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Selbstmedikation
Wirkung von Ginseng unzureichend nachgewiesen
Die "Menschenwurzel" Ginseng zählt zu den weltweit am häufigsten eingesetzten Heilpflanzen. Die beiden Hauptvertreter sind der asiatische oder koreanische Ginseng (Panax ginseng CA. Mayer) und der amerikanische Ginseng (Panax quinguefolius). Auf der Basis sowohl klinischer als auch laborchemischer Studien wurde in letzter Zeit immer wieder angedeutet, dass Ginseng das zentrale Nervensystem und kognitive Leistungen positiv beeinflussen könne. Dies könnte für Menschen mit Demenz von Bedeutung sein, bei denen progredient kognitive Defizite und meist auch Verhaltensstörungen auftreten.
Eine Cochrane-Analyse befasste sich mit allen verfügbaren einfach- oder doppeltverblindeten, randomisierten und placebokontrollierten Studien, in denen positive Effekte von Ginseng auf kognitive Leistungen nachgewiesen werden sollten. Zielparameter in den Studien waren kognitive Funktionen wie spontanes Erinnerungsvermögen, Konzentrationsfähigkeit oder Rechnen, Verhaltensstörungen wie Agitiertheit, Ängstlichkeit oder Unruhe sowie Faktoren der Lebensqualität. Um die Effekte von Ginseng zu erfassen, wurden verschiedene psychometrische Tests und Beurteilungsskalen angewandt.
Inhomogene Studien erschweren Auswertung
Die Autoren konnten neun Studien berücksichtigen, von denen allerdings nur fünf den Ansprüchen der Auswertung genügten. Diese fünf Studien wurden an gesunden Testpersonen durchgeführt, die entweder einen Ginseng-Extrakt oder den Ginseng-Inhaltsstoff HT008-1 verabreicht bekamen. Das Durchschnittsalter lag in drei Studien zwischen 20 und 31 Jahren, in zwei weiteren Studien zwischen 51 und 59 Jahren.
In vier Studien wurde Ginseng-Extrakt in der Dosierung 200 bis 400 mg/Tag mit Placebo verglichen, in einer Studie die Ginseng-Verbindung HT008-1 in der Dosierung 5200 mg/Tag. Hierbei ergaben sich fast durchgängig uneinheitliche Resultate. Bei manchen der untersuchten Parameter zeigten einzelne Präparate eine signifikant höhere Wirksamkeit gegenüber Placebo, beispielsweise beim Erkennen visueller und auditiver Reize oder in Bezug auf die Qualität der selektiven Erinnerung. Bei anderen Parametern, etwa der Aufmerksamkeit, Konzentration oder Arbeitsgeschwindigkeit, konnte keine Überlegenheit nachgewiesen werden.
Eine einheitliche Bewertung zusätzlich erschwerend wurden in den einzelnen Studien unterschiedliche Instrumente angewendet, auch variierten die Dosierungen und die Dauer der Anwendung beträchtlich. Nebenwirkungen der Ginseng-Präparate wurden nicht beobachtet.
Keine Evidenz für Wirksamkeit
Als Fazit halten die Autoren des Cochrane-Reviews fest, dass derzeit keine eindeutige Evidenz für die Annahme besteht, dass Ginseng eine reproduzierbare Verbesserung kognitiver Leistungen bewirkt. Vor allem für Patienten mit Demenz lässt sich die Wirksamkeit bislang nicht nachweisen. Da es große Qualitätsunterschiede bei Ginseng-Präparaten gibt, müssen die Studienergebnisse als nur für das jeweilige Produkt aussagekräftig angesehen werden. Auch waren Studiendesign und -durchführung sehr inhomogen, daher können hier keine allgemeingültigen Schlussfolgerungen zur Ginseng-Wirksamkeit gezogen werden. Immerhin sehen die Autoren des Cochrane-Reviews in manchen Einzelresultaten Hinweise auf "einen positiven Effekt für die kognitive Funktion, das Verhalten und die Lebensqualität”.
Quelle
Geng, J.; et al.: Ginseng for cognition. Cochrane Database of Systematic Reviews (2010) 12: Art. No.: CD007769. DOI: 10.1002/14651858. CD007769. pub2.
Medizinjournalist Clemens Bilharz
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