Konsultationsprozess zur Legalisierung

Cannabis als Genussmittel – was fordern ABDA und VCA?

Berlin - 15.07.2022, 11:00 Uhr

Sollte Cannabis zu Genusszwecken in Apotheken verkauft werden? An dieser Frage scheiden sich die Geister. (x / Foto: IMAGO / Addictive Stock) 

Sollte Cannabis zu Genusszwecken in Apotheken verkauft werden? An dieser Frage scheiden sich die Geister. (x / Foto: IMAGO / Addictive Stock) 


Die Bundesregierung bringt die legale Abgabe von Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften voran: Nach einem Konsultationsprozess mit mehr als 200 Expertinnen und Experten im vergangenen Juni ist für Dezember ein Referentenentwurf angekündigt. Die ABDA und der Verband der cannabisversorgenden Apotheken positionieren sich zu der Frage, welche Rolle Apotheken dabei spielen sollen.

„Mehr Fortschritt wagen“ – so betitelt die Ampel ihr Regierungsprogramm. Ein Motto, das sich zumindest auf die Bemühungen zur Cannabis-Legalisierung anwenden lässt. Mitte Juni startete der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) den Cannabis-Konsultationsprozess „Cannabis – aber sicher“. Die Regierung hörte Einschätzungen von mehr als 200 Expertinnen und Experten zu Themen wie Suchtmedizin, Recht und Wirtschaft und ließ sich Erfahrungen aus anderen Ländern berichten, bei denen das Genussmittel bereits legal ist. Am 30. Juni endeten die Konsultationen. 

Vor dem Hintergrund der gesammelten Einschätzungen will die Regierung bis zum Herbst ein Eckpunktepapier formulieren. Im Dezember 2022 soll ein Gesetzentwurf folgen. Noch ist unklar, wer die lizenzierten Fachgeschäfte sein werden, die Cannabis zu Genusszwecken abgeben werden. Laut Blienert kommt infrage, dass auch Apotheken eine Abgabelizenz erwerben können. 

ABDA: Cannabis nur in Apotheken  

Zwar lehnt ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening den Verkauf zu Genusszwecken ab und betont den „heilberuflichen Zielkonflikt“, der sich für eine Apotheke ergäbe, die zugleich Genuss- und Arzneimittel abgibt. Dennoch kann sie sich Marihuana in der Apotheke vorstellen. Für eine sichere und kontrollierte Abgabe hätten Apotheken alles – „vom Personal mit dem nötigen Know-how bis hin zu den Tresoren“, erklärt Overwiening.

Die ABDA bietet daher ihre Hilfe bei der Abgabe an, aber unter einer Bedingung: Genuss-Cannabis soll ausschließlich in Apotheken abgegeben werden dürfen, um den sicheren Verkauf gesammelt dokumentieren und überwachen zu können. 

VCA für „friedliches Miteinander“ 

Der Verband der cannabisversorgenden Apotheken (VCA) vertritt in diesem Punkt eine andere Position. Gegenüber der DAZ sagt VCA-Geschäftsführerin Christiane Neubaur: Weil nicht alle Apotheken das Genussmittel abgeben möchten, könne es so keine flächendeckende Versorgung geben. Das wäre nicht im Sinne des Gesetzgebers, der den illegalen Handel mit Cannabis stoppen möchte. 

Neubaur plädiert daher für ein „friedliches Miteinander“ von Apotheken und anderen lizenzierten Fachgeschäften, die Cannabis in Umlauf bringen. Sie plädiert dafür, dass sich Konsumenten selbst aussuchen können sollen, wo sie das Genussmittel kaufen. Erfahrungen aus Kanada und Colorado, USA, wo „Gras“ bereits legal ist, zeigten: Vor allem der Konsum bei Menschen zwischen 50 und 69 Jahren steigt nach der Legalisierung. Sie wären in Neubaurs Augen gut in der Apotheke aufgehoben.

Für sie liegt die Priorität des VCA in anderen Punkten. Einerseits sei Prävention und Jugendschutz zu leisten. Daher startete der Verband Anfang des Jahres mit dem Marktplatz der Gesundheit (MDG) eine Präventionskampagne für Jugendliche. Bisher brachte die Kampagne YouTube und Instagram-Material hervor. Bald soll ein Schulprogramm folgen. 

Auch ist der VCA-Geschäftsführerin wichtig, dass nach der Legalisierung die Arzneimittelqualität von medizinischem Cannabis gewährleistet bleibt. Cannabis zu Genusszwecken müsse anders gehandhabt, deklariert und gelagert werden. Wie legales Cannabis in Verkehr gebracht werden darf, ist derzeit noch unklar. Einige Experten vermuten, dass Cannabis unter das Lebensmittelrecht fallen wird, andere zweifeln an dieser Hypothese.

Legalisierung erst 2024 wahrscheinlich 

Zudem bleibt die Frage offen, ob das Rauschmittel online vertrieben werden darf. Derzeit lehnen SPD und Grüne diese Möglichkeit ab, während die FDP den Versandhandel befürwortet. Der Verband der cannabisversorgenden Apotheken schlägt vor: Apotheken, die bereits einen sicheren Versand mit Medizinalcannabis etabliert haben, sollten sich an einem Pilotprojekt beteiligen können.  

Nach Einschätzungen von Experten könnte es noch bis zum Jahr 2024 dauern, bis Cannabis zu Genusszwecken legal erhältlich sein wird. Wenn die Bundesregierung wie angekündigt ihren ersten Referentenentwurf im Dezember 2022 veröffentlicht, werden neben der apothekerlichen Standesvertretung viele weitere Organisationen ihre Positionen durchsetzen wollen. Anschließend wird der Bundesrat, der sich aus vielen Gegnern der Legalisierung zusammensetzt, über das Gesetz abstimmen.  


Apotheker Marius Penzel
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Forderungen von ABDA und VCA

Cannabis als Genussmittel

International Cannabis Business Conference

Legalisierung: Politik und Industrie setzen auf Apotheken

Reaktionen aus der Apothekerschaft auf die geplante Cannabis-Legalisierung

„Wir brauchen klare Rechtssicherheit“

Ohne Vorgaben des BtMG: Was fällt weg, was bleibt aufwendig?

Medizinalcannabis: Was wird sich ändern?

Cannabis-Verbände schreiben an Lauterbach und Blienert

Medizinalcannabis schützen, Eigenmedikation verhindern

Fünf Minuten Zeitersparnis und ein Vielfaches an Rezepten

Medizinalcannabis fällt aus dem BtMG

Die Offizin als mögliche Cannabis-Verkaufsstelle – ein Pro und Kontra

Vor dem „Kiffen“ in die Apotheke?

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.