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Niedersächsischer Apothekertag
Künstliches Herzgewebe dank moderner Zellforschung
Nach einem überlebten Herzinfarkt leiden Patienten an Herzmuskelschwäche. Im Gewebe des Herzmuskels bilden sich Narben an den geschädigten Stellen, das Muskelgewebe ist dünner geworden, neues Gewebe bildet sich nicht, da sich Herzmuskelzellen nicht teilen können. So hat sich der Traum, dass sich zerstörtes Herzgewebe nach einem Infarkt wieder herstellen lässt, bis heute nicht erfüllt. Zwar wurden in den letzten Jahren immer wieder Berichte veröffentlicht, nach denen es gelungen sein soll, tierisches oder menschliches Herzgewebe mithilfe von Stammzellen zu regenerieren. Nach Aussagen von Eschenhagen basieren jedoch alle bisher veröffentlichten Erfolgsmeldungen lediglich auf einzelnen Berichten, die dann in späteren Untersuchungen nicht nachvollzogen werden konnten. Bisher konnte nicht schlüssig gezeigt werden, dass Regenerationsvorgänge tatsächlich stattfinden. Weder Stammzellen aus dem Knochenmark noch embryonale Stammzellen konnten Herzmuskelgewebe nachweisbar in relevantem Ausmaß regenerieren. Deshalb sei eine derartige Therapie zum jetzigen Zeitpunkt nicht Erfolg versprechend, und die Stammzelltherapie bei Herzinfarkt befindet sich nicht in einem Stadium für eine routinemäßige Anwendung. Dennoch wird die Frage weiterhin untersucht, ob eine Regeneration von Herzmuskelzellen möglich ist und ob sie sich therapeutisch fördern lässt.
Näher an der praktischen Anwendung sind dagegen Methoden des Tissue engineering, mit denen neue Herzmuskelzellen außerhalb des Körpers kultiviert werden, die dann auch selbstständig beginnen, Kontraktionen auszuführen. Aus ihnen kann künstliches Herzmuskelgewebe (engineered heart tissue – EHT) hergestellt werden. Die Zellkulturen werden so angelegt, dass aus den Zellen kleine Schleifen entstehen. Die Idee ist, dass solche Schleifenverbünde auf den Herzmuskel genäht werden. Die Zellverbünde synchronisieren mit dem Schlagrhythmus des Herzmuskels und können dann seine Funktion unterstützen – im Tierversuch war diese Methode bereits erfolgreich.
Eschenhagen stellte außerdem ein Modell vor, mit dem es in Zukunft möglich sein könnte, induzierte pluripotente Stammzellen (iPS) so anzuregen und zu steuern, dass sie Herzmuskelzellen für das kardiale Tissue Engineering liefern. Ziel ist es letztendlich, In-vitro-Gewebe mit strukturellen und funktionellen Eigenschaften von intaktem Myokard zu konstruieren und dieses schließlich mittels herzchirurgischer oder kardiologischer Techniken im Austausch gegen defektes Myokardgewebe zu implantieren.
In-vitro-Tests an EHT
Solche in vitro kultivierten Zellen eines Patienten könnten auch für Arzneimitteltests geeignet sein, insbesondere zur Prüfung von Arzneimitteln auf mögliche arrhythmogene Wirkungen.
Diese iPS werden nicht aus embryonalen, sondern aus autologen Stammzellen gewonnen. Dazu wird dem Patienten Gewebe entnommen, zum Beispiel ein Stück aus der Haut.
In den vergangenen Jahren wurden mehrere sogenannte Reprogrammierungsfaktoren entdeckt, die diese Zellen umprogrammieren und eine Pluripotenz induzieren können. Dabei werden in den Zellen zentrale, ruhende Entwicklungsgene aktiviert, sodass sie in eine Art embryonalen Zustand zurückversetzt werden. Damit erlangen sie die Eigenschaften von Stammzellen und können sich weiter ausdifferenzieren, zum Beispiel zu Herzmuskelzellen.
Als nächste Stufe dieser Forschung stellte Eschenhagen den Einsatz humaner embryonaler Stammzellen (hES) vor. Diese Zellen wachsen unter geeigneten Bedingungen zu Embryoid-Körperchen heran, von denen 60 bis 90 Prozent schlagen, etwa 40 Prozent von ihnen entwickeln sich zu Herzmuskelzellen. Aus diesen Zellen lässt sich dann Herzgewebe (EHT) herstellen, an dem sich wiederum sehr gut Arzneimitteltests vornehmen lassen, beispielsweise ob die Arzneistoffe Herzrhythmusstörungen verursachen.
diz
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