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Defektur
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Defekturprüfung und -dokumentation mit System
Die novellierte Approbationsordnung führte in den vergangenen 1½ Jahren zu großer Verunsicherung:
- Was sind die Minimalanforderungen für die Endprüfung eines Defekturarzneimittels?
- Sind sie immer gleich, oder gibt es Unterschiede zwischen den verschiedenen Zubereitungen?
- Wer entscheidet, was angemessen ist?
In drei maßgeblichen Dokumenten ist von einer „risikoorientierten Prüfung“ die Rede: in der Monographie „Pharmazeutische Zubereitungen“ des Europäischen Arzneibuchs, im DAC und zuletzt in einer Resolution der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD). Das Grundprinzip schien also klar, doch der Weg blieb wegen der sehr vagen Ausführungen nebulös.
Individuell, aber wie?
In der Resolution der Pharmazieräte heißt es: Jeder Apothekenleiter legt Art und Umfang der analytischen Prüfungen „individuell und eigenverantwortlich aufgrund seines pharmazeutischen Sachverstandes“ anhand eines Stufenmodells fest. So erfreulich freibleibend diese Formulierung ist, so wenig hilfreich ist sie, wenn man tatsächlich versucht, ein Defekturarzneimittel in eine Risikoklasse einzustufen – zumal dies nach transparenten und reproduzierbaren Kriterien erfolgen soll. Es bedarf daher eines in sich schlüssigen Konzepts mit klar definierten Kriterien und einem einheitlichen Bewertungssystem. Eine mögliche Grundlage findet sich in der Resolution CM/ResAP(2011)1 des Europarats. Das darin enthaltene Modell für die Risikobeurteilung von Arzneimitteln ist ausgewogen, praxisnah und hat sich bereits in anderen Ländern bewährt.
Risikofaktoren schnell bestimmt
In seinem Buch „Defektur“ stellt Dr. Andreas Ziegler ein Konzept zur Risikobeurteilung von Defekturarzneimitteln vor, das unter Berücksichtigung nationaler Besonderheiten auf den Empfehlungen der Europaratsresolution CM/ResAP(2011)1 beruht. Für jedes Defekturarzneimittel werden fünf Entscheidungskriterien durch Zuordnung eines Risikofaktors bewertet. Die Faktoren sind für jedes der fünf Kriterien anhand von konkreten Eigenschaften und Grenzwerten klar definiert, sodass die Methode reproduzierbar ist: Wann und durch wen auch immer die Einstufung vorgenommen wird, sie führt zum selben Ergebnis. Wie sich die Festlegung der Grenzwerte herleitet, was die rechtlichen Hintergründe sind und welche Erfahrungswerte beispielsweise in anderen Ländern vorliegen, wird transparent und nachvollziehbar beschrieben.
Mit wenigen Blicken hat man so die Risikofaktoren bestimmt und durch deren Multiplikation den Gesamtrisikoscore einer Zubereitung errechnet. Dieser erlaubt die Einstufung des Defekturarzneimittels in eine von drei Risikoklassen, aus der sich wiederum die Mindestanforderungen für die Endprüfung eines Defekturarzneimittels ableiten lassen.
Endprüfung je nach Risikoklasse und Arzneiform
Auch bei der Auswahl der Methode zur Endprüfung hilft das Buch von Dr. Andreas Ziegler weiter. In mehreren Tabellen sind jeder der drei Risikoklassen geeignete Prüfmethoden zugeordnet, und zwar gegliedert nach Darreichungsformen. Welche der potenziell infrage kommenden Prüfmethoden für ein konkretes Defekturarzneimittel am besten geeignet sind, hängt jedoch häufig nicht nur von der Darreichungsform, sondern auch von den spezifischen Eigenschaften der Zubereitung ab. Deshalb beschreibt der Autor jede Methode ausführlich in einem eigenen Kapitel. Das Funktionsprinzip und die notwendigen bzw. zur Auswahl stehenden Geräte werden hier ebenso betrachtet wie die Aussagekraft und Limitationen der einzelnen Methoden.
Um den praktischen Einstieg in das risikobasierte Stufenmodell so einfach wie möglich zu gestalten, bietet der Deutsche Apotheker Verlag das Set „Arbeitshilfen Defektur mit Risikobeurteilungs-Formular“ an. Es enthält in komprimierter Form diverse Materialien, die die Umsetzung des in Zieglers Buch beschriebenen Prüfkonzepts für Defekturarzneimittel in der Apotheke erleichtern.
Formular zur Risikobeurteilung
Ein Bestandteil ist das Formular „Risikobeurteilung für Defekturarzneimittel“ (vgl. Abb. 2 im Artikel "Grundlagen der Defekturprüfung" in dieser DAZ-Ausgabe). Dieses dient sowohl zur Risikobeurteilung als auch zu deren Dokumentation. Vier der fünf zu bewertenden Kriterien können unmittelbar auf dem Formular selbst bestimmt werden. Zur Beurteilung des inhärenten Risikos der Wirkstoffe enthalten die ebenfalls zum Set gehörenden „Arbeitshilfen Defektur“ eine Tabelle, in der die individuellen Risikofaktoren für rund 200 gängige Wirkstoffe gelistet sind. Falls der gesuchte Wirkstoff dort nicht enthalten ist, kann sein Risikofaktor mithilfe eines in den Arbeitshilfen ebenfalls enthaltenen Entscheidungsbaums ganz einfach selbst ermittelt werden.
Dokumentationsvorlagen sparen Schreibarbeit
Ist die Risikoklasse bekannt, gilt es, die passende Prüfmethode auszuwählen. Hierzu werden in den „Arbeitshilfen Defektur“ für jede Darreichungsform in jeder Risikoklasse geeignete Methoden empfohlen. Insgesamt stehen über 40 Prüfmethoden zur Auswahl, die größtenteils mit einer einfachen Laborausstattung und geringem Aufwand umsetzbar sind. Bei vielen Zubereitungen der niedrigen Risikoklasse reicht es beispielsweise aus, allgemeine analytische Merkmale wie pH-Wert oder Spreitbarkeit zu prüfen.
Hat sich der verantwortliche Apotheker für eine (oder mehrere) der Prüfmethoden entschieden, muss er gemäß § 8 ApBetrO eine schriftliche Prüfanweisung erstellen. Hier offenbart sich der größte Nutzen der „Arbeitshilfen Defektur“, denn alle Prüfmethoden sind in Form einer „Dokumentationsvorlage“ bereits so ausformuliert, dass der Apotheker einfach darauf verweisen kann (siehe gegenüberliegende Seite). Auf der Prüfanweisung müssen allenfalls ein paar wenige, zubereitungsspezifische Angaben konkretisiert werden. Und das ist in wenigen Sekunden erledigt.
Endprüfung ohne Schrecken
Das risikobasierte Stufenmodell nimmt der Endprüfung von Defekturarzneimitteln den Schrecken. Die meisten klassischen Defekturarzneimittel (z.B. nahezu alle gängigen Dermatika) fallen in die niedrige oder allenfalls in die mittlere Risikoklasse. Der erforderliche Prüfaufwand ist demnach in den meisten Fällen so gering, dass sich die Defektur im wahrsten Sinne des Wortes lohnt: Ist doch die Herstellung im Großansatz in der Regel deutlich effizienter als die von zig Rezepturen. Insbesondere wenn fertig ausgearbeitete Mustertexte und Dokumentationsvorlagen die Prüfdokumentation erleichtern!
Für die wissenschaftlich fundierte und zugleich praxisnahe Implementierung der Defektur empfiehlt sich die gemeinsame Nutzung des Buchs „Defektur“ sowie der „Arbeitshilfen Defektur“, die einander ideal ergänzen und als Set zu einem vergünstigten Preis erhältlich sind.
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