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Abmahnung, Klage und Widerklage
Verstößt DocMorris‘ Marktplatz-Plattform gegen das Makelverbot?
Der Apothekerkammer Nordrhein sind viele der Aktivitäten des Arzneimittelversenders DocMorris ein Dorn im Auge, davon zeugen zahlreiche Gerichtsverfahren. Eines davon betrifft die Markplatzplattform der Zur-Rose-Tochter. Zum einen stört sich die Kammer an der prozentualen Transaktionsgebühr für Nicht-Verschreibungspflichtiges. Zudem sieht die Kammer in der Vermittlung elektronische Verschreibungen gegen Zahlung einer monatlichen Grundgebühr einen Verstoß gegen das Makelverbot.
Marktplatz-Plattformen gibt es mittlerweile eine ganz Reihe im Apothekenmarkt. Die Beweggründe, diese ins Leben zu rufen, unterscheiden sich von Betreiber zu Betreiber. So möchte beispielsweise der von Noweda und Burda ins Leben gerufene Zukunftspakt Apotheke mit seiner Plattform ia.de die Apotheke vor Ort in der digitalen Welt stärken und ihr dort Sichtbarkeit verschaffen. Die Versender DocMorris und Shop Apotheke benötigen die Apotheken in der Fläche hingegen als „Partner“, um eine schnelle Versorgung vor Ort zu gewährleisten und versuchen ihnen deswegen ihre Plattformen schmackhaft zu machen.
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Wollen Apotheken am Marktplatz von DocMorris teilnehmen, wird eine monatliche Grundgebühr von 399 Euro fällig, zudem fällt auf alle Bestellungen von Produkten, die nicht ärztlich verordnet sind, eine Transaktionsgebühr in Höhe von 10 Prozent des Nettoverkaufspreises an. Aktuell sind diese Gebühren zwar noch ausgesetzt, in den Augen der Kammer Nordrhein ist dieses Geschäftsmodell aber so nicht zulässig. Deswegen hat sie DocMorris bereits im vergangenen Jahr abgemahnt und gedroht zu klagen, falls die Niederländer die Plattform weiterhin unter den bisherigen Konditionen betreiben. Um einer Klage der AKNR zuvorzukommen, hat der Versender jedoch seinerseits Klage erhoben: Vor der Kammer für Handelssachen am Landgericht Karlsruhe klagt er auf Feststellung, dass die AKNR keinerlei Anspruch darauf hat, dass DocMorris sein Angebot unterlasse.
Das ließ die AKNR, in gewohnter Manier vertreten durch den Freiburger Rechtsanwalt Morton Douglas, nicht auf sich sitzen. Sie drehte den Spieß um und macht den aus ihrer Sicht bestehenden Unterlassungsanspruch jetzt im Wege der Widerklage geltend, wie die DAZ auf Nachfrage erfuhr. Die umtriebige Kammer stört sich im Wesentlichen an zwei Punkten der DocMorris-Plattform.
Rezeptvermittlung gegen Vorteil
So steht für sie außer Frage, dass es Sinn und Zweck der betriebenen Plattform ist, Verschreibungen – künftig insbesondere in elektronischer Form – zu sammeln und diese an Apotheken zu vermitteln. Durch die von der Plattform vermittelten Bestellungen werde den Partnerapotheken ein zusätzlicher Umsatz von rund 380.000 Euro in Aussicht gestellt. Insoweit lasse sich DocMorris für die Vermittlung der Verschreibungen einen Vorteil versprechen, argumentiert Douglas. Dieser Vorteil bestehe darin, dass sich die niedergelassene Apotheke, wenn sie der Plattform beitrete, verpflichte, monatlich einen Betrag von mindestens 399 Euro an DocMorris zu zahlen. Ohne die Aussicht, über die Plattform E-Rezepte zu erhalten, würde die niedergelassene Apotheke diesen Vertrag gar nicht abschließen. Somit bestehe auch ein innerer Zusammenhang zwischen der Weiterleitung der Verschreibung und dem Abschluss des Vertrages. Douglas weist der Vollständigkeit halber darauf hin, dass die Apotheke für diesen Betrag auch keine andere Leistung erhalte. Denn die Transkationen für Non-Rx-Produkte werden anderweitig vergütet. Damit bleibe, quasi im Umkehrschluss, dass der Betrag von 399 Euro eine unmittelbare Gegenleistung für die in Aussicht gestellte Weiterleitung der Verschreibungen darstelle.
Kritische Umsatzbeteiligung
Die freie Apothekenwahl sieht Douglas im Übrigen nicht gefährdet, da ja der Patient entscheidet, wohin sein Rezept weitergeleitet wird. Das ändere aber nichts daran, dass der Jurist hier einen Verstoß gegen das in § 11 Abs. 1a Apothekengesetz (ApoG) normierte Makelverbot sieht. Demnach sei ein Sammeln von Verschreibungen, ein Vermitteln von Verschreibungen an Apotheken oder ein Weiterleiten von Verschreibungen auch dann unzulässig, wenn diese Handlungen einschließlich der Auswahl der Apotheke oder des Leistungserbringers im Auftrag des Patienten erfolge und lediglich die ausgewählte Apotheke hierfür eine Gebühr oder sonstige Gegenleistung zu zahlen habe.
DocMorris hingegen sieht in der monatlichen Gebühr lediglich ein Entgelt für die Bereitstellung der Plattform – unabhängig davon, ob darüber Verkäufe getätigt werden oder nicht und keine Gebühr für das Weiterleiten der Rezepte. Zudem verweist der Versender auf ähnliche Geschäftsmodelle anderer Betreiber wie gesund.de oder ia.de.
Mittelbare Abhängigkeitsgefahr
Außerdem stört sich die AKNR wie auch bei einem kürzlich gegen den Schnelllieferdienst Kurando angestoßenen Verfahren daran, dass die Apotheke für Arzneimittel, die nicht der Verschreibungspflicht unterliegen und die über die Plattform verkauft werden, 10 Prozent des Nettoumsatzes an DocMorris abführen muss. Hierin sieht sie einen Verstoß gegen § 8 Satz 2 ApoG. Durch diese Vertragsgestaltung bestehe nämlich die mittelbare Gefahr, dass es zu einer Abhängigkeit der Apotheke von den Umsätzen über das DocMorris-Portal kommt. Wenn man berücksichtige, dass der Wareneinsatz bei einer durchschnittlichen Apotheke bei 70 bis 75 Prozent liege und der Ertrag bei den OTC-Arzneimitteln bei circa 20 Prozent, würde bei einem Arzneimittel mit einem Netto-Verkaufspreis von 60 Euro und einer Umsatzrendite von 20 Prozent DocMorris von den 12 Euro Rohertrag 6 Euro erhalten, also 50 Prozent. Somit seien 10 Prozent Umsatzbeteiligung erheblich, argumentiert Douglas.
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Neben diesen Unterlassungsansprüchen macht die AKNR auch Zahlungsansprüche geltend: DocMorris soll verurteilt werden, die auf Basis des Vertrages bereits von Apotheken für die Vermittlung von Arzneimittelbestellungen geleisteten Provisionen an die jeweiligen Apotheken zurückzuzahlen.
Nun muss das Landgericht entscheiden, ob es der Klage von DocMorris stattgibt – oder die Widerklage der AKNR für berechtigt hält.
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