BAK-Symposium

Medikationsanalyse soll pharmazeutische Dienstleistung werden

Berlin - 04.05.2022, 17:50 Uhr

Auch wenn das Schiedsstellenverfahren noch nicht abgeschlossen ist, steht eine pharmazeutische Dienstleistung offenbar schon fest: die Medikationsanalyse plus Anpassen des Medikationsplans. (Foto: ABDA)

Auch wenn das Schiedsstellenverfahren noch nicht abgeschlossen ist, steht eine pharmazeutische Dienstleistung offenbar schon fest: die Medikationsanalyse plus Anpassen des Medikationsplans. (Foto: ABDA)


Medikationspläne sind meist veraltet oder unvollständig

Letztlich bekommt die Patientin oder der Patient einen aktuellen und vollständigen Medikationsplan ausgehändigt. Auf einen solchen haben Versicherte bereits seit dem Jahr 2016 Anspruch – bisher spielt dieses Instrument im Versorgungsalltag jedoch kaum eine Rolle. Nur wenige Anspruchsberechtigte besitzen einen solchen Plan – und wer einen hat, für den ist er wohl kaum eine Hilfe. In einer bisher unveröffentlichten Studie zum Bundeseinheitlichen Medikationsplan, an der neben der ABDA auch der Sächsische Apothekerverband sowie die Abteilung für Klinische Pharmazie der Universität Leipzig beteiligt waren, zeigten sich deutliche Diskrepanzen zwischen den Angaben im Plan und der tatsächlichen Einnahme der Arzneimittel durch die Patientinnen und Patienten (n=288). Den Ergebnissen zufolge war kein einziger Plan aktuell und vollständig. In 30 Prozent der Fälle fanden sich falsche Dosierangaben, in 10 Prozent der Fälle fehlten diese ganz. In 42 Prozent der Pläne fehlten Arzneimittel, in 24 Prozent waren Medikamente aufgeführt, die bereits abgesetzt worden waren.

Hier wollen DAV und GKV also ansetzen und die Situation für die Patientinnen und Patienten verbessern. Höchste Zeit, meint der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer. Er sieht mit Blick auf die vorgelegten Zahlen „erhebliche Versäumnisse“ vonseiten der Ärzteschaft. Es sei ihre Pflicht, bei Medikamentenverordnungen deren Verträglichkeit zu überprüfen – doch offenbar kämen sie dieser nicht in ausreichendem Maße nach. „Hier muss die Politik handeln“, sagte Bauer.

Bauer: Viele Menschen werden diese Leistung in Anspruch nehmen

Es müsse nun darum gehen, Stürze und Todesfälle zu verhindern, die auf Wechsel- und Nebenwirkungen von Arzneimitteln zurückzuführen sind. Dafür sei die Medikationsanalyse ein gutes Mittel. „Ich gehe davon aus, dass viele Menschen diese Leistung in Anspruch nehmen werden, wenn sie von dieser Möglichkeit wissen.“ Unter dem Strich erwartet Bauer, dass sich dadurch sogar Geld einsparen lasse, wenn tatsächlich Krankenhauseinweisungen verhindert werden könnten.

Dem stimmte auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze (SPD), zu. „Ich gebe den Euro lieber für Beratung als für Behandlung aus“, sagte er. Sollten die Kassen den Start der pharmazeutischen Dienstleistungen weiter verschleppen, werde die Politik den Druck auf die Kostenträger erhöhen – auch wenn er das lieber vermeiden würde. „Wir haben diese Aufgabe bewusst an diejenigen übertragen, die sich damit auskennen", sagte er. „Es wäre nicht gut, wenn wir das politisch entscheiden müssten.“

„Fehlmedikation beheben, spart Kosten“

Angesprochen auf die Finanzierung der pharmazeutischen Dienstleistungen, die derzeit mit 150 Millionen Euro netto jährlich eher spärlich ausfällt, wollte Schwartze keine Details nennen. Er stellte jedoch vorsichtig infrage, ob die im Koalitionsvertrag angelegten „Effizienzgewinne innerhalb des Finanzierungssystems“, mit denen den Ampel-Plänen zufolge der Honorartopf für die Dienstleistungen aufgestockt werden soll, (nur) aus dem Apothekensektor kommen sollen. „Fehlmedikation beheben, spart Kosten“, betonte er in diesem Zusammenhang.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Interessant

von Tubulus am 05.05.2022 um 18:16 Uhr

Medikationsanalyse würden wir begrüßen, anstatt Corona Impfungen.
Natürlich auch für eine entsprechende Vergütung. Stundenlohn eines Approbatierten beträgt etwa 35 Euro.
Da müsste 80 Euro Brutto mindestens für halbe Stunde drin sein.

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Realitätsverlust

von Thomas Eper am 05.05.2022 um 10:37 Uhr

Jeder, der sich nur ansatzweise in der Materie und im Apothekenwesen auskennt weiß, dass mind. 30 % bis 50 % der Apotheken diese zusätzlichen Dienstleistungen nicht umsetzen werden können. Nach 18 (!) Jahren ohne Anpassung des Honorars und des Personalmangels ist zusätzlicher Aufwand (wahrscheinlich auch noch nicht kostendeckend honoriert) nicht realisierbar.
Aber offensichtlich leiden die verantwortlichen Politiker und Standesvertreter unter Realitätsverlust! Somit ein Schuss in den Ofen.

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Vergütung?

von Karl Friedrich Müller am 04.05.2022 um 19:02 Uhr

Wenn man denkt, dass Apotheken diese Leistung ohne Gewinn oder gar defizitär erbringen können und werden, hat man sich geschnitten.
Nach 18 Jahren ohne Erhöhung der Vergütung, dafür mit immer mehr und höheren Kosten, mit anvisierter Erhöhung des Kassenrabatts, mit Konditionskürzung bei Großhandel, Kosten für Digitalisierung, deftige Erhöhung der Gehälter der Mitarbeiter, ist eine weitere Aufgabe „just for fun“ und für das Ego des BAK nicht möglich. Die Bürokratie ist gigantisch, es gibt zu wenig Mitarbeiter.
Mal ein bisschen Realitätssinn wäre toll. Die ABDA, DAV, BAK haben sich geweigert, für mehr Geld für Apotheken einzustehen, weil ein Prestigeobjekt durchgezogen werden soll - auf dem Rücken der Apotheken. Das ist nicht hinnehmbar. Organisationen, die uns nicht vertreten, unsere Situation nicht erkennen (wollen), haben keine Daseinsberechtigung und können schon gar nicht für uns Entscheidungen fällen
Ich habe es satt.

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AW: Vergütung

von Bernd Schneider am 04.05.2022 um 23:34 Uhr

Sie haben es satt und jetzt ?

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