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- DAZ 20/2011
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Arzneimittel und Therapie
Nachweis für Krebsschutz durch Selen fehlt
Um zu klären, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Selenexposition und dem Krebsrisiko besteht, wurden insgesamt 49 prospektive Beobachtungsstudien ausgewertet.
Geringeres Krebsrisiko: eine Frage der Ernährung?
Gesunde Teilnehmer mit hohen Selenwerten (gemessen in Blut oder Zehennägeln) oder einer hohen Selenaufnahme mit der Nahrung erkrankten teilweise seltener an bestimmten Krebsformen, so beispielsweise an Blasen- oder Prostatakarzinomen, andere Karzinome wie Brustkrebs traten auch bei hohen Spiegeln nicht seltener auf. Die Autoren des Cochrane-Reviews konnten jedoch keinen Beleg dafür finden dass die Selenspiegel oder die Selenaufnahme wirklich verantwortlich für das teilweise geringere Krebsrisiko waren. Sie konnten nicht ausschließen, dass dafür möglicherweise andere Faktoren verantwortlich sind, so beispielsweise eine gesündere Ernährung oder ein gesünderer Lebensstil, bessere Arbeitsbedingungen oder allgemein bessere Lebensumstände.
Selen sinnvoll in der Primärprävention?
Zur Frage, ob und in welchem Ausmaß eine Selensupplementation vor Krebs schützen kann, wurden sechs randomisierte und kontrollierte Studien ausgewertet. Dabei wurde auch unterschieden, ob organisches (Selenomethionin, Selenocystein) oder anorganisches Selen (Selenat, Selenit) eingesetzt worden war, da organisches Selen im Körper möglicherweise anders wirkt als anorganisches. Einen eindeutigen Beleg für eine krebspräventive Wirkung konnten die Autoren in diesen Studien nicht finden.
Die Auswertung der Studien mit den überzeugendsten Ergebnissen ergab, dass organisches Selen Männer nicht vor Prostatakrebs schützen und das Risiko für weißen Hautkrebs sowohl bei Männern als auch Frauen erhöhen kann. Studien, die eine Abnahme von Leberkrebs unter Supplementation von organischem und anorganischem Selen nahe legen, konnten die Cochrane-Autoren nicht überzeugen. Sie empfehlen, dieser Frage weiter nachzugehen und den möglicherweise positiven Effekt zunächst zu evaluieren, bevor entsprechende Empfehlungen zur Prävention von Leberkrebs mit Selen gegeben werden. Weiteren Forschungsbedarf sehen sie auch im Hinblick auf den Einfluss einer Selensupplementation in Abhängigkeit vom Ernährungsstatus. Möglicherweise gebe es Unterschiede in karzinompräventiven Eigenschaften von Selen bei Unterernährung oder adäquater Ernährung. Insbesondere bei guter Ernährung können die Autoren keine überzeugende Evidenz für den Nutzen einer Selensupplementation zur Primärprävention von Krebs erkennen.
Negative Folgen?
Zudem können sie nicht ausschließen, dass eine Selensupplementation negative Folgen hat. Dieser Verdacht sei in der Nutritional Prevention of Cancer Trial (NPCT) und der SELECT-Studie (Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial) zur Primärprävention bei Prostatakarzinom geäußert worden. In der NPCT-Studie war unter Supplementation von Selenhefe das Risiko für Basal- und Plattenzellkarzinome erhöht. Die SELECT-Studie, durchgeführt mit Selenomethionin, war unter anderem deshalb vorzeitig abgebrochen worden, weil in einer Zwischenanalyse keine Risikoreduktion für die Entstehung eines Prostatakarzinoms festzustellen war. Als Grund wird ein zu hoher Selenspiegel der Teilnehmer diskutiert. Zudem war ein geringfügiger, nicht-signifikanter Anstieg von Diabetes-Neuerkrankungen unter Selen festgestellt worden.
Selenspiegel laufend kontrollieren
Als optimal für die Expression von Selenoproteinen werden Plasma-Selenwerte zwischen 110 und 130 μg/l erachtet. Nicht nur Werte darunter, sondern auch darüber (> 150 μg/l) sind langfristig möglicherweise mit einer erhöhten Gesamt- und Krebsmortalität assoziiert. Empfohlen wird daher, bei Langzeitanwendung von Selen den Selenspiegel laufend zu kontrollieren [2].
Zum WeiterlesenCochrane-Reviews in der DAZ
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Quelle[1] Dennert G, Zwahlen M, Brinkman M, Vincett M, Zeegers MPA, Horneber M: Selenium for preventing cancer (review. The Cochrane Library. 2011, Issue 5[2] Mücke R, Schomburg L, Büntzle J, Gröber U, Holzhauer P, Micke O: Komplementärer Seleneinsatz in der Onkologie. Der Onkologe 2010; 16: 181 – 186
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