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Lauterbachs Digitalgesetze
Assistierte Telemedizin aus der Apotheke
Die elektronische Patientenakte (ePA) wird zur Opt-Out-Anwendung und soll zunächst das Medikationsmanagement unterstützen. E-Rezepte werden ab 1. Januar 2024 Pflicht und der Zugriff auf sie soll künftig auch über Kassen-Apps möglich sein. Überdies sollen Versicherte einen Anspruch auf „assistierte Telemedizin in Apotheken“ erhalten – wobei es Apotheken selbst überlassen bleibt, ob sie diese anbieten. Unter anderem dies sieht der jetzt vorgelegte Referentenentwurf für das Digitalgesetz vor.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte sie lange angekündigt – nun hat sein Haus die Referentenentwürfe für seine beiden Digitalisierungsgesetze vorgelegt. Es geht zum einen um das „Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens“ (Digital-Gesetz), zum anderen um das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG). Vor allem der Entwurf für das Digital-Gesetz sieht eine ganze Reihe Neuerungen vor, die für die Apothekenpraxis wichtig sind.
Grundsätzlich verfolgt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) das Ziel, die Digitalisierung für eine „effizientere, qualitativ hochwertige und patientenzentrierte gesundheitliche Versorgung“ zu nutzen. Digitale Transformation müsse daher konsequent weiterentwickelt und beschleunigt werden, heißt es einleitend im Referentenentwurf. Vor allem müssten bestehende digitale Angebote so ausgestaltet und eingesetzt werden, „dass sie mit den Anforderungen der Menschen im Gesundheitssystem harmonieren“. Sprich: Damit sie wirken kann, muss sie bei den Patientinnen und Patienten, Ärztinnen und Ärzten sowie anderen Gesundheitsfachkräften einen „wahrnehmbaren Nutzen erzeugen“.
Vor allem mit der vor sich hin dümpelnden elektronischen Patientenakte (ePA) und dem E-Rezept soll es jetzt vorangehen. Aber auch die Telemedizin soll weiterentwickelt werden, die Interoperabilität und die Cybersicherheit verbessert werden.
Push für ePA und elektronischen Medikationsplan
So soll die ePA künftig als Austauschplattform zwischen Leistungserbringern und Versicherten sowie als digitales Gesundheitsmanagementsystem für Versicherte eine zentrale Rolle in der Versorgung zukommen. Um Hürden bei ihrer Nutzung der ePA zu beseitigen und sie unter die Leute zu bringen, ist ein Umbau hin zu einer Opt-Out-Anwendung vorgesehen. Dabei soll vieles leichter werden: die Bereitstellung durch die Kassen ebenso wie die Befüllung der Akte und der Zugriff auf sie. Der erste Anwendungsfall soll der digital gestützte Medikationsprozess sein. Für die Versicherten bleibt die ePA-Nutzung auf jeden Fall freiwillig – sie können ihr ganz widersprechen oder sie einschränken.
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Unterstützung durch Apotheken
Bedeutung erlangt damit auch die Unterstützung durch die Apotheken, die schon jetzt „auf Verlangen der Versicherten“ gesetzlich vorgesehen, aber praktisch noch nicht zum Tragen gekommen ist. Eigentlich sollte bis Anfang 2021 sogar eine Vergütung für diese apothekerlichen ePA-Leistungen vereinbart sein – doch mangels praktischer Relevanz ist man noch nicht so weit. Künftig sollen Apotheker:innen bei der Abgabe von Arzneimitteln auch ohne Verlangen der Versicherten verpflichtet sein, diese bei der Verarbeitung von medikationsbezogenen Daten in der ePA zu unterstützen. Insbesondere sollen sie den darin gespeicherten elektronischen Medikationsplan aktualisieren, sofern der Versicherte nicht widerspricht, und Verordnungsdaten und Dispensierinfirmationen bei der Abgabe von Rx- Arzneimitteln ergänzen (soweit letzteres nicht schon automatisiert über den E-Rezeptfachdienst erfolgt).
Neues zum E-Rezept
Zum E-Rezept heißt es im Referentenentwurf, dass dieses „besser nutzbar“ werden soll. Hierzu soll es künftig möglich sein, die E-Rezept-App Gematik auch mittels der ePA-Apps von Krankenkassen zu nutzen. Kassen sollen überdies eine eigene E-Rezept-App anbieten können.
Zudem soll es möglich werden, digitale Identitäten, NFC-fähige elektronische Gesundheitskarten sowie dazugehörige PINs aus der E-Rezept-App heraus zu beantragen. Die Kassen sollen verpflichtet werden, ihre Versicherten über das E-Rezept zu informieren. Als neues Startdatum für die E-Rezeptpflicht für Ärzte und Zahnärzte (§360 Abs. 2 SGB V) soll der 1. Januar 2024 festgeschrieben werden. Zugleich wird den Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen aufgegeben, ihre Klientel rund ums E-Rezept zu informieren – und darauf hinzuwirken, dass das E-Rezept diesem Zeitpunkt standardmäßig verwendet wird. Für die Apotheken hingegen soll das Datum aus der gesetzlichen Norm verschwinden – dass sie bereit sind, dürfte auch dem BMG klar sein.
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Die Wege der Token
Interessant ist ein geplanter neuer Absatz 16 in der E-Rezept-Norm (§ 360 SGB V). Dieser soll verhindern, dass die sensiblen medizinischen Daten aus E-Rezepten in großem Umfang außerhalb der sicheren Telematikinfrastruktur (TI) zum Beispiel per SMS oder unverschlüsselter E-Mail übermittelt und gespeichert werden. Die Verwaltung und Zuweisung von E-Rezepten soll ausschließlich über den E-Rezept-Fachdienst in der TI erfolgen, da hier entsprechende Sicherheitsanforderungen gelten. Gleichzeitig stellt die Norm aber auch klar, dass informationstechnische Systeme zur Verfügung gestellt werden können, mit denen die E-Rezept-Token von der Ärztin oder dem Arzt an den Versicherten zur direkten Einlösung in einer Apotheke auch außerhalb der TI übermittelt werden können – sofern dieser Zugangsweg dem Stand der Technik entspricht. Es muss aber ausdrücklich gewährleistet bleiben, dass die freie Apothekenwahl der Versicherten nicht eingeschränkt wird. Deshalb dürfen keine Apotheken oder Gruppen von Apotheken bevorzugt angeschlossen oder für die Versicherten zugänglich gemacht werden. Zudem müssen die Zuweisungs-, Absprache- und Makelverbote eingehalten werden. Ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen diese Vorgaben soll bußgeldbewehrt sein – bis zu 300.000 Euro kann das kosten. „Dies ist erforderlich, um eine abschreckende Wirkung zu entfalten und insbesondere eine gewerbliche Nutzung zu unterbinden“, heißt es in der Begründung.
Assistierte Telemedizin aus der Apotheke
Ein weiterer Fokus des Digitalgesetzes: Telemedizin soll ein fester Bestandteil der Gesundheitsversorgung werden. Insbesondere Videosprechstunden sollen noch breiter eingesetzt und leichter genutzt werden können. Dazu wird die bisher geltende Begrenzung der Videosprechstunden auf maximal 30 Prozent der ärztlichen Arbeitszeit aufgehoben. Zudem sollen Apotheken künftig Maßnahmen der assistierten Telemedizin anbieten können – das soll ein neuer Absatz 5h in § 129 SGB V regeln. Dabei sollen die Apotheken die Versicherten vor allem unterstützen, ambulante telemedizinische Leistungen zu nutzen und sie vor Ort bei der Inanspruchnahme anleiten. Aber auch einfache medizinischer Routineaufgaben sollen sie anlässlich einer telemedizinischen Leistung, beispielsweise einer Videosprechstunde, erbringen können. „Ziel ist es dabei, die Apotheken in die Bereitstellung des Zugangs zu einer flächendeckenden und leistungsfähigen telemedizinischen Versorgungsstruktur einzubeziehen und die Ärztinnen und Ärzte zum Wohle der Versicherten zu entlasten“, heißt es dazu in der Begründung des Referentenentwurfs. Details zu diesem Angebot – und natürlich auch der Vergütung – sollen Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband vereinbaren.
Der Entwurf für die Digitalgesetz umfasst 142 Seiten – er enthält also noch zahlreiche weitere Regelungen, die die Digitalisierung vorantreiben sollen. Die DAZ wird weiter berichten.
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