- DAZ.online
- News
- Politik
- KBV: E-Rezept-Plan ist ...
Kassenärzte warnen
KBV: E-Rezept-Plan ist zum Scheitern verurteilt
Der neue E-Rezept-Fahrplan, wonach ab September alle Apotheken bundesweit und schrittweise nach Bundesländern gestaffelt auch die Arztpraxen fit sein müssen für die elektronischen Verordnungen, stößt bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auf Widerstand. In einem Brief an Bundesgesundheitsminister Lauterbach fordert sie ihn auf, die Beschlussvorlage, der die Gesellschafterversammlung der Gematik Ende Mai zustimmen soll, zu stoppen.
Am vergangenen Mittwoch wurde der neue Fahrplan für die Einführung des E-Rezepts bekannt: Laut einer Vorlage, die das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eingebracht hat und die Ende Mai von der Gesellschafterversammlung der Gematik beschlossen werden soll, ist vorgesehen, dass das E-Rezept zum 1. September zur Pflichtanwendung für alle Apotheken in Deutschland wird. Das soll auch für Arztpraxen in Schleswig-Holstein und Bayern gelten, die anderen Bundesländer folgen in zwei weiteren Schritten zum 1. November 2022 und zum 1. Februar 2023.
Mehr zum Thema
Beschlussvorlage des BMG
E-Rezept ab September verpflichtend für alle Apotheken
Bayern und Schleswig-Holstein
Ärzte kritisieren E-Rezept-Fahrplan
Verpflichtende Nutzung ab September
DAV fordert Friedenspflicht beim E-Rezept
Die Kassenärztlichen Vereinigungen Bayerns und Schleswig-Holsteins sind erzürnt: Sie monieren nicht nur, dass die technischen Voraussetzungen weder in den Praxen noch in den Apotheken und Kliniken ihrer Hoheitsgebiete erfüllt seien, auch die Art der Kommunikation missfällt ihnen. „Dies ist ein Kommunikations-GAU erster Klasse, der zeigt, wie weit BMG und Gematik von Praxisabläufen entfernt sind“, sagt etwa die Chefin der KV Schleswig-Holstein, Monika Schliffke. „Die akut in Kraft gesetzte Verpflichtung nimmt uns jede Chance, mit den technisch gerüsteten Praxen geordnet zu starten und weitere zur Mitarbeit zu motivieren. Ohne irgendeine Rücksprache und Planung setzen uns BMG und Gematik erneut etwas vor, was nur zu Chaos in den Praxen führen kann.“
Anke Rüdinger, Vorstandsmitglied des Deutschen Apothekerverbands (DAV), äußerte sich vergleichsweise diplomatisch: Sie nannte es eine „große Herausforderung“ für den Berufsstand, die Frist einzuhalten. Sie appelliert im Interview mit dem ABDA-Newsroom an alle Apothekeninhaberinnen und -inhaber, jetzt zu prüfen, ob ihr Betrieb bereit ist für die elektronischen Verordnungen beziehungsweise welche Hürden sie noch zu nehmen haben.
KBV schreibt an Lauterbach
Jetzt mischt sich auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) ein. Sie zählt wie auch der DAV zu den Gesellschaftern der Gematik, einen möglichen Beschluss des E-Rezept-Fahrplans werden Ärzte- und Apothekerschaft aber nicht aufhalten können – denn das BMG hält mit 51 Prozent den Löwenanteil der Stimmen in der Gesellschafterversammlung. Die KBV wendet sich daher in einem Brief direkt an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und fordert ihn auf, die Vorlage zu stoppen.
KBV sieht Praxistauglichkeit des E-Rezepts nicht belegt
„Die Praxistauglichkeit des E-Rezepts in den Testvorhaben ist bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht nachgewiesen“, schreibt die KBV laut ihren „Praxisnachrichten“. Zwar sollen zunächst mindestens 30.000 elektronische Verordnungen ausgestellt und beliefert worden seien, bevor der Rollout kommt, das reicht aber aus Sicht der Kassenärzte nicht. Der Plan sei erkennbar zum Scheitern verurteilt und gefährde die Praxisabläufe erheblich. „Insgesamt ist unser Anspruch beim E-Rezept wie bei allen anderen Prozessen, dass Prozesse, die heute funktionieren, nur dann durch andere Prozesse abgelöst werden können, wenn diese nachweislich ebenfalls reibungslos funktionieren“, erklärt die Standesvertretung.
Sie ruft daher den Minister und sein Haus dazu auf, die Gematik in die Schranken zu weisen. Insbesondere seien die betroffenen KVen Bayerns und Schleswig-Holsteins übergangen worden und hätten erst aus den Medien erfahren, was möglicherweise im September auf sie zukommt. „Die KVen sollen diesen Prozess unterstützen, ohne dass zuvor Gespräche oder Abstimmungen mit ihnen dazu geführt wurden. Dass der Verfahrensvorschlag parallel zu allem Überfluss durch aktuelle Presseberichte flankiert wurde, hat verständlicherweise sowohl bei der KBV und den KVen in den Ländern als auch bei den dort tätigen Ärztinnen und Ärzten erhebliches Unverständnis und Irritationen ausgelöst“, kritisiert die Bundesvereinigung.
„Klare Missachtung von Gematik-Beschlüssen“
Erst vor wenigen Wochen habe das BMG in einem Schreiben an die KBV versichert, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen in Abstimmung mit den Akteuren erfolgen und Anwendungen erst nach ausreichender Erprobung eingeführt würden. „Vor diesem Hintergrund können wir die für die Gesellschafterversammlung von der Gematik kurzfristig vorgelegte Beschlussvorlage nicht nachvollziehen“, konstatieren die Vorstände der KBV und der KVen. Dieses Vorgehen stelle „eine klare Missachtung von Gematik-Beschlüssen“ dar.
„Vor diesem Hintergrund möchten wir Sie bitten, weiteren Akzeptanzverlusten bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen in der Kollegenschaft entgegenzutreten, auf die Gematik einzuwirken, ihren Beschlussvorschlag zurückzuziehen und aufzufordern, einen Rolloutprozess für das E-Rezept zu konzipieren, mit dem gewährleistet werden kann, dass das E-Rezept die Abläufe in den Arztpraxen und die Versorgung der Patientinnen und Patienten nicht beeinträchtigt und elektronische Verordnungen gesichert möglich macht und dieses mit den Gesellschaftern abzustimmen“, schreiben die Ärztevertreter abschließend.
5 Kommentare
Prüfen...
von Thomas Eper am 17.05.2022 um 10:47 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Druck
von Ratatosk am 16.05.2022 um 18:48 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Archetypisch...
von Carsten Moser am 16.05.2022 um 17:56 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Archetypisch
von CM am 16.05.2022 um 17:57 Uhr
AW: Archetypisch
von ap am 16.05.2022 um 21:47 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.