Lieferengpass bei Kinder-Schmerzmitteln

Rezeptur statt FAM – wann braucht es ein neues Rezept?

Berlin - 04.08.2022, 16:45 Uhr

Fiebersäfte für Kinder halten Apotheken, Ärzte und Eltern in Atem. (Foto: Schelbert)

Fiebersäfte für Kinder halten Apotheken, Ärzte und Eltern in Atem. (Foto: Schelbert)


Hat der Arzt einem Kind einen Ibuprofen- oder Paracetamol-haltigen Fiebersaft verordnet und ist dieser nicht zu beschaffen, kann die Apotheke auf die Rezepturherstellung ausweichen. KBV und BfArM informieren jetzt, in welchen Fällen dann ein neues Rezept nötig ist und wann nicht.

Der Lieferengpass bei Kinder-Schmerzmitteln hält die Apotheken in Atem – auch in der Laienpresse ist die Verknappung bei Ibuprofen- und Paracetamol-haltigen Fiebersäften schon längst angekommen. Im Notfall können Apotheken auf ärztliche Verordnung hin auf die Rezepturherstellung ausweichen – doch in welchen Fällen ist dann ein neues Rezept nötig?

Dieser Frage haben sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), der GKV-Spitzenverband, die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die ABDA gewidmet. Wie das BfArM in einer Pressemitteilung schreibt, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit die individuelle Herstellung zulasten der GKV abrechenbar ist, zum Beispiel muss der Krankheitszustand des Kindes die Anwendung medizinisch erfordern (siehe Kasten).

Bisher hieß es, dass in einem solchen Fall der verordnende Arzt ein neues Rezept über eine Rezeptur ausstellen muss. Nun informieren BfArM und KBV übereinstimmend, dass unter Umständen auch die Rücksprache mit dem Verordner sowie ein entsprechender Vermerk der Apotheke auf dem Formular ausreicht, um statt des verschriebenen Fertigarzneimittels eine Rezeptur abrechnen zu können – wichtig ist aber, dass außer dem betreffenden Arzneimittel kein anderes Medikament auf demselben Rezept verordnet ist. Die Nichtverfügbarkeit ist über das Warenwirtschaftssystem zu dokumentieren.

Separates Rezept nötig!

„In diesem Zusammenhang wird empfohlen, solange die Fiebersäfte nur eingeschränkt verfügbar sind, diese auf einem separaten Rezept zu verordnen“, rät daher die KBV. „Damit kann die Apotheke, wenn der Saft als Fertigarzneimittel nicht zu beziehen ist, mit demselben Rezept die Rezeptur abgeben und abrechnen.“ Zunächst soll die Apotheke bei Nichtverfügbarkeit der beiden Fiebersäfte Rücksprache mit dem behandelnden Arzt halten, so auch zu gegebenenfalls infrage kommenden medikamentösen Alternativen wie Zäpfchen. „Gibt es keine Alternative, kann das Rezept genutzt werden, auf dem der betroffene Fiebersaft steht.“

Nach Angaben des BfArM ist man sich diesbezüglich auch mit dem obersten Kassengremium einig: „Der GKV-Spitzenverband wird die Krankenkassen informieren und dringend empfehlen, dass in dem Zeitraum der eingeschränkten Verfügbarkeit den Apotheken die Rezepturen von den Krankenkassen erstattet werden“, teilt die Bundesoberbehörde mit.

Folgende Voraussetzungen wurden laut BfArM vereinbart:

  • Der Fiebersaft wurde vom behandelnden Arzt / von der behandelnden Ärztin verschrieben.
  • Die Nichtbeschaffbarkeit des verordneten Fertigarzneimittels ist in der Apotheke zu dokumentieren. Hierfür wird die Dokumentation in den Warenwirtschaftssystemen als ausreichend erachtet.
  • Bei Nichtverfügbarkeit des verordneten Arzneimittels erfolgt die Rücksprache zu medikamentösen Alternativen mit dem behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin.
  • Im Falle, dass die Gabe von Paracetamol- oder Ibuprofen-haltigen Fiebersäften medizinisch erforderlich ist und mehrere Arzneimittel auf einem Rezept verordnet sind, ist ein neues Rezept über eine Rezeptur auszustellen.
    Es wird daher empfohlen, im Zeitraum der eingeschränkten Verfügbarkeit bei der Verordnung eines Paracetamol- oder Ibuprofen-haltigen Fiebersaftes jeweils ein separates Rezept auszustellen.
    Dieses kann bei nicht Verfügbarkeit von der Apotheke mit einem Vermerk zur ersatzweisen Herstellung einer Rezeptur nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt/ der behandelnden Ärztin versehen werden.
  • Die Taxierung der Rezeptur erfolgt nach Arzneimittelpreisverordnung.
  • Die Regelungen der Hilfstaxe (Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen (§§ 4 und 5 der AMPreisV) gelten.
  • Das BfArM ermittelt regelmäßig die Lieferfähigkeit der Unternehmen und stellt die Informationen zur Verfügung.
  • Sofern eine längere Nichtverfügbarkeit durch das BfArM nachgewiesen ist, kann dieser Nachweis einer regelmäßigen ärztlichen Verschreibung bei der Herstellung von Defekturen in der Apotheke gleichgesetzt werden.
  • Der GKV-Spitzenverband wird die Krankenkassen informieren und dringend empfehlen, dass in dem Zeitraum der eingeschränkten Verfügbarkeit den Apotheken die Rezepturen von den Krankenkassen erstattet werden.
  • Die ärztlichen Verschreibungen sollen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung gesondert berücksichtigt werden.

Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Fiebersaftrezepturen

von Roland Mückschel am 04.08.2022 um 17:32 Uhr

Diese Rezepturen braucht es nicht.
Die Säfte kann Lauterbach über das BMG aus
dem Ausland importieren und dann an die Hausärzte verteilen. Und für die Abgabe, da so wichtig, erhalten sie 15 Euro bei Abgabe in der Praxis.
20 Euro bei Hausbesuch.
Nur Erbsenzähler darf man bei diesem
Procedere nicht sein.
Ach so, wir sind ja nicht in der Apotheke.
Da geht alles.

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gaga

von Karl Friedrich Müller am 04.08.2022 um 17:24 Uhr

- die Substanzen sind überhaupt lieferbar
- die Substanzen sind vorrätig

to be continued
die Kassen sind Meister darin, unüberwindliche Hürden zu schaffen
Ergebnis: das Kind spuckt die Rezeptur aus.....
ich lach mich tot:
"Der GKV-Spitzenverband wird die Krankenkassen informieren und dringend empfehlen, dass in dem Zeitraum der eingeschränkten Verfügbarkeit den Apotheken die Rezepturen von den Krankenkassen erstattet werden."
also ist es noch von der Gnade der Kassen abhängig, ob diese defizitäre Leistung überhaupt erstattet wird.
Ihr habt doch alle einen Vogel

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