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Management

Grundkurs Apothekenmarketing

Teil 9: Das Apothekenprofil entwickeln

Mit der Marketingstrategie für unsere Apotheke wollen wir möglichst starke Wettbewerbsvorteile gegenüber unseren ­Konkurrenten aufbauen. Dabei sollten wir bestrebt sein, die Stärken unserer Apotheke genau dort auszubauen, wo wir Chancen bei unseren Kunden bzw. Patienten sehen. Damit schaffen wir das Profil unserer Apotheke, und darum geht es in der heutigen Ausgabe. | Prof. Dr. Dieter Benatzky

Zuallererst möchten wir in Erinnerung rufen, warum Profilbildung eine ausgesprochen wichtige strategische Aufgabe ist. Tatsache ist nämlich, dass Unternehmen, die es geschafft haben, in ihrem relevanten Markt ganz vorn zu sein, besondere Vorteile genießen: Sie haben einen überragenden Bekanntheitsgrad, eine sehr hohe Empfehlungsquote und sie werden vielfach als besonders kompetent angesehen. Das Resultat sind entsprechend hohe Erträge. Dies gilt selbstverständlich auch für Apotheken: Es ist strategisch sinnvoll, in seinem relevanten Markt die führende Position anzustreben.

In einem regionalen Markt gibt es jedoch immer nur eine oder zwei marktführende Apotheken. Wenn es unrealistisch ist, diese Position im gesamten regionalen Markt zu erreichen, dann muss versucht werden, in einem Teilmarkt die Nummer eins zu werden und sich dort entsprechend zu profilieren.

Erster Schritt: Marktsegmentierung

Unter Marktsegmentierung versteht man die Zerlegung von heterogenen Gesamtmärkten in möglichst homogene Teilmärkte, in ­denen Kunden- bzw. Patientengruppen nach bestimmten Merkmalen zusammengefasst werden. Diese Teilmärkte reagieren – wenn die Aufteilung richtig war – auf die Aktivitäten der Apotheke homogener. Damit haben diese Aktivitäten eine intensivere Wirkung auf diesen Personenkreis. In ihren Augen wird genau diese Apotheke attraktiver. Dadurch weitet sich der Einzugsbereich der Apotheke in dem jeweiligen Segment aus. Genau das wird mit einer Marktsegmentierung verfolgt. Die Apotheke kann sich mit ihrem kompletten Angebot und ihrem kommunikativen Verhalten genau auf das gewählte Segment ausrichten.

Marktsegmente sollen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Sie müssen apothekenrelevant sein, d. h. sich auf bestimmte pharmazeutische Angebote beziehen, sie sollten groß genug und möglichst stabil sein. Eine kommunikative Erreichbarkeit ist eine zusätzliche Anforderung, die jedoch nicht ­immer erfüllbar ist.

In diesem Sinn kann eine Segmentierung nach therapeutischen Schwerpunkten (Asthma, Diabetes etc.), nach pharmazeutischen Richtungen (Phyto, TCM, Homöopathie etc.) oder nach Personengruppen (Familien, Senioren, Personen mit Migrationshintergrund etc.) vor­genommen werden.

Zweiter Schritt: Prüfung der Profilierungs-Alternativen

Wir wählen einen Teilmarkt, ein Marktsegment, zur Profilbildung, um auf diesem Markt eine führende Position und möglichst eine weitgehende Alleinstellung zu ­erzielen. Das Apothekenprofil ist der unverwechselbare und bleibende Eindruck der Apotheke in der Wahrnehmung der Kunden ­sowie der potenziellen Kunden. Es beinhaltet die besonderen Eigenschaften und Angebote der Apotheke, welche sie von den relevanten Wettbewerbern abhebt.

Profilbildung

Foto: privat

Apotheker Dr. med. Jürgen-Christian Auernhammer, Vitale Apotheken, Bamberg:

„Meine Apotheken habe ich bewusst strategisch auf die wachsende Zielgruppe der älteren Menschen ausgerichtet. Grundlage war eine Analyse der Bevölkerung in den Einzugsbereichen sowie der besonderen Kompetenzen meiner Person und meines Apothekenteams. Meine Apotheken bieten als ‚Vitale Apotheke’ u. a. Beratung und Dienstleistungen für geriatrische Pharmazie und Anti-Aging-Medizin, ohne die Versorgung aller meiner Patienten mit einer hohen Verfügbarkeit des gesamten Arzneimittel-Sortiments zu vernachlässigen.“

Vor der Entscheidung für eine Profilierung sollten sowohl die Profil­attraktivität als auch die Wettbewerbsstärke möglichst genau abgeprüft werden (s. Abb. 1):

  • Für die Profilattraktivität sind das Profilpotenzial mit seinen Wachstumsaussichten, die eigenen Kompetenzen sowie die ­bestehenden Erfahrungen und Stärken hinsichtlich der infrage kommenden Profilierung ausschlaggebend.
  • Bei der Wettbewerbsstärke müssen die Marktposition des stärksten Wettbewerbers, die Stärke der Ausrichtung auf diese Profilbildung sowie der angenommene Erfolg dieser Profilbildung möglichst genau eingeschätzt werden.

Profilattraktivität und Wettbewerbsstärke werden nun nach einem Punkteschema bewertet und in einer übersichtlichen Matrix als Profilierungs-Portfolio dargestellt. Die Profilierungen auf den grünen Feldern bei hoher Profilattraktivität und niedriger Wettbewerbsstärke sind eindeutige Favoriten, wobei die roten Felder mit hoher Wettbewerbsstärke und niedriger Profilattraktivität zu meiden sind.

Quelle: Benatzky/Institut für Gesundheitswirtschaft

Abb. 1:Profilierungs-Portfolio

Im Übrigen ist es sehr empfehlenswert, diese Schritte zur Profilentscheidung gemeinsam mit dem Apothekenteam zu erarbeiten. Schließlich muss das Apothekenprofil von der gesamten Apotheke gelebt werden.

Profilbildung

Foto: privat

Apothekerin Dr. Kristina Meurer, Alfred-Nobel-­Apotheke, Troisdorf

„Durch die verschiedenen Sprachkenntnisse meines Teams können wir Patienten bzw. Kunden auf Russisch, Arabisch oder Englisch beraten, was für unsere Apotheke ein echtes Alleinstellungsmerkmal ist. Daher werde ich diese Tatsache noch stärker in der Apotheke und vor allem auch nach außen kommunizieren. In meiner Apotheke werden wir in Kürze zusätzlich fremdsprachige Beratungsvideos über das Scannen eines QR-Codes auf der Verpackung besonders erklärungsbedürftiger Arzneimittel anbieten. Auf Werbeträgern außerhalb der Apotheke und selbstverständlich auf den Schaufenstern wird dann zusätzlich auf diesen besonderen Service hingewiesen. Damit können sich Passanten über ihr Smartphone von unserem Beratungs-Mehrwert überzeugen. Ein tolles Kommunikations-Konzept für die Profilierung meiner Apotheke, welches in Zusammenarbeit mit dem erst Ende 2015 gegründeten Beratungsunternehmen ‚ApothekenWirkung‘ (info@apothekenwirkung) erarbeitet wurde.“

Dritter Schritt: Alles muss passen

Aus der Sicht des Marketings besteht eine Apotheke aus verschiedenen Schichten, die aus Sicht der Kunden eng miteinander verbunden sind. Um ein Profil zu entwickeln und um alle Aktivitäten zur vollen Entfaltung kommen zu lassen, müssen diese Schichten genau aufeinander abgestimmt sein (s. Abb. 2).

Quelle: Benatzky/Institut für Gesundheitswirtschaft

Abb. 2: Die Apotheke aus Marketingsicht

Dabei handelt es sich zunächst um die pharmazeutische Kernleistung: das gesamte Arzneimittelangebot mit den pharmazeutischen Dienstleistungen. Diese Kernleistungen sind immer der Mittelpunkt der Apotheke. Sie sind eingebettet in die sogenannten realen Leistungen, nämlich das für die Kunden wahrnehmbare Erscheinungsbild der Apotheke, die Offizin und die Apothekeneinrichtung. Schließlich besteht die Apotheke aus den erweiterten Leistungen, das ist der gesamte Bereich des Randsortiments mit den möglichen kaufmännischen Dienstleistungen wie Botendienst etc. Diese Leistungsbereiche werden nun umgeben von der Meta-Leistung, die das Renommee der Apotheke, das Image bei der Bevölkerung und die sich daraus manifestierende Apotheken-Marke ausmachen. All dies muss als Einheit gesehen und gestaltet werden.

Die Profilbildung beginnt mit der Kernleistung der Apotheke und zieht sich durch die ganze Apotheke über die reale Leistung und die erweiterte Leistung bis zur Meta-Leistung. Das gewählte Profil muss möglichst eindeutig kommuniziert werden und in der Apotheke von den Kunden erlebbar sein. Damit ist die Profilbildung eine strategische Maßnahme, um sich im Wettbewerbsumfeld auch gegenüber größeren Apotheken ­erfolgreich zu behaupten.

Eine gelungene Profilbildung führt zu einer Ausweitung des Kundenkreises und damit zu einem Wachstum der Apotheke. ­Warum stetes Wachstum für Apotheken wichtig ist und welche weiteren Wachstumspfade Apotheken offenstehen, erfahren Sie in einer der nächsten Ausgaben der Apotheker Zeitung. |

Prof. Dr. Dieter Benatzky

Prof. Dr. Dieter Benatzky ist Leiter des Instituts für Gesundheitswirtschaft in Bad Endorf und emeritierter Professor für Marketing an der FH Rosenheim

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