der Inhaber einer öffentlichen Apotheke, die Bewohner eines Heims mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten zu versorgen, so ist er gesetzlich verpflichtet, zuvor einen schriftlichen Heimversorgungsvertrag mit dem Träger des Heims abzuschließen. Die bundesrechtliche Definition des Begriffs „Heim“ wird dabei zunehmend durch Landesgesetze ergänzt und umfasst vor allem stationäre Alten- und Pflegeeinrichtungen, vollstationäre Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen sowie stationäre Hospize, nicht dagegen Altenwohneinrichtungen und Wohngemeinschaften ohne entgeltliche Betreuungs- und Verpflegungsleistungen.

Der Heimversorgungsvertrag ist ein zivilrechtlicher Rahmenvertrag mit öffentlich-rechtlichem Genehmigungsvorbehalt. Die Genehmigung wird von der zuständigen Behörde erteilt, wenn die in § 12a ApoG genannten gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere sind in dem Vertrag Art und Umfang der Versorgung, das Zutrittsrecht zum Heim so wie die Pflichten zur Überprüfung der ordnungsgemäßen bewohnerbezogenen Aufbewahrung der gelieferten Produkte durch pharmazeutisches Personal der Apotheke sowie die Dokumentation dieser Versorgung vertraglich festzulegen. Zwingender Vertragsinhalt sind ferner die Pflichten des Apothekers zur Information und Beratung der Heimbewohner und des für die Verabreichung oder Anwendung der gelieferten Produkte Verantwortlichen, soweit Information und Beratung zur Sicherheit der Heimbewohner oder der Beschäftigten des Heimes erforderlich sind. Sind mehrere Apotheken an der Versorgung beteiligt, so sind ihre Zuständigkeitsbereiche klar abzugrenzen. Ziel dieser seit 2003 geltenden gesetzlichen Vorschriften ist es, eine strukturierte Versorgung der Bewohner von Alten- und Pflegeheimen mit Arzneimitteln und Medizinprodukten durch öffentliche Apotheken zu ermöglichen, um die Arzneimittel- und Versorgungssicherheit für die wachsende Zahl der Heimbewohner zu verbessern.

Gegenseitiger Vertrag

Der Heimversorgungsvertrag dient aufgrund seines gesetzlichen Pflichtinhalts vorrangig dazu, die ordnungsgemäße Versorgung der Heimbewohner mit Arzneimitteln und Medizinprodukten sicherzustellen. Entgegen einer kürzlich vom Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 11. November 2015, Az.: 4 U 61/15, siehe DAZ 2015, Nr. 47, S. 16) vertretenen Rechtsauffassung erlaubt dies jedoch nicht den Rückschluss, der Vertrag verpflichte einseitig nur die Apotheke, während der Heimträger durch den Vertrag rechtlich nicht gebunden sei. Soweit in diesem Zusammenhang darauf verwiesen wird, dass das Apothekengesetz keine Ausschließlichkeitsbindung zu Gunsten einer Apotheke im Heimversorgungsvertrag erlaubt, lässt sich daraus nicht ableiten, dass ausdrücklich vereinbarte Kündigungs- und Informationsfristen seitens des Heimträgers nicht einzuhalten sind. Dass der Heimversorgungsvertrag nicht auf eine einseitige Verpflichtung der Apotheken, sondern darauf gerichtet ist, dass beide Vertragsparteien gleichermaßen und gleichberechtigt auf die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Heimbewohner hinwirken, ergibt sich auch daraus, dass die Heimgesetze der Länder zunehmend die Verpflichtung der Heimträger zur Sicherstellung der Arzneiversorgung herausstellen. Seit dem 1. Januar 2014 sind vollstationäre Pflegeeinrichtungen zudem gem. § 114 Abs. 1 SGB XI verpflichtet, nicht nur die Regelung der ärztlichen, fachärztlichen und zahnärztlichen Versorgung, sondern auch die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung in den Einrichtungen gegenüber den Landesverbänden der Pflegekassen nachzuweisen. Dabei geht es insbesondere um den Abschluss und den Inhalt von Kooperationsverträgen, die Einbindung der Einrichtung in Ärztenetze sowie den Abschluss von Vereinbarungen mit Apotheken. Die Heime haben diese Informationen für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen verständlich, übersichtlich und vergleichbar sowohl im Internet als auch in anderer geeigneter Form kostenfrei zur Verfügung zu stellen (§ 115 Abs. 1 b SGB XI).

Es handelt sich demnach beim Heimversorgungsvertrag um einen gegenseitigen Vertrag, der beiden Seiten, also Heimträger und Versorgungsapotheke, wechselseitige Rechte und Pflichten zuweist. Die heimversorgende Apotheke hat insbesondere ein berechtigtes und vertraglich geschütztes Interesse daran, dass die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist eingehalten und die vertraglich vereinbarten Informationspflichten auch seitens des Heimträgers befolgt werden. Das schutzwürdige Interesse ergibt sich daraus, dass der heimversorgende Apotheker einen erheblichen personellen, organisatorischen und finanziellen Aufwand zu treiben hat, um die vielfältigen Verpflichtungen zu erfüllen, die mit der Heimversorgung verbunden sind. Diese Pflichten umfassen zum Beispiel die Schulung des Heimpersonals, besondere Beratungspflichten gegenüber Bewohnern, Personal und versorgenden Ärzten, die Begehung der Arzneimittelvorräte im Heim und die oft mehrfach am Tag durchgeführten Arzneilieferungen. Würde dem Heimträger einseitig ein jederzeitiges fristloses Kündigungsrecht eingeräumt, würde dies insbesondere im Hinblick auf die vom Apotheker vorzuhaltende Infrastruktur und den Personalbestand zu einer ungerechtfertigten Risikoverlagerung führen. Die gemeinsame Arbeitsgruppe „Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen“ der Länder empfahl deshalb bereits unmittelbar nach Inkrafttreten des § 12a ApoG im Mai 2003 eine Vertragslaufzeit von mindestens einem Jahr mit einer drei- bis sechsmonatigen Kündigungsfrist.

Freie Apothekenwahl bleibt unberührt

Das Bestehen eines genehmigten Heimversorgungsvertrages schließt die freie Wahl der Apotheke durch den einzelnen Heimbewohner nicht aus. Das ist nur dann der Fall, wenn er der Teilnahme an der strukturierten Versorgung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten zugestimmt hat. In der Praxis entscheidet sich der Heimbewohner in der Regel bei Abschluss des Heimvertrags mit dem Heimträger, ob er an der zentralen Arzneimittelversorgung durch die heimversorgende Apotheke teilnehmen will oder ob er es bevorzugt, seine Arzneimittel von der gewohnten Apotheke zu beziehen. Im letzteren Fall muss der Heimbewohner den Arzneibezug jedoch auch tatsächlich eigenständig bewerkstelligen, da eine durch das Heim organisierte Arzneimittelversorgung ausschließlich auf der Grundlage eines Heimversorgungsvertrags stattfinden darf. Der Aufbau einer regelmäßigen, dauerhaften und systematischen Versorgung von Heimbewohnern mit Arzneimitteln ohne oder neben einem bestehenden Heimversorgungsvertrag ist weder der Heimleitung noch den nicht gemäß § 12a ApoG vertraglich gebundenen Apotheken erlaubt. Auch das Vorliegen einer Versanderlaubnis der Apotheke ersetzt den Heimversorgungsvertrag nicht.

Besondere Befugnisse der heimversorgenden Apotheke

Den vertraglichen Pflichten der heimversorgenden Apotheke gegenüber den Heimbewohnern und dem Heimträger stehen besondere Rechte gegenüber, die ebenfalls an das Bestehen des Heimversorgungsvertrages gebunden sind. Dies ist vor allem die Befugnis der vertraglich dazu ermächtigten Apotheke, die an der Heimversorgung teilnehmenden Heimbewohner mit Arzneimitteln zu versorgen. Dies umfasst rechtlich in jedem Einzelfall den Abschluss eines individuellen Kaufvertrags mit dem Patienten und wird bei Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen durch die sozialrechtlichen Regelungen überformt. Im Unterschied zur Versorgung von Krankenhäusern handelt es sich nicht um die Versorgung von Institutionen, sondern um die Versorgung einer Vielzahl einzelner Patienten, die nicht zu Hause, sondern in einem Heim betreut werden, und deren Arzneimittelversorgung der Apotheker „gebündelt“, aber individuell zu bewirken hat. Aufgrund des Heimversorgungsvertrages darf die Abgabe der Arzneimittel jedoch außerhalb der Offizin, nämlich im versorgten Heim durchgeführt werden. Doch gelten für die Abgabe der Arzneimittel die gleichen Regelungen wie für die Abgabe in der Offizin, insbesondere die Vorschriften der Arzneimittelpreisverordnung, der Apothekenbetriebsordnung, des SGB V und der Arzneilieferungsverträge für die ambulante Arzneimittelversorgung.

Der Betreiber einer heimversorgenden Apotheke darf ferner Räumlichkeiten auslagern, wenn diese Betriebsräume ausschließlich der Heimversorgung dienen und in angemessener Nähe zu den übrigen Räumlichkeiten der Apotheke liegen (§ 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ApBetrO). Sofern diese als Lagerräume bezeichneten ausgelagerten Betriebsräume dazu geeignet sind, dürfen sie für alle Tätigkeiten genutzt werden, die zur Heimversorgung erforderlich sind.

Zu den besonderen rechtlichen Rahmenbedingungen der Heimversorgung zählt es schließlich auch, dass die ärztlichen Verordnungen für Heimbewohner, die an der zentralen Heimversorgung teilnehmen, vom Heimpersonal an die heimversorgende Apotheke übermittelt werden dürfen. Dies gilt auch für den Fall, dass die Rezepte auf Veranlassung des Heims durch den behandelnden Arzt direkt an den Vertragsapotheker des Heims übermittelt werden. Da in diesen Fällen das freie Wahlrecht des Patienten nicht tangiert wird – dieser hat der Teilnahme an der Heimversorgung zugestimmt – und die Arzneimittelversorgung nach § 12a ApoG allein durch die vertraglich gebundene Apotheke zu erfolgen hat, liegt weder ein Fall der unzulässigen Rezeptsammlung (§ 24 ApBetrO) noch einer unzulässigen Rezeptzuweisung vor (§ 11 Abs. 1 ApoG). Das ärztliche Rezept darf in diesem Fall auch vorab per Fax vom Arzt an die heimversorgende Apotheke übermittelt werden, wenn der Arzt die Originalverschreibung unverzüglich nachreicht. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 8 Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV), der eine Übermittlung der ärztlichen Verordnung an die Apotheke „ausschließlich mithilfe eines Telefaxgerätes“ nur zulässt, wenn diese für ein Krankenhaus bestimmt ist. Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass eine Faxübermittlung durch den Arzt an die heimversorgende Apotheke gemäß § 12 a ApoG zulässig ist, wenn der Arzt die Verschreibung in schriftlicher oder elektronischer Form nachreicht. In analoger Anwendung des § 4 Abs. 1 AMVV hat sich der Apotheker in diesem Fall vor Abgabe des Arzneimittels über die Identität der verschreibenden Person Gewissheit zu verschaffen und die verschreibende Person hat die Verschreibung in schriftlicher oder elektronischer Form unverzüglich nach der Faxübermittlung nachzureichen.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Arzt, Apotheke und Pflege: unter Generalverdacht?

Vor dem Hintergrund der neuen Korruptionstatbestände für Ärzte und Apotheker, die der Bundestag am 14. April 2016 beschlossen hat, besteht vielfach Unsicherheit darüber, wo zukünftig die Grenzen der erlaubten Zusammenarbeit zwischen den Heilberufen liegen werden. Die Unsicherheit wird zum Teil durch unzutreffende Verlautbarungen geschürt, was zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Patientenversorgung führen kann. Da der Wortlaut der Verbotstatbestände mehrfach abgeändert wurde, ist es besonders wichtig, eine genaue Abgrenzung der Sachverhalte vorzunehmen. Als Korruption ist es künftig strafrechtlich verboten, wenn ein Angehöriger eines Heilberufs im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufs einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er einen anderen bei der Zuführung von Patienten im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzugt (§ 299a StGB n.F.). Strafbar macht sich ebenso, wer diesen Tatbestand durch das aktive Anbieten oder Gewähren des Vorteils verwirklicht (§ 299b StGB n. F.). Beide Straftatbestände sind grundsätzlich dann verwirklicht, wenn ein Arzt seine Verordnungen entgeltlich einer Apotheke zuweist. Dies gilt jedoch nicht für die Rezeptübermittlung durch den Arzt an die heimversorgende Apotheke, da es hier bereits an der Bevorzugung im Wettbewerb fehlt. Diese würde nämlich voraussetzen, dass eine alternative Apotheke lieferberechtigt wäre und damit im Wettbewerb zur heimversorgenden Apotheke benachteiligt würde. Das ist aber unter den genannten Voraussetzungen des § 12a ApoG (wirksamer Heimversorgungsvertrag, Zustimmung des Heimbewohners) gerade nicht der Fall. Dies gilt auch dann, wenn mehrere öffentliche Apotheken an der Versorgung eines Heimes beteiligt sind, weil dann ihre Zuständigkeitsbereiche klar voneinander abzugrenzen sind (§ 12a Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 ApoG). Diese gesetzliche Grundlage der Heimversorgung stellt auch für den Arzt einen „hinreichenden Grund“ im Sinne des § 31 MBO (Musterberufsordnung) für die Rezeptweiterleitung dar, sodass es bei der Rezeptübermittlung durch den Arzt an die zuständige heimversorgende Apotheke in jedem Fall an der Unlauterkeit fehlt und ein Verstoß gegen das Korruptionsverbot ausgeschlossen ist.

Medikationsmanagement, Versorgungsmanagement und Arzneimitteltherapiesicherheit

Die Zulässigkeit dieser Form der Zusammenarbeit wird durch eine Zusammenschau der gesamten rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen der Arzneimittelversorgung in der stationären Pflege gestützt. Dabei ist festzustellen, dass der interdisziplinären Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker in der Heimversorgung unter den Stichworten Medikationsmanagement, Versorgungsmanagement und Arzneimitteltherapiesicherheit eine zunehmende Bedeutung zukommt. Die Aufgabe der Apotheke, die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung zu gewährleisten, umfasst insbesondere bei Heimbewohnern das Medikationsmanagement (§ 1 a Abs. 3 Nr. 6 ApBetrO), mit dem die gesamte Medikation des Patienten, einschließlich der Selbstmedikation, wiederholt analysiert wird mit den Zielen, die Arzneimitteltherapiesicherheit und die Therapietreue zu verbessern, indem arzneimittelbezogene Probleme erkannt und gelöst werden. Dies ist umso wichtiger, je weniger der Heimbewohner selbst in der Lage ist, seine Medikation im Hinblick auf Plausibilität und Information der verschreibenden Ärzte zu koordinieren. In dem Maße, in dem die einzelnen Patienten alters- und/oder krankheitsbedingt ihre Fähigkeit einbüßen, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, fallen sie zunehmend als natürliche Kontroll- und Koordinationsinstanz ihrer Behandlung und ihrer Behandler aus. Die Summe dieser Faktoren wirkt sich negativ auf die Arzneimitteltherapiesicherheit aus, zum Beispiel im Hinblick auf die Wechselwirkungen zwischen den von verschiedenen Ärzten verordneten Arzneimitteln, die Rückmeldung von Nebenwirkungen und die Kontrolle der Medikationspläne.

Das Medikationsmanagement ist ohne den direkten Kontakt des Apothekers zu den behandelnden Ärzten nicht durchführbar und schließt neben der Wechsel- und Nebenwirkungskon­trolle auch die Reichweitenkontrolle durch den Apotheker ein. Darunter versteht man die Kontrolle und Veranlassung der Anschlussverordnung bei Dauermedikation chronisch kranker Heimbewohner. Gerade im Falle multimorbider Menschen sind weder der Patient noch — aus Gründen der hohen Arbeitsbelastung — die Pflegekräfte in der Lage, die nahtlose Folgeverordnung der notwendigen Dauermedikation sicherzustellen, sodass diese Aufgabe häufig an die versorgende Apotheke delegiert wird. Dies ist zur kontinuierlichen Arzneimittelversorgung insbesondere dann zweckmäßig und erforderlich, wenn die Arzneimittelversorgung in Form patientenindividuell gestellter oder verblisterter Fertigarzneimittel gemäß § 1a Abs. 4, 5 ApBetrO erfolgt, da dann meist nur der Apotheker genaue Kenntnis vom bevorstehenden Auslaufen der verordneten Fertigarzneimittelmenge hat. Dies erfüllt im Falle der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen im Übrigen deren rechtlichen Anspruch auf ein Versorgungsmanagement gemäß § 11 Abs. 4 SGB V, das unter anderem die Verpflichtung der Leistungserbringer umfasst, für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten zu sorgen und sich gegenseitig die erforderlichen Informationen zu übermitteln. Zur Anschlussversorgung zählt in der Heimversorgung auch die Information des Arztes über das Auslaufen der verordneten Dauermedikation und die Übermittlung der vom Arzt im Rahmen des Behandlungsvertrags mit dem Heimbewohner pflicht- und ordnungsgemäß ausgestellten Verordnung an den Apotheker. In das Versorgungsmanagement sind auch die Pflegeeinrichtungen einzubeziehen. Das Versorgungsmanagement und eine dazu erforderliche Übermittlung von Daten dürfen nur mit Einwilligung und nach vorheriger Information des Versicherten erfolgen. Diese Voraussetzungen sind bei Patienten, die der Teilnahme an der Arzneimittelversorgung durch die heimversorgende Apotheke zugestimmt haben, regelmäßig erfüllt.

Heilmittelwerberecht und Wettbewerbsrecht

Der Pflegemarkt in Deutschland ist hart umkämpft. Private, freigemeinnützige und öffentliche Einrichtungen stehen im harten Wettbewerb um die Pflegebedürftigen. Nach dem starken Ausbau der ambulanten Pflege gibt es in vielen Großstädten Überkapazitäten bei den stationären Pflegeeinrichtungen, während besonders auf dem Land der Mangel an qualifizierten Pflegefachkräften spürbar ist. Diese angespannte Wettbewerbssituation schlägt auch auf das Verhältnis zwischen Heimträgern und Versorgungsapotheken durch. Umso wichtiger werden die gesetzlichen Rahmenregelungen, die auf die Lauterkeit des Geschäftsverkehrs gerichtet sind. Im Vordergrund steht dabei – neben dem Berufsrecht der Heilberufe durch die dazu berufenen Kammern – die Selbstkontrolle der beteiligten Wirtschaftskreise und ihrer Verbände auf der Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Jeder Wettbewerber, aber auch die dazu qualifizierten Wettbewerbs-, Verbraucherschutz- und Berufsverbände, kann vor den Zivilgerichten gegen Geschäftspraktiken vorgehen, die er für wettbewerbswidrig hält.

Die Beispiele für unlautere Geschäftspraktiken sind vielfältig. Im Vordergrund steht dabei zum einen das Zuwendungsverbot des § 7 HWG. Es richtet sich an jeden, der Arzneimittel und Medizinprodukte anbietet, und verbietet das Anbieten, Ankündigen oder Gewähren von Zuwendungen und sonstigen Werbegaben (Waren oder Leistungen), soweit es sich dabei nicht um zulässige Rabatte nach den Preisvorschriften des Arzneimittelrechts handelt. Unzulässige Zuwendungen können beispielsweise in der Gewährung kostenloser Dienstleistungen der heimversorgenden Apotheken an die Heimträger liegen, wie zum Beispiel das kostenlose patientenindividuelle Verblistern der abgegebenen Fertigarzneimittel, kostenlose Botendienste, zum Beispiel zum quartalsweisen Transport der elektronischen Gesundheitskarten von Heimbewohnern zu den Ärzten, oder über die Anforderungen des § 12a ApoG hinausgehende kostenlose Überwachungs- oder Schulungsmaßnahmen.

Darüber hinaus verbietet der neu gefasste § 3a UWG den Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift als unlauteren Wettbewerb, wenn diese Vorschrift auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Hierunter fallen beispielsweise Verstöße gegen marktbezogene Regeln des Arzneimittel- und Apothekenrechts, gegen das in § 12a ApoG verankerte Regionalprinzip sowie gegen die Arzneimittelpreisverordnung.

Auch nach Einführung der neuen Straftatbestände zur Korruption im Gesundheitswesen, die bestimmte unlautere Geschäftsmodelle unter Strafe stellen, werden die durchaus wirksamen Sanktionen des Wettbewerbsrechts verbunden mit den Marktordnungsregeln des Arzneimittel- und Apothekenrechts weiterhin ihre zentrale Bedeutung für die Durchsetzung einer fairen Marktordnung behalten. |

Autor

Prof. Dr. Hilko Meyer

Zentrum für Gesundheitswirtschaft und -recht (ZGWR)

Nibelungenplatz 1, 60318 Frankfurt am Main


E-Mail: autor@deutsche-apotheker-zeitung.de

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