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Verordnet ein Arzt ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel, muss er seit November 2020 zwingend die Dosierung auf dem Rezept angeben, wenigstens aber das Kürzel „DJ“. Nun rollt offenbar die erste Retax-Welle wegen fehlender Dosierangaben über die Apotheken hinweg. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe will das nicht hinnehmen: Er hat für seine Mitglieder bereits eine beachtliche Summe erstritten – und ist zuversichtlich, auch den Rest noch zurückzuholen.
Seit November 2020 müssen die Ärzte bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die Dosierung auf die Rezepte schreiben. Im Oktober 2021 ist die Friedenspflicht ausgelaufen. Nun beginnen offenbar Prüfzentren, im Auftrag einzelner Krankenkassen, Verordnungen mit dem Hinweis auf fehlende Dosierungshinweise zu retaxieren, wie Thomas Rochell, Vorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe, berichtet.
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In den vergangenen eineinhalb Monaten sind Rochell zufolge in der AVWL-Geschäftsstelle knapp 60 solcher Fälle eingegangen – das entspricht etwa zehn Fällen pro Woche. Zumeist gehe es um Hochpreiser. Dies allerdings sei nur der Wellenkamm. Darunter befinde sich ein Berg weiterer Fälle: Mit den Retaxationen von niedrigpreisigen Rezepten befassten die meisten Apotheker ihren Verband gar nicht.
Bundesweit geht es um Millionenbeträge
Das Vorgehen der Kassen will der AVWL-Chef nicht ohne Gegenwehr hinnehmen, denn für die betroffenen Apotheken gehe es um viel Geld. „Der sichtbare Gesamtschaden für unsere Mitglieder beläuft sich auf 120.000 Euro“, sagt Rochell. Bundesweit hochgerechnet gehe es allein bei fehlenden Dosierungshinweisen um Millionenbeträge. „Angesichts ihres Milliardendefizits mögen dies für die Kassen Peanuts sein. Für die Apotheken sind es stattliche Beträge.“
Wenn Apotheken die Versicherten mit den verordneten Arzneimitteln versorgen, sind sie nach § 129 Abs. 1 SGB V dazu verpflichtet, preisgünstige und importierte Arzneimittel sowie wirtschaftliche Einzelmengen abzugeben. Die Abgabebestimmungen zur Erfüllung des Wirtschaftlichkeitsgebots sind insbesondere im Rahmenvertrag (§ 129 Abs. 2 SGB V) und in den ergänzenden Verträgen (§ 129 Abs. 5 SGB V) näher definiert. „Diese sind in den uns vorliegenden Fällen in vollem Umfang erfüllt worden“, betont Rochell.
Wann ist Retaxation erlaubt?
Die Vertragspartner in Westfalen-Lippe – die Landesverbände der Primärkassen NRW sowie die Apothekerverbände Nordrhein und Westfalen Lippe – seien sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen einig gewesen, dass das Instrument der Retaxation allein dem Zweck dient, Vermögensnachteile der Krankenkassen auszugleichen, die ihnen entstehen, wenn Apotheken Patienten nicht regelkonform versorgen, erläutert Rochell. „Dann ist eine Krankenkasse berechtigt, die Differenz eines zu viel berechneten Betrags zur korrekten Preishöhe abzusetzen.“
1 Kommentar
Retax-Skandal!
von Thomas Eper am 11.05.2022 um 9:23 Uhr
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