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Niedersächsischer Apothekertag
M. Crohn und Colitis ulcerosa
Bei Durchfall über mehr als vier Wochen mit mehr als zwei Stuhlgängen pro Tag, flüssigem oder breiigem Stuhl, Blutbeimengungen und abdominellen Schmerzen liegt der Verdacht auf eine chronisch entzündliche Darmerkrankung nahe.
Bei Morbus Crohn bestehen einzelne Entzündungsherde, die alle Schichten der Darmwand betreffen können. Die oft massive Verdickung der Darmwand ist auch im Ultraschallbild sichtbar. Typisch ist das Nebeneinander von gesunden Abschnitten und entzündeten Stellen, die sich von der Mundschleimhaut bis zum Rectum verteilen können.
Dagegen breitet sich die Entzündung bei der Colitis ulcerosa kontinuierlich nur innerhalb des Dickdarms aus, meist ausgehend vom Rectum. Als Ursachen der Erkrankungen gelten genetische Prädisposition, Umweltnoxen und ganz besonders Autoimmunprozesse im darmassoziierten Immunsystem, das durch Schädigungen der Epithelzellen mit der eigentlich harmlosen Normalflora in Berührung kommt und so eine Kaskade von Immunreaktionen auslöst.
Patienten mit Morbus Crohn sollten unbedingt das Rauchen aufgeben, während das Absetzen von Nicotin bei Colitis ulcerosa sogar einen Krankheitsschub auslösen kann. Bei Colitis ulcerosa werden daher Therapieversuche mit Nicotinpflastern unternommen.
Ein Ziel – viele Arzneimittel
Aminosalicylate – Mesalazin und seine Derivate – bilden die Grundlage der Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Die Handelspräparate unterscheiden sich erheblich in ihrer Galenik und werden daher in sehr unterschiedlichen Bereichen des Verdauungstraktes freigesetzt. Mikroverkapselte Zubereitungen lösen sich im Magen auf und wirken bereits im Dünndarm, andere Zubereitungen dagegen in verschiedenen Abschnitten des Colons. Die Auswahl der Produkte orientiert sich daher an der individuellen Lokalisation der Läsionen.
Für die Anwendung in hinteren Darmabschnitten stehen Schäume und Klysmen zur Verfügung. Patienten müssen die Klysmen lange genug festhalten und die Anwendung üben. Für die Schubtherapie werden Steroide verwendet. Doch wegen der unerwünschten Wirkungen der Steroide sollten diese höchstens für drei Monate verwendet werden, erklärte Weinke. Eine Ausnahme bildet Budesonid mit seinem hohen First-pass-Effekt. Das Immunsuppressivum Azathioprin wirkt dagegen erst nach zwei bis drei Monaten, ähnlich langsam ist der Effekt von Methotrexat. Schneller wirken die Immunsuppressiva Ciclosporin A, Tacrolimus und die gegen den Tumornekrosefaktor (TNF) gerichteten Antikörper Infliximab und Adalimumab.
Therapie bei Morbus Crohn …
Die einschlägige S3-Leitlinie sieht bei leichten bis mäßigen Schüben von Morbus Crohn Mesalazin oder Budesonid, bei schweren Schüben einen Steroidstoß vor. Falls dies nicht ausreicht, kommen Immunsuppressiva oder Antikörper gegen TNF zum Einsatz. Weinke riet, eine Operation möglichst herauszuzögern, weil immer wieder neue Darmabschnitte entfernt werden müssten. Bei infizierten Fisteln werden Antibiotika eingesetzt. Bei chronischer Entzündung könne eine Erhaltungstherapie mit Azathioprin über Jahre sinnvoll sein. Als weitere Stufen sind Methotrexat und Antikörper gegen TNF möglich.
Bei einer Kombination von Infliximab und Adalimumab sieht Weinke die Gefahr, auch unerwünschte Wirkungen wie die mögliche Bildung von Lymphomen zu steigern. Als Alternative zur dargestellten Step-up-Therapie werde auch eine Top-down-Strategie diskutiert, die mit den Antikörpern beginnt. Nach Einschätzung von Weinke ist die Wahl zwischen diesen Strategien bei Morbus Crohn nicht eindeutig, jeder Fall solle individuell entschieden werden.
… und bei Colitis ulcerosa
Colitis ulcerosa müsse dagegen immer mit dem Step-up-Ansatz behandelt werden, so Weinke. In leichten und mittelschweren Fällen kommen lokale Schäume, Klysmen und Zäpfchen mit Mesalazin zum Einsatz, in schweren Fällen orale Zubereitungen. Die nächsten Stufen bilden Steroide, Azathioprin, andere Immunsuppressiva und Infliximab. Eine Operation bedeutet bei Colitis ulcerosa die Entfernung des gesamten Colons, sodass der Dünndarm zum Rectum geführt wird.
Viele Fehlerquellen
Als besonders häufige Fehler bei der Therapie der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen nannte Weinke zu geringe Dosierungen von Mesalazin oder Azathioprin, fehlende rektale Therapie bei distaler Colitis, die Anwendung von Steroiden über mehr als drei Monate und das Fehlen einer Osteoporoseprophylaxe bei Steroidgabe.
tmb
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